EM-PK: DTTB-Herren wollen zurück auf den Thron

    Am Sonntag beginnt in Zadar (Kroatien) die 44. Europameisterschaft. Das sagen die DTTB-Profis, -Trainer und -Verantwortlichen vor dem einwöchigen Mannschaftsturnier.

    Die DTTB-Herren fahren am Freitag optimistisch nach Kroatien. (© FKT)

    Kroatien gilt keineswegs als Neuland für europäisches Spitzentischtennis: Schon 2002 war die Hauptstadt Zagreb Austragungsort einer EM, damals gewann Timo Boll sowohl im Einzel als auch im Doppel Gold. Auch Tamara Boros, heute Bundestrainerin der deutschen Damen, feierte vor über 20 Jahren ihre größten Erfolge – sie gewann im Doppel und holte Einzel-Bronze, ein Jahr vor ihrer WM-Medaille in Paris. Zadar ist im Übrigen die Geburtsstadt der Tischtennis-Legende Zoran Primorac, heute Verbandspräsident in seiner Heimat sowie ETTU-Vize.

    Die deutschen Damen reisen als doppelte Titelverteidigerinnen (Malmö 2023, Cluj 2021) an, die Herren ebenfalls mit hohen Ambitionen nach ihrem Silbermedaillengewinn in Schweden. Beide Teams starten am Freitag ab dem Flughafen Köln/Bonn bzw. Frankfurt Richtung Split, von dort geht es weiter per Bus und Auto, um die rund 130 Kilometer nach Zadar zurückzulegen.

    Die Stimmen der deutschen Damen-Mannschaft:

    Richard Prause (Sportvorstand DTTB): „Wir wollen mit beiden Mannschaften wieder eine sehr gute Rolle spielen. Der erste Schritt ist es, die Gruppenphase zu überstehen, denn es ist auch ein Quali-Turnier, die ersten 16 fahren nächstes Jahr zur WM nach London. Optimalerweise stehen am Ende beide Teams auf dem Treppchen. Alle unsere Spielerinnen und Spieler bewegen sich in einem Bereich, in dem sie in der Lage sind, ganz nach oben zu kommen. Davon träumt man als Sportvorstand und Trainer natürlich.“

    Tamara Boros (Bundestrainerin): „Wir haben uns bewusst für eine jüngere Mannschaft entschieden, aber ich glaube an meine Mädels – wir können gegen jedes Team gewinnen. Nina ist endlich wieder fit, das ist das Wichtigste. Sie ist körperlich in einem guten Zustand und bereit, ein gutes Turnier zu spielen. Für mich ist es natürlich eine besondere Situation, erstmals in meinem Heimatland als Bundestrainerin zu coachen. Hoffentlich müssen wir nicht gegen Kroatien ran – aber selbst das wäre in Ordnung. Hauptsache, wir erreichen das Beste für unsere Mannschaft.“

    Zoltan Batorfi (Assistenztrainer Damen): „Wir gehen als Favoritinnen in die Gruppe mit Slowenien und Serbien. Ziel ist es, bestmöglich vorbereitet in die zweite Turnierhälfte zu gehen.

    Sabine Winter über ihre Rolle als deutsche Nummer eins: „Wenn mir die Trainer die Rolle der Führungsspielerin geben, nehme ich sie gerne an. Ich möchte Sicherheit ausstrahlen, für gute Laune sorgen und immer ein offenes Ohr für alle haben. Wir sind auf allen Positionen super besetzt, werden füreinander kämpfen und wollen ein starkes Ergebnis erzielen. Neben Rumänien ist auch Frankreich sehr stark, die Niederlande sind nach der Rückkehr von Li Jie auch gefährlich, und Schweden oder Österreich mit Polcanova darf man ohnehin nie unterschätzen.“

