Deutsche Profis in China: Taicang-Turnier verbindet Nationen
In Taicang trafen TTBL-Profis und deutsche Nachwuchstalente beim Freundschaftsturnier auf starke chinesische Spieler. Im Zeichen des Austauschs stand auch der Besuch danach bei einem Internat in Anhui.

Cedric Meissner steht am Tisch, mitten in der Sporthalle in Taicang. Die Gruppenphase läuft noch, gespielt wird auf zwei Gewinnsätze. Es steht 1:1, Meissner liegt im entscheidenden Durchgang mit 8:10 zurück. Sein Gegner: Ein chinesischer Penholder-Spieler mit Noppen, der mit der Rückhand den Ball unangenehm drückt. Meissner zieht mit der Vorhand Topspin nach Topspin, der Chinese blockt – und gewinnt den Punkt. Meissner nickt, gibt dem Gewinner die Hand. Gerade hat die Nummer 132 der Welt gegen einen Chinesen verloren, der nicht einmal Profi ist. Aber: Beim „China-Germany Friendship Cup“ geht es eigentlich auch um mehr, als zu gewinnen.
Zum mittlerweile achten Mal fand dieses Freundschaftsturnier statt, Mitte Oktober dieses Jahres reisten dafür zahlreiche Tischtennis-Asse in die chinesische Stadt Taicang nahe bei Shanghai. Die Turnierserie hat als sportliches Event begonnen, das zum Austausch deutscher und chinesischer Firmen diente. Inzwischen spielen einige deutsche Topspieler mit, neben Meissner vom Bundesligisten 1. FC Saarbrücken-TT etwa auch Fanbo Meng vom TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell. Von den besten Chinesen, die mitspielen, ist in Deutschland hingegen so gut wie nichts bekannt. Bisweilen sind sie trotzdem richtig stark. Die Turniersieger der vergangenen Jahre kamen allesamt aus dem Reich der Mitte.
Die verbindende Kraft des Tischtennis
Die treibende Kraft hinter der Turnierreihe ist Christian Sommer, CEO vom German Centre Shanghai und Vizepräsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB). „Wie beim Sport geht es auch in der Wirtschaft und der Politik darum, sich hart, aber fair zu begegnen“, sagt Sommer. Das Taicang-Turnier soll diesen Symbolcharakter haben, bei dem Tischtennis als Bindeglied für die deutsch-chinesische Freundschaft steht – inklusive Eröffnungszeremonie mit chinesischer und deutscher Nationalhymne sowie Wimpel-Tausch vor den Spielen.
Gemeinsam mit der Regierung der Stadt Taicang richtet das German Centre die Turniere aus, 2016 kam es zur Premiere. Seitdem wurde der Freundschaftscup auch zweimal in Deutschland veranstaltet, 2018 in Bayern und 2024 in Hamburg. 2019 war außerdem Jörg Roßkopf als Stargast in Taicang dabei. In diesem Jahr wirkte als offizieller Mit-Veranstalter auch der niedersächsische Tischtennisverband (TTVN) mit, der mit vier Nachwuchsathleten – Alexander Uhing, Daniel Nagy, Matthis Kassens und Maris Miethe – selbst beim Turnier vertreten war.
„Als Christian Sommer wegen des Turniers auf uns zukam, haben wir keine Sekunde überlegt“, sagt Markus Söhngen, der als Geschäftsführer vom TTVN die Reise begleitete. „China ist die Tischtennis-Nation, und es war klar, dass wir hier auf gute Spieler treffen werden.“ Dass es dabei trotz allem sportlichen Ehrgeiz nicht darum geht, als Sieger nach Hause zu gehen, betont TTVN-Trainer Sören Dreier: „Gegen starke Chinesen zu spielen, ist super, um sich zu verbessern – ihre Basis ist so sicher, dass man keinen Fehler machen darf, wenn man gegen sie gewinnen will.“
Austausch und sportlicher Wettstreit
Insgesamt 16 deutsche und chinesische Teams spielten in zwei Konkurrenzklassen um einen Platz auf dem Treppchen. Neben Meissner und Meng traten für Deutschland auch TTBL-Spieler Benno Oehme (TTC OE Bad Homburg) sowie Tom Schweiger, Matthias Danzer und Kirill Fadeev an. Darüber hinaus sammelten nicht nur die Nachwuchstalente des TTVN, sondern auch drei Spieler des bayerischen Landesverbandes (BTTV) ihre Erfahrungen. Bei den vergangenen Freundschaftsturnieren in Taicang und Hamburg hatten einige Spieler, etwa Meissner und Oehme, schon mit deutschen Teams teilgenommen.
Eine willkommene Gelegenheit ist dieser sportliche Austausch auch für die chinesischen Spieler. „Wir freuen uns sehr, gegen die deutschen Spieler anzutreten, sie sind sehr professionell“, sagt der Penholder-Noppen-Spieler, der Meissner ärgern konnte. Mit seinem Team trat der Chinese für den Tischtennisverband der Stadt Yixing an. „Man merkt sofort an der Qualität in den Bällen, wie gut sie sind“, sagt er. „Ich will unbedingt noch mal gegen die deutschen Profis spielen.“
Auch in diesem Jahr schaffte es kein deutsches Team auf den ersten Platz, obwohl es in den Finalspielen der A- als auch der B-Konkurrenz passenderweise zu deutsch-chinesischen Duellen kam. In der A-Konkurrenz unterlagen Meissner und seine Mannschaftskollegen Schweiger und Danzer einem Team aus Shanghai. Die Drei-Mann-Delegation des BTTV, Nico Longhino, Fabian Rinderer und Noah Heidemann, belegte in der B-Konkurrenz ebenfalls den zweiten Platz, hinter der Mannschaft aus der chinesischen Stadt Binzhou.
Mehr als nur ein Turnier
Nach dem Turnier-Tag in Taicang lief der deutsch-chinesische Austausch sogar noch weiter. Alle deutschen Spieler – mit Ausnahme von Meissner und Meng, die zum WTT Star Contender nach London weiterreisten – fuhren am Folgetag in die rund drei Zugstunden entfernte Provinz Anhui. Dort trafen sie im Huiyou-Tischtennisinternat bei Huangshan auf chinesische Nachwuchsspieler, denen sie in einem freundschaftlichen Wettkampf gegenüberstanden. Die Verantwortlichen des Internats, darunter der Besitzer Li Deyong, hatten im Vorfeld zu dem niedersächsischen Verband Kontakt aufgenommen und einen Austausch angeregt.
Wie es für Cedric Meissner und die anderen Profi-Spieler war, in der Taicang Sports Arena gegen chinesische Spieler anzutreten, und wie der freundschaftliche Wettkampf in Huangshan lief, dazu bekommt ihr direkte Eindrücke: myTT-Volontär Timo Gotsch die Reise zum Taicang-Turnier und zum Internat in Huangshan begleitet – über seinen Einblick hinter die Kulissen des Tischtennissports berichtet er in seinem Reise-Blog.
In der zweiten Ausgabe schreibt er über das Turnier in Taicang und das, was China von Deutschland unterscheidet (inklusive Galerie vom Turnier). Sobald der Blog erscheint, wird er an dieser Stelle verlinkt.
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