Buntes

Patrick Franziska: „Ich bin fitter als vor der Pause“

Nach seiner Verletzung ackert sich Patrick Franziska im Kraftraum zurück zu alter Stärke (©Mohr)

13.04.2017 - Heute Abend will es Patrick Franziska seinem ehemaligen Club Borussia Düsseldorf noch einmal schwer machen, während die Rheinländer das Ticket für das TTBL-Finale in trockene Tücher bringen möchten. Für den 24-Jährigen ist der Auftritt in der Joachim-Deckarm-Halle keine Selbstverständlichkeit, schließlich musste er zuletzt mehrere Monate pausieren. Im Interview erzählt er von seiner Verletzung, seinen Erwartungen an die Heim-WM und seinen Umzug an die Saar.

myTischtennis.de: Wir haben dich lange nicht gesehen. Zwischen November und März musstest du eine Zwangspause einlegen, weil sich Wasser in deinem Hüftkopf abgelagert hat. Wie hart war diese Auszeit für dich, nachdem es doch bei der EM kurz zuvor noch so gut geklappt hatte?

Patrick Franziska: Das war natürlich Horror. Ich habe an der Hüfte keine Schmerzen gespürt - von daher war es etwas komisch, nicht spielen zu dürfen, obwohl nichts weh tut. Aber bei dieser Pause ging es vor allem darum, abzuwarten, wie sich das Problem entwickelt und ob es schlimmer wird, da auch der Knochen und der Knorpel Schaden nehmen könnten. Ich habe versucht, das Beste aus der Lage zu machen und meinen Oberkörper sehr intensiv trainiert. Ich kann nicht einfach nur rumsitzen und Fernsehen schauen. Ich habe mich mit Freunden, meiner Freundin und Familie getroffen - eben Dinge gemacht, die mir gut tun. Jetzt bin ich im Kopf ganz frei und einfach glücklich, dass ich wieder am Tisch stehe.

myTischtennis.de: Ist das Problem denn jetzt ausgestanden oder kann es wiederkommen?

Patrick Franziska: Ich hoffe, dass es ausgestanden ist. Man kann dem gut vorbeugen, indem man an seiner Fitness und Athletik arbeitet und den Physiotherapeuten dafür sorgen lässt, dass die Hüfte locker und geschmeidig bleibt. Ich weiß jetzt, dass ich da eine kleine Schwachstelle habe und zusätzlich aufpassen muss. Aber ich denke jetzt gar nicht daran, dass es wiederkommen könnte, und mache mich nicht verrückt.

myTischtennis.de: Wie wir sehen konnten, hast du dich in deiner Pause auch mit deiner Ernährung beschäftigt. Was ist ‚Spinfit‘ und welche Rolle spielst du da?

Patrick Franziska: Ernährung ist schon lange ein wichtiges Thema für mich. Ich bin ziemlich groß und muss deshalb athletisch sein, damit ich so schnell wie die kleinen Asiaten bin. Zudem weiß ich, dass ich verletzungsanfällig bin und da sind die richtige Ernährung und eine gute Fitness das A und O. In meiner Verletzungspause wollte ich die Zeit sinnvoll nutzen und dachte mir: Warum nicht ein Ernährungs- und Fitnessprogramm entwerfen, das nicht nur auf mich abgestimmt ist, sondern auch anderen hilft? Also habe ich mich mit Leuten zusammengesetzt, die noch ein wenig mehr Know-how haben als ich, und wir haben gemeinsam ‚Spinfit‘ ins Leben gerufen, das sich an Profis und Freizeitsportler richtet.

myTischtennis.de: Ob es jetzt an der Ernährung bzw. Fitness lag oder nicht - du hast auf jeden Fall sehr schnell wieder zurückgefunden. Seit deiner Rückkehr hast du in der TTBL eine Bilanz von 5:1 gespielt. Bei wie viel Prozent fühlst du dich gerade?

Patrick Franziska: Am Wochenende gegen Düsseldorf habe ich mich sehr gut gefühlt, da war ich fast bei 100 %. Ich merke, dass ich körperlich fitter bin als vor der Pause. Das ist oft nach Verletzungen so, weil man da Zeit hatte, andere Defizite aufzuarbeiten. Ich bin mental sehr gut drauf und habe richtig Lust zu spielen. Ehrlich gesagt hat es mich selbst gewundert, dass es so schnell bergauf ging, aber ich bin natürlich sehr froh darüber.

myTischtennis.de: Hattest du zwischendurch auch Sorge, dass es bis zur WM nicht hinhauen könnte?