    … zu ihrer Materialumstellung auf Anti vor einem Jahr: „Es tauchen immer wieder kleine Probleme auf, und ich überlege, wie ich sie löse – manches klappt, anderes ist zu schwer. Mein ‚Lollipop-Griff‘ ist übrigens Zufall: Ich will den Schläger drehen, aber er liegt nicht immer richtig in der Hand. Dann improvisiere ich und halte ihn wie einen Lolli – manchmal kommt Blödsinn raus, manchmal was Gutes.“

    Yuan Wan: „Unsere Stärke ist, dass wir uns sportlich und menschlich richtig gut verstehen. Wir geben uns gegenseitig Halt, wenn es mal nicht läuft. Ich habe viel an meiner Konstanz gearbeitet, bin mental noch ruhiger geworden, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ich habe auch an meiner Fitness gearbeitet, an meinem Umfeld etwas geändert, versuche den Spaß darin zu sehen und zwinge mich mehr.“

    Nina Mittelham über ihr jüngstes Comeback nach ihrer Bandscheibenverletzung: „Ich freue mich einfach, wieder Tischtennis spielen zu können. Dass es für die EM reicht, war lange nicht absehbar. Im Training fühle ich mich gut, im Spiel war ich zuletzt noch maximal überfordert. Ich bin vielleicht bei 60 Prozent meines Levels. Es ist noch ein langer Weg bis zur Topform, aber es macht wieder Spaß – und das ist das Wichtigste. Ich hoffe, dass ich mich ins Turnier reinspielen kann.“

    … über ihren langen Weg zurück: „Von April bis Ende Juli konnte ich gar kein Tischtennis spielen, weil es physisch nicht möglich war. Ich musste erst einmal schmerzfrei durch den Alltag kommen. Dann kam alles Schritt für Schritt. In der ersten Woche habe ich dreimal nur eine Stunde gespielt und konnte noch nicht mit der Gruppe trainieren. Vor dem China Smash war ich mir unsicher, ob ich der Belastung standhalten kann. Ich habe dann eine Woche zweimal täglich trainiert, um zu sehen, ob die Belastung hält – das hat funktioniert. Ich muss aber noch etwas aufpassen, wie viel ich mache.“

    … über ihren aktuellen Gesundheitszustand: „Der Bandscheibenvorfall ist noch da und wird nicht weggehen, es sei denn, ich lasse mich operieren – und das möchte ich eigentlich nicht. Wichtig ist, konstant zu arbeiten, sonst würde es schnell wieder schlechter. Wenn ich drei Wochen gar nichts mache, würde ich das sofort merken. Mental war es nicht einfach, aber ich bin weiter dankbar, dass ich mein Hobby als Beruf ausüben darf. Auch wenn ich manchmal weniger ernsthaft sage, ich hasse Tischtennis – ist das ein Privileg.“

    Mia Griesel: „Ich hätte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, schon dieses Jahr nominiert zu werden. Letztes Jahr gehörte ich durch die U21-EM zum erweiterten Aufgebot in Linz, aber ich dachte erst, die EM findet schon Ende September statt. Da war ich noch in der Grundausbildung bei der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Das war eine besondere Erfahrung – anstrengend, hart, aber auch eine Willensschulung, die mich weitergebracht hat. Ob beim Einspielen, Anfeuern oder Spielen. Persönliche Ziele habe ich mir keine gesetzt, ich will einfach Erfahrungen sammeln und nehme eine zurückhaltende Rolle in der Mannschaft ein.“

    Annett Kaufmann (fehlte beim Medientag): Die 19-Jährige hatte zuletzt beim China Smash leichte Probleme am linken Ellbogen gespürt. „Sie hat das mit den Ärzten abklären lassen und reist mit uns an“, teilten die DTTB-Verantwortlichen um Richard Prause mit. „Ihr Start ist Stand heute nicht gefährdet, wir wollten aber kein Risiko eingehen.“


    Nach dem enttäuschenden Olympia- und WM-Sommer blickt auch das deutsche Herrenteam mit großer Motivation auf die bevorstehende Mannschaft-EM in Zadar. Das Team von Jörg Roßkopf möchte zurück auf den europäischen Thron:

