HF nach 0:3! Winter schafft Sensation, Qiu unterliegt Moregardh

Nach 0:3-Rückstand und abgewehrtem Matchball schafft Sabine Winter in Montpellier das Wunder: Die Deutsche zieht erstmals ins Halbfinale eines WTT Champions-Turniers ein – und begeistert 6.000 Fans. Für Dang Qiu war im Viertelfinale Schluss.

Nach 57 Minuten und elf Sekunden reckte Sabine Winter die Arme in den Himmel – und mit ihnen auch die gesamte Sud de France Arena. Die 32-Jährige hatte soeben ein kleines Tischtennis-Wunder vollbracht: Nach einem 0:3-Satzrückstand und abgewehrtem Matchball besiegte die Deutsche in einem packenden Viertelfinale die Hongkong-Chinesin Doo Hoi Kem und steht erstmals in ihrer Karriere im Halbfinale eines WTT Champions-Turniers. Die 6.000 Zuschauer feierten Winters Comeback mit Standing Ovations und lauten „Sabin-Sabin“-Sprechchören – die Halle glich einem Tollhaus.
„Merci beaucoup pour votre support!“, rief eine überglückliche Winter ins Mikrofon. Der tosende Applaus war auch verdient, denn das französische Publikum hatte maßgeblichen Anteil an ihrem spektakulären Comeback. Nach drei verlorenen Sätzen (9:11, 8:11, 9:11) drehte die Dachauerin das Match mit purem Kampfgeist und gewann schließlich vier Sätze in Folge (11:9, 11:5, 13:11, 11:4).
Kampfgeist und Anpassung
Zu Beginn der Partie schien alles auf einen Favoritensieg hinauszulaufen: Doo Hoi Kem war perfekt auf Winters unorthodoxes Spiel mit Antitop-Belag eingestellt, kontrollierte die langen Ballwechsel und ließ sich von Winters Schnittwechsel kaum irritieren. „Doo hat sehr stark gespielt, auch passiv extrem clever platziert“, analysierte Winter später. „Ich habe am Anfang vielleicht ein paar leichte Fehler gemacht – aber das lag auch an ihrer Stärke. Am Ende habe ich besser gelesen, wohin sie die Bälle spielt, und mich einfach reingefightet. Dann habe ich kaum noch Fehler gemacht und viele gute Bälle getroffen.“
Der Matchball, der alles veränderte
Im sechsten Satz stand Winter am Abgrund: Nach einer 9:7-Führung musste sie beim Stand von 9:10 einen Matchball abwehren – und tat genau das. Das 13:11 im Anschluss war der emotionale Wendepunkt, das Publikum tobte. Im Entscheidungssatz war der Widerstand Doos gebrochen, Winter dominierte mit 11:4 und riss danach jubelnd die Arme hoch.
„So eine Wahnsinns-Stimmung habe ich noch nie erlebt“, sagte Winter anschließend. „Vor allem als ich aufgeholt habe – das war schon fast verrückt, das hat unglaublich viel Spaß gemacht. Nicht einmal bei der Heim-EM 2022 in München war es so laut. Dieses Match werde ich nie vergessen.“
Neues Allzeithoch in der Weltrangliste
Mit dem 4:3 über Doo Hoi Kem krönt Winter eine beeindruckende Woche: Nach Erfolgen gegen Nationalteamkollegin Ying Han und Rumäniens Topspielerin Bernadette Szöcs steht sie erstmals im Halbfinale eines Champions-Turniers – und dürfte in der Weltrangliste am Dienstag ein neues Allzeithoch erreichen, voraussichtlich in den Top 20.
„Es ist ein Traum, dass ich nach nicht einmal einem Jahr mit dem Antitop im Halbfinale eines Champions-Turniers stehe“, sagte Winter strahlend. Im Halbfinale trifft sie am Sonntag auf die Südkoreanerin Shin Yubin (Nr. 14), die die Weltranglistenachte Chen Yi aus China bezwang. Und wer Winter an diesem Abend erlebt hat, weiß: Der Traum kann tatsächlich noch weitergehen.
Qiu muss Moregardh gratulieren
Nach starken Siegen gegen den Weltranglistenachten Benedikt Duda und den Südkoreaner Oh Junsung in den ersten beiden Runden war im Viertelfinale erneut Endstation für Dang Qiu – zum bereits vierten Mal erwies sich der Schwede Truls Moregardh als zu hohe Hürde. Zwar hatte Qiu beim WTT Champions in Chongqing vor wenigen Monaten noch deutlich mit 0:3 verloren, diesmal gestaltete der Weltranglistenzwölfte die Partie deutlich offener. Nach zwei klaren Auftaktsätzen für den WM-Zweiten von 2021 und WM-Dritten von 2025 fehlte Qiu im dritten Satz beim 11:13 nur das Quäntchen Glück, um den Anschluss herzustellen. Mit großem Kampfgeist holte er anschließend die Durchgänge vier und fünf mit 14:12 und 12:10, doch am Ende reichte es nicht, um Moregardh ernsthaft ins Wanken zu bringen. Der unberechenbare Schwede machte mit einem souveränen 11:5 im sechsten Satz den verdienten 4:2-Erfolg perfekt.
Trotz des Ausscheidens zeigte sich der Europameister von München 2022 und Sieger des Star Contender London zufrieden: „Ich spiele seit zwei Wochen auf einem sehr guten Niveau und habe starke Gegner geschlagen – damit hatte ich ehrlich gesagt nicht unbedingt gerechnet. Auch heute war meine Leistung sehr ordentlich, aber Truls war einfach unfassbar stark. Er hat viele schwierige Bälle gespielt und in den entscheidenden Momenten die besseren Entscheidungen getroffen. Sein Sieg war verdient. Jetzt geht es weiter zum Champions nach Frankfurt, wo ich hoffe, erneut gut aufzuspielen.“
Die Spiele der Deutschen im Überblick:
Herren-Einzel
Viertelfinale
Dang Qiu – Truls Moregardh SWE 2:4 (-7,-6,-11,12,10,-5)
Damen-Einzel
Viertelfinale
Sabine Winter - Doo Hoi Kem HKG 4:3 (-9,-8,-9,9,5,11,4)
Halbfinale
Sabine Winter - Shin Yubin KOR, Sonntag 11 Uhr
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