Buntes

Ungenutztes Potenzial: Die Wunderwaffe ‚Auge‘

Benedikt Duda hat den Ball jetzt noch besser im Blick (©Fabig)

17.07.2015 - Im schnellsten Rückschlagsport der Welt ist es gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten und alles Wichtige aufzunehmen. Welche Flugkurve beschreibt der Ball, wie viel Rotation steckt diesmal drin und was macht eigentlich der Gegner? Eine Sehschwäche kann man da nicht gebrauchen. Über Brillen, Kontaktlinsen und Operationen unterhielten wir uns mit dem Spezialisten Dr. Thomas Katlun und Benedikt Duda, der vor einigen Wochen eine LASIK vornehmen ließ.

Dimitrij Ovtcharov hat es getan ebenso wie der ehemalige Top-Biathlet Michael Greis, Golf-Champion Tiger Woods oder der Judo-Olympiasieger Ole Bischof. Diese Spitzensportler - und noch viele mehr - ließen eine Operation an den Augen vornehmen, um ihre Sehkraft zu verbessern. Ein Zufall? Eher nicht, glaubt auch der Heidelberger Augenarzt und Experte auf dem Gebiet der Sportaugenheilkunde, Dr. Thomas Katlun: „Es gibt zwar keine verlässlichen Statistiken, aber ich stelle insgesamt eine Zunahme an Sportlern fest, die sich um ihre Augen kümmern. Die Kontrolle und Verbesserung der Sehleistung hat Einzug in den Sport gehalten.“ So seien augenärztliche Untersuchungen bei fast allen Fußball-Profivereinen wie dem 1. FC Köln, der TSG 1899 Hoffenheim oder Borussia Dortmund inzwischen gang und gäbe. „Vor fünf Jahren war das noch nicht so. Das Bewusstsein für gutes Sehen im Sport hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert.“

„Sehen ist unsagbar wichtig im Tischtennis“

Es gibt kaum einen Sport, bei dem das Sehen gar keine Rolle spielt. Im Tischtennis ist die Bedeutung dieses Sinnes allerdings besonders offensichtlich. In kürzester Zeit muss der Spieler die kleinsten Körperbewegungen des Gegners wahrnehmen und daraus ableiten, welche Rotation dieser dem Ball wohl mitgegeben hat. Dann fliegt das Spielgerät in Windeseile auf einen zu und das Auge muss ihm folgen, um Schlüsse aus der Flugbahn und dem Absprungverhalten zu ziehen, damit der eigene Schlag perfekt darauf abgestimmt ist. Wer hier ähnlich gute Sehfähigkeiten mitbringt wie Timo Boll, der am Stempel des fliegenden Balls die Rotation abliest, ist klar im Vorteil. Das findet auch Benedikt Duda, der knapp drei Jahre lang mit einer Sehschwäche von -2,5 Dioptrien auf beiden Augen auskommen musste: „Das Sehen ist unsagbar wichtig im Tischtennis. Selbst -0,5 Dioptrien schränken dich schon ein, wenn man den Ball Millisekunden später sieht. Auch solche kleinen Sehschwächen sollte man mit einer Brille oder Kontaktlinsen ausgleichen, sonst hat man einfach einen großen Nachteil - ganz unabhängig davon, wie gut man Tischtennis spielt.“ 

Wie für den jungen TTBL-Spieler sind auch für Dr. Katlun Sehhilfen der erste Schritt bei einer erkannten Sehschwäche. Jedoch ist nicht jede Variante für jeden Sportler geeignet. Wer sich für eine Brille entscheidet, sollte laut dem Augenarzt auf ein Sportmodell setzen, das gut sitzt. „Störend ist für viele Brillenträger allerdings das Schwitzen beim Sport. Eine nachhaltige Lösung für das Beschlagen der Brille gibt es leider nicht. Deshalb tragen viele Indoor-Sportler Kontaktlinsen.“ So hat es auch Benedikt Duda jahrelang gehalten, für den eine Brille auch aus modischen Gründen nicht in Frage kam. Damit man die für sich am besten geeigneten Linsen findet, empfiehlt Dr. Katlun die Konsultation eines Augenarztes oder Optikers, der darauf achtet, dass die Linsen gut passen und sauerstoffdurchlässig sind. „Unter Umständen ist es empfehlenswert, eine Tageslinse für das Training oder den Wettkampf zu benutzen“, rät Katlun für die Anwendung beim Sport. „In jedem Fall sollte man das Linsentragen weit vor dem nächsten wichtigen Turnier ausprobieren und nicht erst drei Tage vorher, da man sich daran gewöhnen muss und da der erste Griff nicht immer der richtige ist.“ Verträgt man die Linsen nicht gut oder pflegt sie nicht ausreichend, können Reizungen und Entzündungen die Konsequenz sein.

