Buntes

Einzel zum Einspielen: Karl Jindrak, der Doppelspezialist

Ein Herz und eine Seele: Karl Jindrak und Werner Schlager waren 20 Jahre lang ein eingespieltes Team (©Jindrak)

29.08.2014 - Im Tennis muss man sie nicht lange suchen, im Tischtennis gibt es sie quasi nicht - die Doppelspezialisten. Der Österreicher Karl Jindrak war einer der Wenigen, die sich voll und ganz dem Doppel verschrieben und die Einzelwettbewerbe nach hinten gestellt haben. Zusammen mit Weltmeister Werner Schlager bildete er zwanzig Jahre lang ein Duo, das sich blind verstand und in der Weltspitze für Aufsehen sorgte.

Karl Jindrak kletterte in seiner Karriere etliche Male aufs Treppchen, war seit den ersten ITTF Pro Tour Grand Finals 1996 in jedem Jahr für das Saisonhighlight qualifiziert und krönte seine Laufbahn 2005 schließlich mit dem Europameistertitel. Ihnen ist der Name Karl Jindrak trotzdem nicht so geläufig? Das liegt wahrscheinlich daran, dass er seine Erfolge in der etwas unpopuläreren Disziplin des Tischtennissports, im Doppel, feiern durfte. Während es der ehemalige österreichische Nationalspieler bei internationalen Turnieren im Einzel oft nicht über die ersten Runden hinaus schaffte, erklomm er im Doppel ganz andere Höhen - und war gemeinsam mit Partner Werner Schlager über zwei Jahrzehnte eine feste Größe in dieser Disziplin. "Ich hatte mich im Einzel nicht so richtig wohl gefühlt, mir hat quasi etwas gefehlt", erklärt der 41-Jährige, der inzwischen als Turnierdirektor bei der ITTF tätig ist. "Ich war zu 100 % ein Doppelspieler, meine Turniere waren nur auf den Doppelbewerb ausgelegt. Meine Einzelspiele nutzte ich quasi als 'Einspielen' fürs Doppel."

 

Ein Zufall bringt Jindrak und Schlager zusammen

 

Die perfekte Ergänzung zu ihm lernte er schon sehr früh in seiner Karriere kennen: Werner Schlager, der sich später mit seinem WM-Titel in die Geschichtsbücher eintrug. Zu verdanken hatte Jindrak seine zufällige Zusammenlegung mit Schlager einer Verletzung von dessen eigentlichem Partner Heinz-Peter Strele, die verhinderte, dass das eingespielte Duo zur Schüler-EM 1986 fuhr. "Ich war der nationale 'Rookie' im Jahr 1986, denn ich hatte bei den nationalen Schülermeisterschaften als Qualifikant sensationell das Finale gegen Werner Schlager erreicht", erinnert sich der Linkshänder. "Dort haben wir uns das erste Mal gesehen." Das ungleiche Duo - Jindrak war anderthalb Köpfe größer als Schlager, obwohl er zweieinhalb Monate jünger war - wurde vom damaligen österreichischen Bundestrainer Fritz Svoboda zunächst als provisorisches Doppel zur Jugend-EM geschickt. Wer hätte damals gedacht, dass ihm mit dieser aus der Not geborenen Links-Rechts-Kombination ein wahrer Glücksgriff gelungen war?

 

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Bereits ein Jahr später sicherten sich die beiden Youngster EM-Bronze im Schülerdoppel. Der Anfang einer zwanzig Jahre andauernden fruchtbaren Zusammenarbeit war getan. Fragt man Karl Jindrak, war eben diese lange gemeinsame Zeit der Schlüssel zum Erfolg des Duos. "Mit der Zeit mussten wir während des Satzes fast nicht mehr miteinander sprechen. Wir wussten ganz genau, wie der andere in dem Moment gerade drauf war und wann er beruhigende, aufbauende oder motivierende Worte brauchte", beschreibt der Österreicher die enge Vertrautheit zwischen den Partnern. "Selbst die Taktik wurde von einem von uns fast wortlos oder automatisch umgestellt, wenn einer merkte, dass es nicht so rund läuft." Seine technischen Schwächen, die ihn im Einzel an seine Grenzen führten, konnte er an Werner Schlagers Seite zudem komplett kaschieren und in Stärken verwandeln.

 

Nicht lange fackeln, direkt punkten

 

Die Aufgabenteilung zwischen den beiden war klar definiert. Karl Jindrak brillierte im Aufschlag-/Rückschlagspiel und brachte auch den ersten platzierten Ball meist mit sehr guter Qualität auf die andere Tischhälfte. Werner Schlager war für den Rest zuständig, verwandelte die Bälle oder platzierte sie so, dass der Punktgewinn vorprogrammiert war. "Wir hatten meistens keine sehr spektakulären Partien, weil sich unsere Ballwechsel im Kurz-kurz-, Service-/Annahmespiel entschieden und wir nie oder nur selten in die langen Rallies gingen. Wir hatten unsere Gegner zu 90 % mit unserem Service, der Serviceannahme und dem ersten gut platzierten Ball mit hoher Qualität unter Kontrolle." 

 

Damit das Zusammenspiel im entscheidenden Moment so gut klappte, trafen sich die Doppelpartner auch im Training hinter derselben Tischhälfte und feilten gemeinsam mit Nationaltrainer Ferenc Karsai, der die beiden über zehn Jahre begleitete, mit immer neuen Methoden an ihrem Spiel. "Bei seinem ersten Training sagte er zu uns: Werner kann Nummer eins der Welt werden und wir Nummer eins im Doppel. Damals war Werner ca. Nummer 100 in der Weltrangliste und wir hatten im Doppel ein paar Erfolge in der Jugend gehabt, aber sonst nichts. Ferenc fing 1995 an und im April 1996 waren wir Nummer eins der Doppelrangliste."

 

Bei den großen Titelkämpfen knapp an Medaillen vorbei

 

Auch wenn Schlager/Jindrak sich bei zahlreichen World Tour-Turnieren bis in die Medaillenränge spielen konnten, gelang ihnen dies bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen nicht - auch wenn sie ein paar Mal ganz nah dran waren. Bei der WM 1999 in Eindhoven etwa erspielte sich das österreichische Duo im Viertelfinale fünf Matchbälle gegen die späteren Weltmeister Kong Linghui/Liu Guoliang, verpasste aber dennoch den Einzug in die Vorschlussrunde. Als "bitterste Niederlage" hat Jindrak allerdings das Viertelfinale bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney im Gedächtnis, als sie gegen Patrick Chila/Jean-Philippe Gatien bereits mit 2:0 und 16:8 geführt hatten und dann noch den Faden verloren. "Der fünfte Satz war eine reine Nervenschlacht", erinnert sich der ITTF-Turnierdirektor. "Am Ende stand es 20:17 für Chila/Gatien, wir konnten noch mal auf 20:20 ausgleichen, verloren dann aber mit 20:22." 

 

Der "große Wurf" bei einem großen Turnier war den beiden also versagt geblieben, bevor im Jahr 2005 doch noch ein Traum in Erfüllung gehen sollte. