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Daniels Blog: Erfahrungen als Jugendtrainer auf unterster Ebene

Welche Erfahrungen haben Sie als Jugendtrainer gemacht? Berichten Sie davon! (©Koch)

06.08.2018 - Seit etwas mehr als zehn Jahren ist Redakteur Daniel nicht nur als Spieler, sondern auch als Jugendtrainer und -betreuer beim TV Arnoldsweiler im Einsatz. Ein paar Jahre übernahm er regelmäßig eine wöchentliche Trainingseinheit, inzwischen ist er meist 'nur' noch bei Spielen als Betreuer dabei. Welche Erfahrungen er mit der besagten "Generation Z" macht und gemacht hat, beschreibt er in seinem Blog.

Schreiben wir einen beliebigen Samstagnachmittag während der Saisonphase zwischen September und April, 14.20 Uhr: Ich bin auf dem Weg zur Halle unseres Vereins, um unsere Jugendspieler für ein Auswärtsspiel in der 1. Jungen-Kreisklasse abzuholen. Spät dran bin ich ohnehin schon, an der Halle angekommen macht sich schnell Ernüchterung breit: Anzutreffen sind dort nur zwei Spieler. Spiele im  Braunschweiger System erfordern aber mindestens drei Spieler. Wo ist der Rest? Ah, am Horizont nähert sich etwas verspätet der dritte Spieler, zugesagt hatten aber eigentlich vier. Keine Spur von Spieler Nummer vier, keiner weiß etwas. Um 14.30 Uhr machen wir uns auf dem Weg zu seinen Eltern, wo niemand aufmacht. Es nützt nichts, wir sind ohnehin schon spät dran und können nun mit glücklicherweise immerhin drei Spielern um fast 14.40 Uhr endlich den Weg zum fast zwanzig Minuten entfernten Ort aufnehmen, um 'pünktlich' zur Anschlagzeit da zu sein. Tage später erfahren wir, dass die Familie des fehlenden Spieler kurzfristig beschlossen hatte, zum Geburtstag der Tante zu fahren. Abzusagen war da wohl nicht mehr drin. 

Meisterschaftsspiele früher Pflichttermine
Ein Einzelfall ist so ein Szenario keineswegs mehr. Die Zuverlässigkeit der Jugendspieler in unserem Verein hat in den letzten Jahren stark abgenommen. Zu meiner Jugendzeit war so ein Meisterschaftsspiel noch ein absoluter Pflichttermin, auf den man sich gefreut und nur abgesagt hat, wenn man mit 40 Grad Fieber im Bett lag. Selbst die im Alltag eigentlich größten 'Chaoten' standen zu einer bestimmten Uhrzeit mit gepackter Tasche an der Halle. Ein Team von vier Spielern zusammenzubekommen, das habe ich als Mannschaftsführer damals – lange vor WhatsApp und Co. – als Dreizehn- oder Vierzehnjähriger noch selbst geregelt. So manchem Jugendlichen heute würde ich diese Aufgabe nicht zutrauen.

Für teils sehr kurzfristige Absagen werden inzwischen oft die tollsten Gründe angeführt, wenn – wie erwähnt – überhaupt eine Absage erfolgt. Den Jugendlichen selbst will ich dabei gar keinen großen Vorwurf machen. Mir kommt es so vor, dass durch den Leistungsdruck und die Terminlast der Schule – vielleicht auch andere Gründe – ein Großteil an Selbstständigkeit verloren geht. Oft übernehmen Eltern die Terminkoordinierung, nehmen ihren Kindern sehr viel ab und tun diesen damit meiner Meinung nach keinen Gefallen. Erschwerend kommt hinzu, dass von manchen Kindern bzw. Jugendlichen verlangt wird, auf so vielen Hochzeiten wie möglich zu tanzen: Sie sollen Mitglied bei den Pfadfindern sein, mindestens ein Instrument beherrschen, mindestens eine Sportart ausüben – und natürlich noch gute Noten nach Hause bringen. Dass sich das alles kaum vereinbaren lässt und die 'Kids' manchmal nicht wissen, wo ihnen der Kopf steht, ist vorprogrammiert. 