    Die Stimmen der deutschen Herren-Mannschaft:

    Sportvorstand Richard Prause betont die Bedeutung des Wettbewerbs: „Es ist immer etwas Besonderes, im Team zu spielen. Unsere größten Erfolge haben wir im Mannschaftswettbewerb gefeiert, und alle brennen darauf, auch diese EM zu bestreiten. Die Veranstaltung ist ein wichtiger Gradmesser – sie wirft ihre Schatten bereits auf die Mannschafts-WM in London voraus. Tischtennis in Europa ist unglaublich stark geworden. Deutschland gehört zwar weiterhin zu den Topnationen, aber Schweden, Frankreich oder Dänemark und Portugal sind brandgefährliche Konkurrenten. Wir wollen vorne mitspielen, vielleicht sogar um den Titel, und freuen uns auf eine spannende EM mit hoffentlich gutem Ausgang.“

    … über die realistisch eingeordneten Chancen im Vergleich zur Konkurrenz: „In den letzten drei bis vier Jahren haben wir bei fast jedem großen Turnier um Medaillen gespielt – ohne sie zwingend gewinnen zu müssen. Es zählt zur neuen Wahrheit, dass nicht mehr alle Konkurrenten vor einer EM erstarren und uns zum Sieg gratulieren. Frankreich und Schweden haben zuletzt bei Olympia und WM sehr stark gespielt. Trotzdem sehe ich uns absolut in der Lage, auf Topniveau zu bestehen. Oft entscheiden Nuancen und wir dürfen uns keinesfalls verstecken. Alles ist enger zusammengerückt – und vielleicht wird diese EM auch mit einem Überraschungssieger enden.“

    … über die Zukunft des Formats und die zweitägige Pause in Kroatien: „Aus Tradition gehören Damen- und Herrenmannschaften einfach zum Tischtennis dazu – das hat sich über Jahrzehnte so entwickelt. Wir tun gut daran, Bewährtes weiterzuführen. Ich hoffe sehr, dass es auch künftig sowohl Mannschafts-Europameisterschaften als auch Mannschafts-Weltmeisterschaften geben wird. Natürlich gibt es erste Überlegungen, was nach 2026 passieren könnte – etwa, wie sich der Qualifikationsweg verändert oder ob eine Mixed-Team-EM dazukommt. Das sind im Moment aber nur Denkanstöße, noch keine Entscheidungen. Der Terminkalender ist ohnehin voll, und man sollte das System nicht weiter aufblähen. Vielleicht denkt man über eine Kombination mit den European Games nach. Das sind meine Überlegungen. Wichtig ist, dass das Herzstück des Sports – die Teamwettbewerbe – erhalten bleibt.“

    … über die zweitägige Turnierpause in Kroatien: „Man versucht aktuell, die Qualifikation für die nächste EM sinnvoll unterzubringen. Am Ende ist es immer eine Abwägung, was das kleinere Übel ist – zwei Tage Leerlauf oder eine zusätzliche Runde. Wenn man noch mehr Mannschaften einbinden möchte, reichen zwei freie Tage ohnehin nicht aus. Zwei Tage ohne Spielbetrieb sind aber trotzdem viel, das sind auch Dinge, die man durchaus kritisch hinterfragen muss.“

    Bundestrainer Jörg Roßkopf formuliert das Ziel gewohnt selbstbewusst:
    „Wie in den vergangenen Jahren wollen wir auch diesmal den Titel gewinnen. Uns ist bewusst, dass es viele starke Mannschaften gibt, aber wir wollen ganz oben stehen – dieses Selbstverständnis haben wir seit Jahren. Wir wissen, dass wir Favorit in der Gruppe sind, und wollen spätestens im Viertelfinale bereit sein, um noch weiterzugehen.“