Patrick Franziska: Natürlich. Ich hatte ja keine Schmerzen, die besser oder schlechter werden könnten, sondern musste einfach auf das MRT warten. Und ich wusste, wenn das negativ ausfällt und ich noch einen Monat Pause einlegen muss, wird es eng mit der WM. Als ich das Ergebnis bekommen habe, war ich überglücklich. Und da habe ich auch fest daran geglaubt, dass ich rechtzeitig wieder fit sein werde.

myTischtennis.de: Während sich deine Kollegen Filus, Walther, Duda, Mengel, Baum und Qiu noch um ihren WM-Platz streiten, hast du deinen seit den Olympischen Spielen schon sicher. Was ist das für ein Gefühl, diese Sonderstellung zu haben, die sonst ja vor allem Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov vorbehalten ist?

Patrick Franziska: Einerseits ehrt mich das sehr, andererseits weiß ich aber auch, dass ich nichts geschenkt bekomme. Das habe ich vor Rio gesehen, wo ich nicht als Spieler nominiert wurde, weil Basti (Steger, Anm. d. Red.) einfach besser war als ich. Ich weiß, dass ich hart an mir arbeiten muss, damit ich in Zukunft eine größere Rolle spielen kann.

myTischtennis.de: Bei der Heim-WM in Düsseldorf wirst du ein Doppel mit Jonathan Groth bilden - und nicht mit Timo Boll, wie man das vielleicht hätte vermuten können. Wie hast du diese Entwicklung aufgenommen?

Patrick Franziska: Ich spiele sehr gerne mit Jonathan, wir sind schon sehr lange befreundet und haben ja zum Beispiel bei der EM voriges Jahr auch gezeigt, wie gut wir zusammen spielen. Aber beides gilt auch für Timo. Von daher waren beide Optionen super für mich. Ich wusste, dass die Entscheidung aus China abgewartet werden musste, ob Timo wieder mit Ma Long spielt. Aber es war auch noch nicht die Rede davon, ob ich überhaupt mit Timo spielen soll, wenn das mit China nicht klappt. Ich hätte auch gar nicht sagen können, mit wem ich lieber ein Doppel gebildet hätte. Von daher bin ich sehr happy, dass mir diese Entscheidung praktisch abgenommen wurde.

myTischtennis.de: Wie stark ist denn das Doppel Franziska/Groth im Vergleich zu Franziska/Boll?

Patrick Franziska: Das ist sehr schwer zu sagen. Timo und Jonathan sind so unterschiedlich, man kann das nicht gut miteinander vergleichen. Ich spiele sehr gerne mit Linkshändern zusammen und mit beiden hat das immer gut geklappt. Und wohl fühle ich mich auch mit beiden.

myTischtennis.de: Früher wäre die Heim-WM in Düsseldorf nicht nur in deinem Heimatland, sondern sogar in der Stadt gewesen, in der du lebst. Jetzt bist du aber vor kurzem nach Saarbrücken gezogen. Warum hast du dich nach deinem Vereinswechsel auch zum Wohnortswechsel entschieden, wo du doch in Düsseldorf alles vor der Haustür hattest?

Patrick Franziska: Ich wollte einfach etwas Neues angehen. Mir gefällt es in Saarbrücken sehr gut, am Olympiastützpunkt haben wir sehr gute Bedingungen, aber ich bin auch nicht rund um die Uhr dort. Einmal im Monat haben wir zum Beispiel einen Lehrgang in Düsseldorf. Und das Hin- und Herfahren tut mir gerade ganz gut - ich finde es schön, trotzdem noch regelmäßig in Düsseldorf zu sein.

myTischtennis.de: Wenn du jetzt mit etwas Abstand auf deinen Wechsel von der Borussia zum 1. FC Saarbrücken TT blickst: Wie bewertest du im Nachhinein deine Entscheidung?

Patrick Franziska: Es war auf jeden Fall der richtige Schritt, der aber ja von vielen mit Unverständnis begleitet wurde. Ich hatte das Gefühl, etwas Neues zu brauchen und wollte auch raus aus der Rundum-Wohlfühlzone bei der Borussia, in der einem fast jede Entscheidung abgenommen wird. Ich wollte selbstständiger werden. Aber ich habe Düsseldorf viel zu verdanken, habe aus meiner Zeit dort sehr viel Hilfreiches mitgenommen.

myTischtennis.de: Was gibt es denn in Saarbrücken, das du in Düsseldorf vielleicht vermisst hast?

Patrick Franziska: Man kann die Vereine nicht miteinander vergleichen. Borussia Düsseldorf ist das Nonplusultra in Deutschland und zusammen mit Orenburg auch in Europa. Dort zählen nur Titel, was bei solchen Vereinen auch so sein muss. Aber es gibt auch viel drumherum, das einen vom Eigentlichen ablenken kann. Auch in Saarbrücken wird top-professionell gearbeitet. Der Verein ist super aufgestellt. Man hat aber etwas mehr Ruhe und kann sich auf das Wesentliche konzentrieren. Das tut mir in meiner aktuellen Lage gerade sehr gut.

(JS)

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