Buntes

Petrissa Solja: „Gemischte Teams fände ich zeitgemäß“

Als Meisterin und Ligabeste kehrte Petrissa Solja aus Indien zurück (©Facebook/Ultimate Table Tennis)

19.08.2019 - Petrissa Solja kehrte vorige Woche als „Ultimate 1“, also als beste Spielerin der indischen Liga "Ultimate Table Tennis", nach Deutschland zurück. Im Interview erzählt sie uns, was sie an der Liga reizt, warum im Team solch ein Ehrgeiz entsteht, zu gewinnen, obwohl dies keinen Einfluss auf die Weltrangliste hat, und welche der innovativen Ideen sie sich auch für das deutsche Ligasystem vorstellen könnte. Am besten gefallen ihr die gemischten Teams.

myTischtennis.de: Du bist „The Ultimate 1“ - die beste Spielerin der dritten Saison von Ultimate Table Tennis (zum Artikel). Und das in einer Liga, in der viele Spielerinnen dabei waren, die in der Weltrangliste aktuell vor dir stehen, und natürlich viele starke Männer. Lässt du dich privat jetzt nur noch „The Ultimate 1“ nennen oder was bedeutet das für dich?

Petrissa Solja: Es ist schon eine wahnsinnige Ehre, bei den vielen Top-Spielern und -Spielerinnen als Beste ausgezeichnet zu werden. Das Turnier war wirklich sehr gut besetzt. Als Trophäe gab es eine goldene Mütze. Diese wird bei mir zu Hause einen Ehrenplatz bekommen. Leider handelt es sich bei der Trophäe nicht um echtes Gold. Bei der Flughafenkontrolle hat die ‚Goldene Kappe‘ bei den Sicherheitsbeamten auch für Staunen gesorgt. Bisher werde ich noch nicht "The Ultimate 1" genannt, aber vielleicht kommt das noch. Wobei ich mir bei unserem nächsten Heimspiel meines Vereins TSV Langstadt durchaus vorstellen könnte, dass sich die Verantwortlichen bei der Vorstellung bzw. beim Einlauf etwas Verrücktes einfallen lassen, die sind da immer sehr kreativ. 

myTischtennis.de: Im Einzel hast du eine Bilanz von 4:3 gespielt, aber bei UTT sind ja die Sätze entscheidend und das waren 13, die du für die Chennai Lions geholt hast. Zusätzlich zu den vielen Punkten, die du im Mixed gemacht hast! In welchem Spiel warst du besonders zufrieden mit dir und warum?

Petrissa Solja: Im Finale habe ich meines Erachtens nach meine besten Spiele gemacht. Hier habe ich im Einzel gegen Bernadette Szöcs gespielt und 2:1 gewonnen. Ich war in den ersten beiden Sätzen sehr dominant und hatte im dritten Satz eine 4:1-Führung. Dann wollte ich den dritten Satz zu sehr gewinnen, um meinem Team, den Chennai Lions, einen perfekten Start ins Finale zu ermöglichen. Den dritten Satz habe ich dann noch knapp verloren. Auch im Mixed, welches ich zusammen mit Sharath Kamal (Achanta, Anm. d. Red.) gespielt habe, haben wir uns von Spiel zu Spiel gesteigert und konnten alle sieben Partien gewinnen. Auch hier hatten wir unser bestes Spiel im Finale: Wir konnten 3:0 gegen Bernadette Szöcs und Sathiyan Gnanasekaran gewinnen, die bis dahin genau wie wir alle Mixed-Spiele des gesamten Turniers für sich entscheiden konnten. Umso höher ist der 3:0-Erfolg für uns einzuordnen. Im Finale haben wir wirklich perfekt funktioniert. Besonders für uns war, dass wir nach dem 3:0 im Mixed den Gesamtsieg mit 8:1 klar gemacht und somit das Finale gewonnen hatten. 

myTischtennis.de: Das war dein zweites Mal Ultimate Table Tennis. Das zeigt ja schon, dass es dir dort ganz gut zu gefallen scheint. Was magst du an UTT?

Petrissa Solja: Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist das Land Indien sehr faszinierend. Es gibt hier viele Tempel und Märkte zu bestaunen. Auch das Taj Mahal habe ich nun zum zweiten Mal besucht. Die Menschen sind wahnsinnig nett und gastfreundlich. Es ist erstaunlich, wie viele der Menschen hier mit wenigen Mitteln auskommen und trotzdem ein zufriedenes Leben führen. Hier kann man sich durchaus etwas abschauen für zu Hause. Außerdem ist das Turnier wahnsinnig professionell organisiert. Es wird versucht, uns Spielern jeden Wunsch zu erfüllen. Die UTT hat es in Indien geschafft, viel Aufmerksamkeit zu generieren. So wird jedes Spiel live zur besten Sendezeit im indischen Fernsehen übertragen und es schauen Millionen Menschen vor den TV-Geräten zu. Auch das Draft-System im Vorfeld der Saison, in dem die Teams ihre Picks aussuchen, hat zur Folge, dass nahezu jedes Team auf dem Papier gleich stark erscheint und es deshalb oftmals wahnsinnig eng zugeht. Viele Spiele endeten mit 8:7. Somit ist Spannung bis zur letzten Sekunde garantiert. Beide Halbfinalspiele endeten beispielsweise mit 8:7 und der letzte Satz wurde mit dem Golden Point entschieden. Mehr Spannung geht nicht.  

myTischtennis.de: Es sah von außen so aus, als ob ihr tierisch Spaß hattet. War das auch wirklich so? Warum entsteht da so ein Teamspirit?

