Trainingstipp

Trainingstipp: Passivspiel II – Mauerbau im Rekordtempo

Auch heute geht es im Trainingstipp wieder um das Passivspiel (©Fabig)

06.06.2017 - Nachdem myTischtennis-Trainingsexperte Martin Adomeit im Trainingstipp der letzten Woche prinzipielle Übungen zum Passivspiel (Blockspiel) vorgestellt hat, geht es in diesem Tipp nun darum, die erworbenen Grundlagen wie Körperposition, Beinarbeit und Treffpunkt in die Spielsituation einzuarbeiten.

präsentiert vom Verband Deutscher Tischtennistrainer (VDTT)

Häufig wird der Reaktionsteil des kontinuierlichen Blockspiels in der Trainingssituation beherrscht, aber im Wettkampf gelingt der Block des ersten Topspins des Gegners und damit kommt der Spieler gar nicht ins Spiel. Sicherlich hat dies viel mit der Rückschlagqualität zu tun, aber auch andere Aspekte kommen zum Tragen und die gilt es zu erlernen oder zu verbessern.

Ein Aspekt des Übergangs von der Rückschlagsituation zur Blocksituation ist die Tischdistanz. Der Rückschlag wird über dem Tisch ausgeführt, der Block dagegen deutlich weiter hinter dem Tisch, um den Ball vor dem Körper treffen, sich bewegen und reagieren zu können. Diese Situation gilt es zu erarbeiten. Merken Sie sich die Position, aus der das Blockspiel auf unregelmäßige Bälle bei den offenen Situationen am besten gelang. Zum einen ist die Entfernung zum Tisch, zum anderen die Position des Körpers und der Beine wichtig. Nach dem Rückschlag sollte der Spieler in der richtigen Ausgangsstellung weit genug vom Tisch entfernt sein. Das Gewicht sollte locker auf beiden Beinen liegen, der Schläger vor dem Körper gehalten werden. Viele Spieler bewegen sich nicht weit genug weg vom Tisch bzw. haben das rechte Bein noch vorne oder benutzen zur Rückbewegung die Unterstützung des Schlagarmes, der nun hinten ist. Versuchen Sie sich weit vom Tisch abzustoßen, den Schläger vorne zu lassen und in eine Ausgangsposition zu kommen, in der eine Bewegung mit beiden Beinen in jede Position möglich ist.

Der zweite Unterschied ist die Bewegungsintensität. Im Training werden in der offenen Übung viele Bälle gespielt. Der Spieler ist auch mit der Konzentration nur bei diesem Schlag. Der Rhythmus im Wettkampf und auch in der Aufschlag-Rückschlagsituation ist deutlich anders. Es werden weniger Bälle gespielt, aus der Konzentration auf Aufschlag und Rückschlag gilt es nun, in die bewegungsbereite Position zu kommen. Das ist zu erlernen. Das Kunststück ist, direkt bewegungsbereit zu sein: Immer wieder die lockere Position zu erreichen, wenn der Kopf woanders und es vielleicht auch des Öfteren nicht nötig ist, da der Ballwechsel schon vorher beendet ist.

"Hier wird Ihnen geholfen" - Professionelle Tischtennisschulen im Überblick

Der dritte Aspekt sind die unterschiedliche Rotation und das unterschiedliche Tempo des Balles. Nach dem Rückschlag, besonders mit Schupf, kommt der Ball oft langsamer und noch öfter mit mehr Rotation als in der offenen Übung. Das geschieht gleichzeitig in der Rückwärtsbewegung des Blockspielers. Diese höhere Vorwärtsrotation gilt es mit dem stärkeren Schließen des Schlägers oder mit eigener Vorwärtsrotation zu verarbeiten.

Wenn alle diese drei Aspekte gelöst werden können, steht einem erfolgreichen Passiv-Aktiv-Spiel nichts mehr im Wege, dann können sich die Spieler mit den Inhalten ihrer Antwort auf den gegnerischen Topspin beschäftigen. Wohin platziere ich, in welchem Tempo, mit welcher Rotation, um das Spiel wieder selbst aktiv bestimmen zu können? Dazu sind das Aufnehmen der Ausgangsposition in entsprechender Bewegungsbereitschaft unabdingbare Grundlagen, die es im Training zu erlernen gilt, damit sie automatisch quasi als Werkzeug ablaufen können, ohne ihnen noch geistige Kapazität widmen zu müssen. Wenn der Spieler noch daran denken muss, weit genug zurückzugehen oder in Bewegungsbereitschaft zu kommen, kann er sich kaum damit beschäftigen, den Gegner zu beobachten, oder sich Gedanken zu machen, wo der den Ball hin blockt.

1. Übung:  Einstieg ins Passivspiel aus der Bewegung

Spieler B:  1 x VHT in VH              Spieler A: VHB in 1/2 VH

                1 x VHT in RH                                             RHB in 1/2 VH

                1 x VHT exakt auf Ellbogen

                                                          frei     

Bei der Übung sollte der Topspinspieler darauf achten, die ersten beiden Topspin auch wirklich weit nach außen auf die Seitenlinien zu spielen, damit der Blockspieler sich nach außen bewegen muss und damit einmal den Schritt nach außen mit der Bewegung des rechten, einmal mit der des linken Beins vornimmt.

