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China Open: Nervenstarker Ovtcharov gewinnt Finalthriller!

Dimitrij Ovtcharov bewies in Chengdu seine Nervenstärke (©ITTF)

25.06.2017 - Es gibt Spiele, die eigentlich keinen Verlierer verdient hätten. Das Herrenfinale der China Open zwischen Dimitrij Ovtcharov und Timo Boll könnte gut in diese Kategorie passen, denn beide zeigten am letzten Turniertag von Chengdu eine außerordentliche Leistung und ließen das Finale hin und her schwappen. Am Ende war es Ovtcharov, der zunächst vier Matchbälle abwehrte und dann seinen ersten nutzte. Er holte sich neben Ding Ning den Titel der China Open.

Nationale Endspiele sind bei großen Tischtennisturnieren inzwischen die Regel. Schließlich sind die Chinesen so dominant, dass die Stars aus dem Reich der Mitte meistens schon im Halbfinale unter sich sind. Auch das Herrenfinale der China Open wurde zwischen zwei Spielern derselben Nation ausgetragen - diesmal aber zwischen zwei Deutschen und nicht den Chinesen, die die gewohnte Konstellation durch ihren Boykott im Achtelfinale selbst verhindert hatten. Dimitrij Ovtcharov und Timo Boll waren die beiden Spieler in Chengdu, die diese seltene Gelegenheit, ein Finale der China Open zu erreichen, nutzten und das innerdeutsche Endspiel bildeten.

Bei Spielern, die sich so gut kennen wie Boll und Ovtcharov hängt letztlich auch viel von der Tagesform ab. Im Champions League-Finale zwischen Düsseldorf und Orenburg vor einem Monat war es Ovtcharov, der am Ende knapp mit 3:2 die Nase vorn hatte, und auch die ITTF-Bilanz wies mit 5:4 leicht in die Richtung des in der Weltrangliste besser Platzierten. Auch in der heutigen Begegnung zwischen den beiden Freunden ging es eng zu. Direkt der erste Satz war so hart umkämpft, dass er erst mit 17:15 an ‚Dima‘ ging. Sein älterer Kollege schlug auf seiner - wegen der Windverhältnisse in der Halle - präferierten Seite des Tisches zurück und lag auch im dritten Satz schon vielversprechend in Front, wurde in der Verlängerung aber noch eingeholt. Der wichtige vierte Durchgang verlief ebenfalls sehr eng, beim Stand von 7:9 nahm Boll dann aber die Auszeit, konnte den nächsten Punkt für Ovtcharov jedoch nicht verhindern. Dieser verlor in der Folge zwei Satzbälle und nahm seinerseits die Auszeit bei 10:9 - ein kluger Schachzug, wie sich herausstellen sollte, denn einen Punkt später hatte er seine Führung auf 3:1 ausgebaut.

Doch wer hier schon eine Vorentscheidung des Spiels vermutet hatte, wurde von Boll eines Besseren belehrt. Der 36-Jährige kämpfte sich in den Entscheidungssatz, wo nun alles wieder offen war, Boll psychologisch allerdings den Vorteil hatte, einen 1:3-Rückstand wieder aufgeholt zu haben. Ovtcharov ließ sich davon nicht beeindrucken und wechselte die Seiten mit einer 5:2-Führung, die Boll auf seiner Lieblingsseite aber sofort wieder aufholte. So war es der Ältere, der sich vier Matchbälle erspielte. Doch solch ein einfaches Ende passte nicht zu diesem Finalkrimi. Ovtcharov bewies eine unglaubliche Nervenstärke, wehrte alle vier ab und sicherte sich sofort seinen ersten Matchball, den er auch gleich verwandelte. Dieses außerordentlich spannende Spiel ging damit an Dimitrij Ovtcharov, der sich nun China Open-Sieger nennen darf. "Timo hätte den Sieg mindestens genauso verdient gehabt", fand 'Dima'. "Bei 6:10 bin ich sechsmal hintereinander volles Risiko gegangen und habe sechsmal getroffen. Das ist einmalig." Der Verlierer hatte an dieser Spielphase nachher natürlich noch zu knabbern. "Das war schon bitter, den Entscheidungssatz nach 10:6 noch abgeben zu müssen. Schon in Satz eins und drei hatte ich ja meine Führungen nicht genutzt", erklärte Boll. "Dima hat dann viel dann riskiert und alles getroffen. Dieser Mut wurde belohnt. Schade, aber es war insgesamt ein gutes Turnier für mich."

Bei den Damen ging der Titel mit einem deutlichen 4:1-Sieg an Weltmeisterin Ding Ning - den Namen Sun Yingsha werden wir uns trotzdem merken. Die erst 16-Jährige, nicht in der Weltrangliste geführte Chinesin gewann nicht nur vorige Woche überraschend die Japan Open, sondern erreichte in China zudem das Finale, ohne einen einzigen Satz abzugeben. Im Doppel kam es zur Neuauflage des WM-Endspiels zwischen Ding Ning/Liu Shiwen und Chen Meng/Zhu Yuling. Auch in Chengdu hatten Ding/Liu am Ende die Nase vorn, diesmal ging es allerdings nicht ganz so knapp zu wie in Düsseldorf und die Weltmeisterinnen siegten in vier Sätzen. Bei den Herren stoppten Jin Ueda/Maharu Yoshimura den Siegeszug ihrer jungen Teamkollegen Tomokazu Harimoto/Yuto Kizukuri und holten sich mit 3:1 den Titel.


Die Endspiele im Überblick:

Herren-Einzel
Dimitrij Ovtcharov - Timo Boll 4:3 (15,-7,10,9,-7,-6,10)

Damen-Einzel
Ding Ning CHN - Sun Yingsha CHN 4:1 (-8,9,4,7,6)

Herren-Doppel
Tomokazu Harimoto/Yuto Kizukuri JPN - Jin Ueda/Maharu Yoshimura JPN 1:3 (-10,9,-8,-9)

Damen-Doppel
Ding Ning/Liu Shiwen CHN - Chen Meng/Zhu Yuling CHN 3:1 (-9,7,4,10)

(JS)

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