    … über die Analyse nach Olympia und der WM: „Die Mannschaft trägt es in sich, Titel gewinnen zu wollen. Nach Olympia und der WM war klar, dass wir Dinge analysieren und geradebiegen wollen. Man spürt den Ehrgeiz im gesamten Team und beim Verband, die Challenge wieder anzunehmen. Wir haben in den letzten 20 Jahren so viele Erfolge gefeiert, auch mit Teams, die auf dem Papier nicht die besten waren. Entscheidend ist, dass alle perfekt zusammenarbeiten. Das spüren wir und wollen wieder dahin, die beste Mannschaft in Europa zu sein.“

    Lars Hielscher, Cheftrainer am DTTZ, beschreibt die Vorbereitung als besondere Herausforderung: „Früher haben wir uns zehn bis 14 Tage komplett freigehalten, um uns gezielt auf die EM vorzubereiten – das ist heute kaum mehr möglich. Durch WTT und die TTBL sind die Abläufe viel enger getaktet. Immerhin konnten wir in der letzten Woche in China nochmal mit der gesamten Mannschaft trainieren. So eine abgestimmte Trainingssteuerung wie früher ist aber nicht mehr drin – das betrifft allerdings auch andere Nationen.“

    Benedikt Duda, aktuell Deutschlands Nummer eins in der Weltrangliste, geht selbstbewusst in das Turnier: „Das bedeutet mir sehr viel. Ich war jahrelang zwischen Platz vier und sechs in Deutschland, jetzt erstmals die Nummer eins – das zeigt, wie meine Entwicklung in den letzten Monaten verlaufen ist. Beim China Smash war ich nicht in Topform, die Niederlage hat mir aber gutgetan. Ich bin früher zurückgereist, um ein paar intensive Trainingstage einzulegen, und das hat sich ausgezahlt. Ich fühle mich mental voll auf der Höhe und will meine Rolle so ausfüllen, wie ich es im Verein tue.“

    Dang Qiu meldet sich nach Schulterproblemen fit zurück: „Ich habe nach dem China Smash pausiert, die Ärzte haben ein MRT gemacht und Entwarnung gegeben. Nach viel Reha und Krafttraining bin ich auf einem sehr guten Weg. Mein Ziel ist, körperlich wieder zu 100 Prozent fit zu sein. Die Motivation im Team ist riesig – wir wollen zeigen, dass wir wieder etwas gewinnen und uns vor den anderen Nationen platzieren können.“

    Patrick Franziska sieht das Team bestens aufgestellt: „Wir sind eine sehr ausgeglichene Mannschaft, kennen uns lange – in Cluj haben wir in ähnlicher Besetzung den EM-Titel gewonnen. Wir sind heiß und wollen den Titel unbedingt zurückholen, das muss unser Anspruch sein. Natürlich kann man nicht jede Woche in absoluter Topform sein, das sieht man selbst bei den Chinesen. Wichtig ist, dass jeder seinen klaren Plan hat, wie er sich vorbereitet. Mit Erfahrung lernt man, solche Phasen zu steuern. Wir wollen zeigen, dass wir weiterhin die Nummer eins in Europa sind.“

    Ricardo Walther, zuletzt in starker Form, freut sich auf den Teamwettbewerb: „Ich habe bei größeren Turnieren zuletzt viele knappe Spiele gewonnen und dadurch viel Selbstvertrauen aufgebaut. In den letzten Monaten lief es richtig gut, das will ich mit ins Turnier nehmen. Ein Team-Event macht immer besonders Spaß – man ist mit der Truppe unterwegs, feiert Erfolge zusammen und verbringt eine Woche miteinander.“

    Andre Bertelsmeier erlebt nach seiner Premiere in Linz nun seine erste Team-EM: „Die Nominierung bedeutet mir sehr viel. Ich freue mich riesig über die Chance, dabei zu sein, und will so viel wie möglich lernen und das Team bestmöglich unterstützen. Ich lasse wieder alles auf mich zukommen und schaue, wie weit die Reise geht.“

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