Vier Bleche Printen für ein Halleluja
Und so kommt es, dass es samstags oft ein Krampf ist, eine Mannschaft zusammenzubekommen. Nahmen vor ein paar Jahren noch zwei Jugend-Mannschaften unseres Vereins am Spielbetrieb teil, ist es jetzt mit Ach und Krach eine. Speziell in der letzten Saison machte die Tatsache, dass der älteste Spieler eine Ausbildung als Bäcker begann, das nicht leichter. In der Vorweihnachtszeit musste er samstags ordentlich ran und hielt uns häufig per Sprachnachricht auf dem Laufenden, ob er es püntklich zum Spiel schafft. "Noch ein paar Bleche (Aachener) Printen, dann kann ich nach Hause und komme direkt zur Halle. Ich hoffe, dass ich es pünktlich schaffe, melde mich nachher", hieß es dann oft wenige Stunden vor Spielbeginn. Gut, dass das Braunschweiger System solch eine Flexibilität zulässt.  

Sich die weniger zuverlässigen Spieler zur Brust zu nehmen und mehr Verlass einzufordern, brachte auch nicht immer etwas. Tischtennis ist für manche eben ein Hobby, das so nebenher läuft und bei zu viel 'Strenge' läuft man Gefahr, manche ganz zu verschrecken. Die goldene Mitte im Umgang mit den Jugendlichen scheint auch hier der richtige Weg. 

Trotzdem am Ball bleiben
Liest man die ersten Absätze, in denen ich zugegebenermaßen kaum ein gutes Haar an unseren Jugendspielern lasse, fragt man sich sicherlich, warum ich den Betreuerjob nicht längst an den Nagel gehangen habe. Der Grund ist: Trotz der häufigen Schwierigkeiten, eine Mannschaft zusammenzubekommen – was nicht nur im Jugendbereich ein Problem sein muss – macht es mir nach wie vor Spaß. Spaß vor allem, etwas weitergeben zu können an Erfahrung und Wissen über den Sport, trotz fehlender Trainerlizenz. Bis auf ganz wenige Ausnahmen waren die Jugendlichen menschlich alle in Ordnung. Für ihre Unzuverlässigkeit können manche, wie oben erwähnt, selbst auch gar nicht so viel.

Nicht nur unser Abteilungsleiter, auch ich halte Jugendarbeit nach wie vor für sehr wichtig. In jeder unserer vier Herren-Mannschaften stammen mindestens zwei Spieler aus der eigenen Jugend, insgesamt knapp ein Drittel aller Spieler. Vor nicht allzu langer Zeit haben zwei Spieler aus der Jugend den Sprung in die erste Mannschaft geschafft und waren dort teilweise schon in der Landesliga Stammspieler bzw. aktuell in der Bezirksliga. Die beiden bilden eher die Ausnahme, sind Ausreißer nach oben im ganz normalen Wechsel zwischen 'stärkeren' und weniger starken Jahrgängen. Oft ist das Spielniveau unserer Jungs recht überschaubar (was sich nach meiner Erfahrung durch wiederholtes Balleimertraining aber ändern lässt, auch wenn Kinder vor einigen Jahren noch gefühlt eine bessere Motorik hatten). Doch egal, auf welchem Level sie spielen, häufig bleibt der ein oder andere dem Sport und dem Verein auch im Erwachsenenbereich erhalten. Das ist es wohl das, was zählt. Und so schicken wir auch in dieser Saison wieder eine Mannschaft ins Rennen, auch wenn es an manchen Spieltagen eher ein Krampf sein wird – nicht nur in der Vorweihnachtszeit. 

Welche Erfahrungen haben Sie als Jugendtrainer bzw. Jugendbetreuer gemacht? Berichten Sie davon!

(DK)

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