Buntes

"Europapokal-Finale 1989 für 120.000 DM vermarktet"

Borussia-Manager Andreas Preuß (l.) und TTF-Präsident Kristijan Pejinovic (©Roscher/Fotomontage)

14.10.2014 - Sie sind zwei der bedeutendsten Funktionäre in der TTBL: Ochsenhausen-Präsident Kristijan Pejinovic und Borussia-Manager Andreas Preuß. Im myTT-Doppelinterview vor dem großen Showdown der beiden Klubs am Sonntag sprechen die beiden u.a. über die Herausforderung, einen TT-Bundesligaklub zu managen, den medialen Stellenwert des Sports und was die TTBL noch von anderen Ligen lernen kann.

 myTischtennis.de: Herr Pejinovic, Herr Preuß, zunächst die Frage wie sieht denn überhaupt der Alltag eines Präsidenten bzw. Managers aus? 

Kristijan Pejinovic: Das kommt auf das eigene Selbstmanagement und Zeitmanagement an. 

Man plant seine Termine und seine Zeit für folgende Themenbereiche: Strategie, Organisationsstruktur, Personalentwicklung, Personalführung, Marketing/Projekte Pressearbeit etc.  diese stehen jede Woche an  Tag für Tag.

 

Andreas Preuß: Das Tagesgeschäft umfasst Telefonate, das Bearbeiten von E-Mails und Post, Gespräche mit Mitarbeitern, Spielern, Trainern, mit Partnern und Sponsoren, es geht um Projekte, Pressearbeit, Fernsehen, allgemeines Management, Marketing, Finanzen etc. Darüber hinaus sind es natürlich auch langfristige Projekte und Strategien, mit denen man sich immer wieder beschäftigt, wie Investitionen, Ausrichtung des Clubs, Weiterentwicklung der Strukturen.

 

myTischtennis.de: Wo liegen die Herausforderungen bzw. Schwierigkeiten, einen Tischtennis-Bundesligaklub zu managen – auch im Vergleich zu früheren Jahren?

 

Kristijan Pejinovic: Die Zeiten haben sich geändert und es ist alles schnell- und kurzlebiger geworden. D.h. sowohl im sportlichen aber auch im administrativen Bereich. Es wird von einem mehr abverlangt und es herrscht ein größerer "Wettbewerb" mit anderen Sportarten bzw. mit anderen Freizeitaktivitäten, als es früher einmal war. Ebenso hat sich das Vereinsleben verändert  Ehrenamt ist leider eine "Seltenheit" geworden und hierbei geht großer Respekt an die Personen, die immer noch vorbildlich diese Philosophie leben und die Vereine an und in ihrer Basis unterstützen!

 

Andreas Preuß: Die Welt dreht sich anscheinend etwas schneller, alles ist kurzlebiger, wie eine Abfolge von einzelnen Events. Früher habe ich am Tag zehn Briefe beantwortet, heute bearbeite ich schon am Vormittag 50 Mails, früher habe ich in drei Wochen Urlaub zwei Mal im Büro angerufen, heute checke ich täglich meine Mails. Es gilt, sich ständig auf die neuen Herausforderungen einzustellen und neue Ideen zu entwickeln. Neben der Kurzlebigkeit bedarf es aber immer auch einer mittleren und langfristigen Ausrichtung.

 

myTischtennis.de: Was sind die schönen Seiten?
 

Kristijan Pejinovic: Gemeinsame Momente (Vereinsfeste, Meisterschaften etc.) mit den Vereinsangehörigen, Mitarbeitern, Partnern, Sponsoren und den Teams, die man verbringen kann. Gepaart mit dem sportlichen Erfolg ist es eine fantastische Mischung bzw. Erfahrung!

 

Andreas Preuß: Natürlich gemeinsame Erfolge mit der Mannschaft und im Verein zu feiern, generell die Gemeinschaft des Vereinslebens, das gemeinsame Reisen und auch im Alltag immer wieder neue Menschen kennenlernen, der Beruf ist sehr abwechslungsreich.

 

myTischtennis.de: Haben Sie aus dem Sportbericht so etwas wie ein ‚Manager’-Vorbild in Person oder einen vorbildlich gemanagten Verein, von dem Sie sich etwas abschauen?

 

Kristijan Pejinovic: Hierbei schaue ich gerne in andere Sportarten rein, aber eine Präferenz habe ich nicht.

 

Andreas Preuß: Hans Wilhelm Gäb und mein Vorgänger Wilfried Micke, auch Uli Hoeneß und der FC Bayern, seine Lebensleistung ist trotz seiner persönlichen Verfehlungen für mich unbestritten.

