10.07.2023 - Im TTBL-Finale am Sonntag gewann Borussia Düsseldorf durch einen 3:1-Erfolg gegen den 1. FC Saarbrücken-TT den 33. deutschen Meistertitel. Am Rande des Endspiels sprachen wir mit TTBL-Geschäftsführer Nico Stehle über die Einbettung des Spiels in die "Finals Rhein-Ruhr 2023", das TTBL-Finale im kommenden Jahr, das Konzept Play-offs sowie den neuen Medienpartner Dyn und dessen Bezahlmodell.
myTischtennis.de: Zum zweiten Mal nach 2021 ist das TTBL-Finale Teil der Finals gewesen. Welche Vorteile liegen in der Einbettung in dieses Event?
Nico Stehle: Es gab mehrere Vorteile. Zunächst das tolle Konzept, dass man viele Sportarten über mehrere Tage gebündelt zusammenbringt, vergleichbar mit der erfolgreichen Umsetzung im letzten Jahr bei den European Championships und angelehnt an die Wintersportwochenenden. Der zweite große Vorteil ist die mediale Abdeckung. Wir waren, neben dem Livestream auf Twitch und den Streams auf den Online-Portalen der ARD und des ZDF ca. 30 Minuten mit dem Liebherr TTBL-Finale sowie der Para-TT Champions Trophy in der ARD zu sehen und haben ein Millionenpublikum mit Tischtennis erreicht. Für sämtliche vertretenen Sportarten bei den Finals 2023 Rhein-Ruhr, die medial alle nicht annähernd so abgebildet werden wie beispielsweise der Fußball – es aber auch verdient haben – ist das natürlich großartig. Die Atmosphäre im Düsseldorfer Castello war, trotz der hohen Temperaturen, genial. Die Finals waren insgesamt wieder ein Fest für Sportbegeisterte, mit 18 Sportarten und 129 deutschen Meisterschaften.
…aber es gab auch Nachteile…
Nico Stehle: Ja, wobei die Vorteile deutlich überwogen. Mit der Ballsporthalle Frankfurt, die inzwischen Süwag Energie ARENA heißt, haben wir einen etablierten Finalstandort. Die organisatorischen Herausforderungen an einem neuen Standort und der Abstimmungsbedarf mit den Finals Rhein-Ruhr, bei dem die Bedürfnisse des TV und der anderen Sportarten beachtet werden müssen, sind da natürlich größer. Das Castello in Düsseldorf mussten wir uns mit den Sportarten Taekwondo, Judo und Karate teilen, daher konnten wir erst am Samstagabend in die Halle, um dort aufzubauen. Aufgrund des eng getakteten und am Sonntagnachmittag geballten TV-Zeitplans, mit unter anderem Leichtathletik und Schwimmen, waren wir mit unseren Startzeiten eingeschränkt und auch die Pause nach dem zweiten Einzel musste entfallen. Insgesamt war es also auch ein Spagat, allen Bedürfnissen gerecht zu werden.
myTischtennis.de: Wie kam es zum Castello als Austragungsort, dessen Kapazität ja geringer als die der Süwag Energie ARENA ist…
Nico Stehle: Da hatten wir keine andere Option. Das wurde vom Land NRW, von der Finals GmbH und vom ARD und dem ZDF, die die Sportarten auswählen und die Produktionsplanungen übernehmen, so vorgegeben, um in einer Veranstaltungshalle vier Sportarten bestmöglich produzieren zu können. Das Düsseldorfer Castello ist aber eine tolle Arena mit einem großartigen Team, das uns in der Organisation der Veranstaltung sehr gut unterstützt hat.
myTischtennis.de: Gibt es für die nächste Saison denn schon Pläne, was das TTBL-Finale und den Termin dafür betrifft? Wird es dann wieder so spät stattfinden?
Nico Stehle: Wir haben schon die Mitteilung bekommen, dass die Finals 2024 aus terminlichen Gründen und speziell aufgrund der anstehenden Olympischen Spielen nicht stattfinden werden. Das TTBL-Finale werden wir deshalb vermutlich wieder in den Mai oder Juni legen, was auch angesichts der Temperaturen und Ferienzeiten besser ist. Aber in diesem Jahr haben die Vorteile klar überwogen, sich den Finals anzuschließen, auch wenn der Termin außerhalb unserer Saisonzeit lag und wir, gemeinsam mit dem DTTB und den Vereinen, Sonderregelungen hinsichtlich der Themen Spielberechtigungen und Lizenzverträge treffen mussten. Die Vereine und der DTTB bzw. die Landesverbände hatten sich einstimmig dafür ausgesprochen, um unter anderem die hohe mediale Aufmerksamkeit für unsere Liga und Sportart zu ermöglichen.
myTischtennis.de: In der Damen-Bundesliga gab es zuletzt ganz vereinzelte Stimmen, die sich für eine Abschaffung der Play-offs ausgesprochen haben. Warum ist das für die TTBL keine Option?
Nico Stehle: Wir schaffen für die Fans und Vereine mit den Play-offs Spiele mit Entscheidungscharakter, echte Highlight-Spiele, die auch medial von Interesse sind. Nicht umsonst richten Sportarten außerhalb von Fußball und Handball in Deutschland oder beispielsweise die amerikanischen Ligen Play-offs aus. In diesem Jahr war es in der Fußball-Bundesliga mal spannend bis zum Ende, aber oftmals ist die Spannung in den Ligen ohne Play-offs zum Schluss raus. Nicht umsonst werden Play-offs auch im Fußball diskutiert und andere Ligen haben neben den Play-offs auch Play-downs.
…umgekehrt nimmt man der regulären Saison mit den Play-offs aber auch ein bisschen ihren Reiz...
Nico Stehle: Das stimmt. Wie immer im Leben gibt es nicht nur weiß und schwarz. Aber wir stehen voll hinter der Play-off-Regelung, die sich die Vereine gegeben haben.
myTischtennis.de: Seit der vergangenen Saison werden die Spiele nicht nur immer sonntagnachmittags ausgetragen, sondern die Spieltage sind deutlich stärker gesplittet. Was war der Hintergrund dieser Maßnahme und wie zufrieden waren Sie mit dieser Lösung?
Nico Stehle: Das war der absolut richtige Schritt und ist in den anderen Ligen schon längst Standard. Wenn man lediglich an 22 Sonntagen im Jahr spielt und dazwischen nichts stattfindet, dann ist das bei 365 Tagen im Jahr einfach zu wenig. Wir wollten einerseits erreichen, dass jeder Fan jedes Spiel auch sehen kann. Andererseits ballen sich gerade am Sonntag viele Sport-, Kultur- und Freizeitevents. Noch wichtiger wird zukünftig aber sein, auch die Aufmerksamkeit zwischen den Spieltagen zu erhöhen. Daher wird unserer Medienpartner Dyn zukünftig, neben verbesserten Produktionen der Spiele, auch den Fokus auf ein attraktives Konzept und eine umfangreiche Berichterstattung zwischen den Spieltagen legen. Gerade was die Berichterstattung zwischen den Spieltagen und außerhalb der Saison angeht, ist der Fußball Vorreiter. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Dyn, nur für Sportarten außer Fußball. Man möchte nicht nur über Spieltage, sondern ganzheitlich berichten.
myTischtennis.de: Was erhofft sich die TTBL von der Partnerschaft mit Dyn noch?
Nico Stehle: Insgesamt wollen wir gemeinsam mehr Aufmerksamkeit, mehr Relevanz und mehr Wertschätzung für die Sportart Tischtennis generieren. Dementsprechend wird, wie gesagt, nicht nur der Produktionsaufwand durch Dyn gesteigert, sondern insgesamt mehr Inhalte produziert und über eine Vielzahl von Kanälen distribuiert. Über das Dyn Media Network beispielsweise werden lokale, regionale, nationale und internationale Medienanstalten zukünftig die Möglichkeit haben, Bewegtbilder der Tischtennis Bundesliga abzurufen. Denn Medienanstalten haben oft gar nicht die personellen und finanziellen Ressourcen, Bilder vor Ort zu produzieren. Bisher beschränkte sich die Berichterstattung der Medien daher meist nur auf redaktionelle Artikel. Von daher ist das ein Riesenschritt. All dies kann wirtschaftlich für Dyn nur funktionieren, indem Dyn eine Bezahl-Plattform ist, die die hohen finanziellen Aufwände durch Abo-Einnahmen und Vermarktung refinanziert – aber wie ich finde zu einem sehr fairen Preis für alle Sportarten wie Handball, Basketball, Volleyball, Hockey und Tischtennis. Das Konzept sieht aber, neben der Pay-Verwertung, auch eine weitreichende Verbreitung auf frei empfangbaren Kanälen, wie ARD, ZDF und den Dritten Programmen vor. An jedem Spieltag wird auch ein Spiel frei empfangbar auf YouTube übertragen. Hinter Dyn steht mit dem Axel-Springer-Verlag zudem ein Medienkonzern, der medialen Einfluss auf die Verbreitung nehmen kann. Freuen darf man sich auch auf ein Format mit Timo Boll und viel neuen Content. Spontent wird unter dem Dach von Dyn weiter unser Produktionspartner sein, das erleichtert uns jetzt den Übergang. Von Sportdeutschland.TV zum Spontent-Kanal bei Twitch hatten sich die Aufrufzahlen mehr als verdreifacht, aber die TTBL war immer frei empfangbar. Anders als für Handball und Basketball, die schon lange bei Sky beziehungsweise Magenta bei einem Pay-TV-Sender liefen, ist es für die Tischtennis-Community in Deutschland neu. Für uns wird die Herausforderung jetzt sein, Akzeptanz für ein Bezahlformat zu schaffen und transparent zu machen, dass eine Weiterentwicklung der Sportart und die damit verbunden Investitionen für den Medienpartner auch refinanziert werden müssen.
myTischtennis.de: Nachdem sich Neu-Ulm aus der Liga verabschiedet hat, wird die Sollstärke von zwölf Mannschaften nicht erreicht in diesem Jahr. Wie schätzen Sie das und wie die Durchlässigkeit für Zweitligisten ein?
Nico Stehle: Man muss klar konstatieren, dass es seit Jahren keine regelmäßigen Auf- und Absteiger gibt. Die Situation ist definitiv nicht so, wie wir sie uns wünschen. Es ist notwendig, dass wir uns gemeinsam mit dem DTTB überlegen, wie die Situation verbessert werden kann. Für jede Liga ist es wichtig, dass es nicht nur den Meisterschafts-, sondern auch den Abstiegs- und Aufstiegskampf gibt.
myTischtennis.de: Mit Hugo Calderano (wechselt zu Ochsenhausen) gab es recht spät noch einen Top-Neuzugang in der Liga zu vermelden. Wie sehr profitiert die TTBL von solchen Spielern und an welcher Stelle sehen Sie die Liga im internationalen Vergleich?
Nico Stehle: So ein Neuzugang ist großartig und wichtig. Es freut uns, dass solch ein Topspieler zurück in der Liga ist. Die TTBL ist unbestritten die stärkste Liga Europas und auch im weltweiten Vergleich gibt es keine so hochklassige Liga in der Breite und Spitze, die über eine ganze Saison gespielt wird. Wir hatten in dieser Spielzeit – natürlich betrachtet vor dem Hintergrund, dass russische Vereine ausgeschlossen waren – vier Klubs im Champions-League-Halbfinale. Das zeigt, dass es nicht nur Borussia Düsseldorf und Saarbrücken gibt, sondern auch dahinter sehr starke Vereine. Insgesamt ist die TTBL eine Top-Liga, in der aber auch die vermeintlich kleineren Vereine die großen schlagen können.
(DK)
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