Phasendrescher: Das erste Mal mit neuem Schläger

    Unser Phasendrescher Philipp Hell beschreibt in seinem Blog, wie ein neuer Schläger den verkorksten Saisonauftakt ausbügeln soll - und ob die neue Kelle nach zweitägiger Eingewöhnung zur Wunderwaffe wird.

    Nach dem schlechten Saisonstart hilft nur eines: ein neuer Schläger (©Laven)

    Nach diesem verkorksten Saisonauftakt muss Siggi irgendetwas ändern. Da mehr Training oder eine Umstellung der Spielweise in seinem Alter nicht mehr in Frage kommen, hat Siggi sich einfach einen neuen Schläger gegönnt. Denn mit neuem Schläger steigt seine Motivation erfahrungsgemäß immer schlagartig um mindestens 20% und seine Spielstärke mindestens um 2%. Zumindest in den ersten beiden Wochen.

    Für Noppen noch zu jung

    Nach ebenso intensiver wie aber auch erfolgloser Recherche in Tischtennis-Katalogen hat Siggi zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder einen Tischtennis-Shop betreten. Da sein alter Bekannter Klaus inzwischen aber zugesperrt hat, musste Siggi dafür über 100 km weit fahren – seiner Frau hat er nur etwas von einer undefinierten Dienstreise erzählt. Im Shop hat sich Siggi dann ausführlich beraten lassen, vier verschiedene Hölzer und fünf verschiedene Beläge ausprobiert und hat vermutlich zum letzten Mal entschieden, dass er für einen Wechsel auf Noppen – noch – zu jung ist. Da er jedoch wenig entscheidungsfreudig ist, fuhr Siggi dann unverrichteter Dinge wieder nach Hause, nur um am nächsten Tag online doch noch eine der ausprobierten Material-Kombinationen zu erwerben – immerhin hat er so fünf Euro gespart, und das trotz Versandkosten!

    Dass so ein Schlägerwechsel mitten in der Saison natürlich nicht optimal ist, weiß Siggi selbst. Aber als Sparfuchs dachte er im Frühjahr eben, dass er mit seinem Belag noch zwei oder drei Jahre locker würde spielen können. Bis, tja, bis ihn der Saisonauftakt (aktuelle Bilanz: 1:7) eben eines Besseren belehrte. Siggi setzt darauf, dass er sich mit all seiner Routine schnell an sein neues Material gewöhnen wird. So kommt es, dass er, kaum hat er sein Päckchen ausgepackt, mit neuem Schläger im Training aufkreuzt. Die Trainings-Besetzung ist mitten in der Saison leider etwas spärlich, weil übermorgen schon wieder zahlreiche Ligaspiele anstehen. Aber wenigstens kann Siggi mit einem der hochmotivierten Jugendlichen trainieren. Die Konter-Konter-Duelle laufen hervorragend, sein Unterschnitt bringt den jungen Kerl (TTR-Wert von ca. 1050) immer wieder in Schwierigkeiten und von den etwa zehn gespielten Sätzen kann Siggi alle locker für sich entscheiden. Das Material scheint also zu passen.

    Ernstfall mit neuem Schläger

    Dass Siggi kurz darauf gegen den Zweier der ersten Mannschaft kein Land sieht, beunruhigt ihn kaum, schließlich hat er gegen Jens auch mit seinem alten Schläger kein Stück besser ausgesehen. Aufgrund der geringen Anzahl an Anwesenden kann Siggi anschließend nur noch ein wenig mit Noppen-Norbert herumklopfen. Das bietet natürlich keinen spielerischen Mehrwert und die zwei klaren Pleiten machen Siggi auch nicht sofort nervös, denn gegen Noppen-Spieler tut er sich immer schwer.

    Zwei Tage später steht Siggi somit mit seinem nur kurz getesteten neuen Schläger am Tisch und es heißt: Ernstfall! Gegen den PSV aus dem Nachbardorf sollte man sich heute keine Blöße geben, will man nicht frühzeitig im Aufstiegskampf ins Hintertreffen geraten. Doch bereits im Doppel läuft bei Siggi wenig zusammen: Seine sonst so starken Aufschläge bleiben immer wieder an der Netzkante hängen, sein Block funktioniert nicht, seine Topspins segeln regelmäßig weit ins Aus. Routiniert schiebt Siggi die Schuld auf seinen Partner Paule, mit dem er wirklich noch nie etwas gerissen hat. Doch im Einzel kommen Siggi dann sehr schnell Zweifel an seiner Schlägerwahl: Gegen Bernd hat er schon dutzende Male gespielt und in vier von fünf Fällen auch locker gewonnen. Dass heute der fünfte Fall zu sein scheint, ist schon früh klar. Topspin um Topspin landet überall, nur nicht auf des Gegners Tischhälfte. Das gibt’s doch gar nicht! Ist der neue Belag etwa doch zu schnell, das Holz doch zu leicht? Siggi hadert und schimpft, wird dadurch natürlich auch nicht besser und verliert sang- und klanglos.

    Früher war alles besser

    Bereits mächtig angesäuert tritt er wenig später zum zweiten Einzel an den Tisch. Doch bereits beim Einspielen mit dem spielerisch limitierten Ersatzmann des Gegners merkt Siggi, dass heute wirklich gar nichts geht. Nach einem zum wiederholten Mal verschlagenen Angriffsschlag überlegt Siggi sogar kurzzeitig, ob er seinen neuen Schläger unauffällig, aber absichtlich beim nächsten Ballwechsel zerstören soll, damit er während des Matches zu seinem alten Schläger wechseln darf, um das Spiel doch noch zu drehen. Dafür ist er allerdings zu geizig (bei „Kleinanzeigen“ sollte sich mindestens ein Fuffi für den neuen Schläger erlösen lassen), da nimmt er doch lieber eine weitere Pleite in Kauf.

    Beim anschließenden Kneipenbesuch schimpft Siggi bei zahlreichen Getränken dann ausführlich über die heutzutage miserable Beratung in Tischtennis-Shops, das schlechte Aufkleben der Beläge von Versandhändlern sowie ganz allgemein über die nachlassende Qualität von Hölzern und Belägen. Dass er sich eigentlich das gleiche Schlägermodell wie davor mit einer nur minimal veränderten Schwammstärke gekauft hat, ist ihm in der ganzen Aufregung gar nicht aufgefallen.

    (Philipp Hell)

    Übrigens: "Phasendrescher" Philipp Hell hat nun schon sein zweites Buch auf den Markt gebracht. Nach "Netzball" geht es in "Schon wieder ein Netzball" weiterhin mit einem Augenzwinkern durch die Kreisliga.

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