Ein neuer Lebensabschnitt für 1800 Euro 

Benedikt Duda kam mit seinen Kontaktlinsen über Jahre gut zurecht, erst vor etwa sechs Monaten begann er, an trockenen, später auch roten und verklebten Augen am Morgen zu leiden. „Viele Sportler haben immer wieder Reizungen. Und wenn das System Auge-Tränenflüssigkeit-Kontaktlinse einmal gekippt ist, ist es schwierig, es wiederherzustellen“, weiß Dr. Katlun. Nutzt man die Linsen allerdings trotz entzündeter Augen, kann dies sogar zu irreparablen Schäden führen. Für Duda war deshalb klar: „Jetzt musst du dir die Augen lasern lassen, sonst geht das noch schief.“ Diesen Ratschlag hatte er schon von seinen Eltern bekommen sowie von Dimitrij Ovtcharov, der Ende letzten Jahres eine LASIK vornehmen ließ. Hierbei wird die Hornhaut mit einem Laserstrahl so behandelt, dass der Lichtstrahl wieder scharf auf der Netzhaut abgebildet wird. Wie bei allen Operationen kann auch bei der LASIK etwas schiefgehen. So kann es hinterher zu trockenen Augen, störenden Lichterscheinungen oder Blendempfindlichkeit kommen. Laut Dr. Katlun treten diese Komplikationen oder gar eine Verschlechterung der Sehkraft aber selten auf und können meistens durch eine zweite Behandlung korrigiert werden.

Auch Benedikt Duda hat sich in der Nacht vor dem Eingriff seine Gedanken gemacht. Außer einer starken Lichtempfindlichkeit in den ersten Stunden nach der OP konnte der 21-Jährige allerdings nur positive Auswirkungen beobachten. „Schon abends habe ich gemerkt, dass ich superscharf sehen kann“, erinnert sich der Bergneustädter. „Für mich hat seitdem ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Ich habe jetzt sogar mehr als 100 % Sehkraft.“ Der Preis für diesen Zugewinn an Lebensqualität beträgt normal 2600 Euro pro Auge. Dank der deutschen Sporthilfe und des OSP Rheinland musste Duda nur 900 Euro pro Auge zahlen. „Ich hätte aber auch den vollen Preis gezahlt“, erklärt der Deutsche Meister im Doppel, der nach zwei Wochen Vorbereitung schon wieder auf dem Leistungsstand wie voriges Jahr nach vier Wochen ist. „Sportler investieren viel in ihren Körper, ihr Material, ihre Ernährung oder ihre Psyche. Aber auch in Sachen Sehkraft kann noch viel rausgeholt werden“, findet Dr. Katlun. Aus diesem Grund sei es durchaus üblich, dass auch Sportler mit guter Sehkraft Kontaktlinsen ausprobieren, um die bestmögliche Sehleistung zu erreichen. „Die Frage ist: Nützt mir das noch was? Viele stören die Linsen auch mehr, als dass sie ihnen helfen. Wenn es so ist, dass die Sehkraft mit den Linsen eigentlich besser ist, man sie aber nicht verträgt, ist eine OP überlegenswert.“ 

Bedenkliche Entwicklung?

Der Augenarzt berichtet von einem Golfer mit einer Sehschwäche von -0,5 Dioptrien, der ab 120 Metern den Golfball nicht mehr sehen konnte. „Nach der Operation konnte er den Ball über 260 Meter weit verfolgen. Und jetzt ist er Profigolfer. Im Hochleistungssport machen auch kleine Dioptrienzahlen einen großen Unterschied“, erklärt Katlun. Dieser auf dem OP-Tisch herbeigeführte Wettbewerbsvorteil ist im Gegensatz zu Dopingmitteln nicht verboten. Aber ist die Entwicklung, dass sich immer mehr Sportler ‚lasern‘ lassen, nicht bedenklich? „Ich denke, es ist vertretbar, wenn Topsportler dieses geringe Risiko für ihren Sport eingehen“, findet der Experte, der betont, dass eine gründliche Voruntersuchung und die sich daraus ergebende Beratung und Aufklärung, wenn möglich noch sportartspezifisch, unabdingbar sind. „Eine Leistungssteigerung tritt auch nicht wegen der Augenoperation ein. Diese schafft nur bessere Voraussetzungen dafür. Um einen ‚Leistungskick‘ herbeizuführen, gehört mehr dazu, wie Training, gute Ernährung etc.“ Benedikt Duda jedenfalls ist davon überzeugt, dass sich die LASIK positiv auf seine Leistung auswirken wird. Wir haben dich in der kommenden Saison ‚im Auge‘, Benne!

Was ist Ihre Meinung zum Thema? Welche Erfahrungen haben Sie mit Brillen, Kontaktlinsen oder Operationen gemacht? Wie wichtig ist das Sehen im Tischtennis wirklich? Schreiben Sie uns einen Kommentar!

(JS)

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