Petrissa Solja: Es ist wirklich verrückt. Die indische Liga hat keinerlei Einfluss auf die Weltrangliste. Trotzdem möchte jeder Sportler, der daran teilnimmt, unbedingt die Ultimate-Table-Tennis-Liga gewinnen. Meines Erachtens liegt das daran, dass die Verantwortlichen innerhalb der Teams so euphorisch dabei sind. Auch die Zuschauer drehen bei jedem Punkt total durch. Es macht einfach tierisch Spaß, dort zu spielen. Noch mehr Spaß bereitet mir das Gewinnen. Wir hatten dieses Jahr eine sehr tolle Atmosphäre im Team. Ich habe mich mit meinen Teamkollegen Sharath Kamal, Tiago Apolonia und Madhurika Patkar sofort gut verstanden. Außerdem hatten wir einen sehr guten Trainer, Peter Engel, der sich in Indien aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als indischer Nationalcoach sehr gut auskennt. 

myTischtennis.de: Könntest du dir das System mit den Sätzen, die für die Tabelle zählen, und dem Golden Point auch für die Bundesliga vorstellen? Oder bevorzugst du den traditionellen Modus?

Petrissa Solja: Ich finde das System aus Indien schon sehr innovativ und vor allem finde ich es für den Zuschauer spannend, denn jeder Satz zählt. Auch die Golden Points sorgen für einige magische Momente. Faszinierend finde ich, wenn man 0:2 zurückliegt und den dritten Satz gewinnt, dann feiert man den einen Satzgewinn wahnsinnig, obwohl man eigentlich das Spiel verloren hat. Das ist schon sehr lustig, denn als Sportler zählt eigentlich nur der Sieg, unabhängig von der Höhe. Das ist in Indien komplett anders. Am besten gefallen mir allerdings die gemischten Teams, bestehend aus Männern und Frauen. Dies gibt es bei anderen Sportarten wie z.B. beim Badminton schon lange Zeit und dieser Modus ist dort bei den Zuschauern sehr beliebt. Heutzutage würde ich das zeitgemäß finden, denn gerade das Mixed steht aufgrund der Olympia-Zugehörigkeit momentan in besonderem Fokus. 

myTischtennis.de: Viele deiner Kollegen nutzen diese Zeit im Jahr für Urlaub. Warum hast du dich für ein Engagement in Indien entschieden?

Petrissa Solja: Ich hatte schon vor zwei Jahren die Möglichkeit, tolle Erfahrungen mit der indischen Liga zu sammeln. Deshalb war für mich relativ schnell klar, als ich angefragt wurde, wieder daran teilzunehmen. Für mich war die indische Liga auch eine tolle Möglichkeit, mich auf die kommende Bundesliga-Saison und die anstehenden Turniere vorzubereiten. Denn ich konnte mit vielen verschiedenen Trainingspartnern trainieren. So hatte ich auch die Gelegenheit, mit meinem Teamkollegen Tiago Apolonia einige Trainingseinheiten zu spielen. Natürlich kam auch das Sightseeing nicht zu kurz. 

myTischtennis.de: Es ist jetzt noch etwa ein Jahr bis zu den Olympischen Spielen und du bist bestens drauf. Sehen wir in Tokio wohl Petrissa Solja in drei Wettbewerben?

Petrissa Solja: Das hoffe ich. Letztendlich liegt die Entscheidung allerdings beim Deutschen Tischtennis-Bund. Wir sind in der tollen Situation, dass wir uns im Team-Wettbewerb mit unserer ersten Möglichkeit (dem Gewinn bei den Europaspielen in Minsk) gleich qualifizieren konnten und wir somit, neben dem Start als Team, auch zwei Startplätze im Einzel haben werden. Wer die beiden Einzelplätze erhält, entscheidet der DTTB. Meines Erachtens nach sollte Han Ying auf jeden Fall gesetzt sein, da sie auch bei den Europaspielen die Qualifikation im Einzel geschafft hat. Ich hoffe, dass ich neben ihr den zweiten Einzelstartplatz erhalte. Beim Mixed-Doppel starte ich auf jeden Fall, gemeinsam mit Patrick Franziska. Ich würde gerne mein Land Deutschland bei allen drei Wettbewerben vertreten und verspreche, meine beste Leistung abzurufen, wie ich es immer versuche.

(JS)

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