Zur Grafik von Übung 1

2. Übung:  Übergang vom VH-Schupf zum Passivspiel   

Spieler B: KA in VH (LA in RH - frei)                              Spieler A: Sch in Tischmitte

                VHT in eine Ecke                                                             B in 1/2 Mitte

                VHT eine Ecke

                                               frei     

Hier gilt es für den Blockspieler jetzt, den Übergang vom Rückschlag zum Passivspiel zu entwickeln. Er muss sich nach dem Rückschlag vom Tisch wegbewegen in die Erwartungsstellung (Grundposition). Jetzt gilt es, von hier aus die Blockposition für den Ball außen zu erreichen, jetzt wieder in die Neutralposition und dann wieder nach außen zu kommen. Sicherlich kann man im Wettkampf auch bei den Topspielern direkte Übergänge zum nächsten Ball ohne eine konkrete Neutralposition beobachten. Dies ist aufgrund ihrer Antizipation möglich. Aber dennoch sollte dies in leicht reduziertem Tempo vorher trainiert werden, um nicht unerwarteten Platzierungen direkt zum Opfer zu fallen bzw. durch einen zu frühen Übergang in den nächsten Schlag dem aufmerksamen Gegenspieler Lücken zu bieten.

Zur Grafik von Übung 2

3. Übung: Übergang vom RH-Sch zum Passivspiel

Spieler B: KA in RH (LA in VH - frei)                   Spieler A: RHSch in 1/2 VH

                VHT auf Ellbogen (VHT außen - frei)                B in RH

                RHT eine Ecke   

Hier kommt der erste T auf den Ellbogen (auf lange Platzierung auf die Grundlinie achten). Von hier soll ein gezielter B in RH erfolgen. Damit der Rückschläger nicht direkt eine Schlagposition nach dem Rückschlag einnehmen kann, darf der Topspinspieler den ersten Ball auch mal nach außen platzieren – bzw. er sollte es, sobald er sieht, dass der Rückschläger eine Ecke geöffnet hat. 

Zur Grafik von Übung 3

4. Übung:  Rückschlag auf kurz von überall Block von den Ecken      

Spieler B:  KA überall (LA in Mitte - frei)                         Spieler B : F/Sch in RH (KR in VH - frei)

                 RHT/VHT in die Ecken                                                     B in VH      

                                               frei  

Jetzt erfolgt der Rückschlag von überall in RH. Der T soll nach außen in die Ecken gespielt werden und der B nun gezielt über VH. Durch die andere Platzierung des Rückschlages wird eine andere Bandbreite des Topspinspielers für seine Platzierung möglich und diese sollte auch automatisch eine Veränderung der Position des Rückschlägers für den ersten Block zur Folge haben, ansonsten ist die RH-Ecke jetzt sehr weit offen. Wissenschaftlich ausgedrückt sollte der Schläger in Neutralposition auf der Winkelhalbierenden der Platzierungsmöglichkeiten des Topspinspielers sein.

Zur Grafik von Übung 4

5. Übung:  Aufschläger wird durch kurzen R zum Passivspieler bei freier Platzierung  

Spieler A: KA (LA - frei)                             Spieler B: KR (F in RH - frei)

                sSch überall                                               T

                                               frei     

Jetzt wird der Aufschläger durch den KR zum Spieler mit der passiven Rolle. Durch die freie Platzierung seines langen Schupfballes schafft er ständig neue Situationen für seine Ballerwartungshaltung für den ersten T. Da es durch seine freie Platzierung des sSch aber auch für den Topspieler nicht leicht ist, gut zu eröffnen, gehört im freien Spiel natürlich die Aufgabe dazu, schnell zu entscheiden: Welcher Ball kommt so, dass er ihn zunächst einmal nur passiv zurückspielen muss bzw. welcher Ball so, dass es die Gelegenheit gibt, den gegnerischen Angriff direkt zu übernehmen?

Zur Grafik von Übung 5

Die Übungen im Video:
Wieder können Sie sich die Übungen in einem Video anschauen, das von unserem Partner Tischtennis Helden produziert wurde. Hier geht es zum gleichnamigen YouTube-Kanal von Jannick Borschel! 

Der Autor
Martin Adomeit war Nationaltrainer in vier verschiedenen Ländern (Deutschland, Luxemburg, Belgien und Nigeria) und gewann mit allen Nationen Medaillen bei Welt-, Europameisterschaften oder African Games. 1998 wurde er in Deutschland Trainer des Jahres. Jetzt arbeitet der 53-jährige Lippstädter als freiberuflicher Trainer. Er führt unter anderem Lehrgänge für Vereine, Bezirke oder Verbände durch, gibt Einzeltraining und betreibt einen TT-Shop. International betreute er beispielsweise Quadri Aruna beim World Cup in Düsseldorf. Zuletzt führte er Nigerias Männerteam zum Mannschaftstitel bei den All African Games und ist damit der erste Trainer, der auf verschiedenen Kontinenten Titel in kontinentalen Mannschaftswettbewerben gewann.

Zu erreichen ist Martin per Telefon unter 02941-273385 oder per Mail unter lippstadt@tt-store.de. Die Adresse der Webseite ist lippstadt.tt-store.de.

Zum PDF-Download des Trainingstipps

Kommentar schreiben

Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.

* Pflichtfeld

Copyright © 2024 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.