 

myTischtennis.de: Wie schätzen Sie den medialen Stellenwert des Tischtennissports in der gesamten Sportlandschaft ein? 
 

Kristijan Pejinovic: Tischtennis ist komplex. Und es hat einen Komplex. Einen Minderwertigkeitskomplex. Wir bekommen nicht die Öffentlichkeit, die wir verdienen. Das Spiel ist schnell, dynamisch, spektakulär, dazu ist Deutschland Weltklasse (Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Patrick Franziska, etc.). Der Verband ist mitgliederstark, und kaum ein Spiel ist derart verankert in der Bevölkerung. Alles gute Voraussetzungen. Eigentlich. Aber Tischtennis hat ein Aufmerksamkeitsdefizit. Tischtennis ist ein schlafender Riese – aber, wir müssen endlich handeln, um ihn zu wecken!

 

Andreas Preuß: Tischtennis ist eine große Volkssportart mit sauberem Image! Wir sind erfolgreich wie nie und trotzdem gibt es nur ein relativ geringes Interesse der medialen Öffentlichkeit. Dies hat viele Gründe wie die Komplexität unserer Sportart, den Zeitgeist, die Dominanz des Fußballs etc. Generell verkaufen wir uns auch zu schlecht. Eine große  Chance sehe ich im Internet-TV. Jammern hat aber noch niemandem geholfen. Es gilt, trotzdem jeden Tag wieder aufzustehen und den Menschen zu erzählen, was für eine wunderbare Sportart Tischtennis doch ist.

 

myTischtennis.de: Was muss passieren, damit Tischtennis wieder attraktiv für Fernsehsender wird?


Kristijan Pejinovic: Tischtennis allein reicht nicht. Die Zuschauer und Medien wollen in der heutigen Zeit ein "Event". Wir brauchen Professionalisierungen und Mut zu radikalen Schritten. Vieles hat man schon verändert. Das Spielsystem in der Liga etwa war und ist eine Dauerbaustelle, dazu kürzere Sätze, der Plastikball und so weiter. Es ist ein Prozess und dieser braucht nunmal Zeit. Man darf sich nicht gleich von seinem Weg abbringen lassen, wenn man nicht gleich spürbare Erfolge erkennt. Wir brauchen Geduld und am wichtigsten ist es, unseren Sport nach außen zu tragen. Wir brauchen Präsenz, um Präsenz im Fernsehen zu erlangen! Anders funktioniert es nicht.

 

Andreas Preuß: Es braucht wahrscheinlich Veränderungen auf allen Ebenen. Bei den Spielern, Funktionären und Verbänden und auch den Regeln. Mehr Hauptamtlichkeit und Professionalität, ein höheres Netz, außergewöhnliche Ideen, eine bessere Präsentation und Verpackung unseres Sports, Tischtennis auch draußen an bunten Tischen mit leuchtenden Bällen, Spiel in besonderen Locations, wir müssen zu den Menschen, wenn die Menschen nicht zu uns kommen...

 

myTischtennis.de: Wie schwer ist es, bei der momentanen Situation hinsichtlich Medieninteresse, Investoren und Sponsoren an Land zu ziehen? Ist das schwerer oder leichter als in früheren Jahren?


Kristijan Pejinovic: Es ist sicherlich nicht leichter als in frühreren Jahren. Es ist eben ein "Buhlen um die Gunst" der Fernsehanstalten geworden. Diese sind selbstverständlich für die Stakeholder von großem Interesse. Man muss eben Projekte entwickeln und kreativ sein, um eben auch andere Ansätze zu liefern. Man muss sich von der "Masse" absetzen und kann dann sicherlich "punkten".

 

Andreas Preuß: Es ist sicher nicht leichter geworden. Ich erinnere mich noch gerne an das Finale im Europapokal 1989, als die ARD am Samstagnachmittag vier Stunden das Spiel live übertragen hat. Wir haben das Spiel innerhalb von einer Stunde für 120.000 DM vermarkten können. Anschließend flogen Rossi und Speedy mit dem Helikopter zu "Wetten dass....?". Ohne regelmäßige Präsenz im Fernsehen ist es ungleich schwerer.

Info: Für die Partie gegen Düsseldorf am Sonntag plant Ochsenhausen ein großes Event in der Ulmer ratiopharm Arena, in der 3000 Zuschauer den Bundesliga-Schlager verfolgen können. Wenn Sie live dabei sein wollen, können Sie hier noch online Tickets erwerben: http://www.ratiopharmarena.de/events-a-tickets/tickets-tischtennis.html

Hier geht's zum zweiten Teil des Interviews!


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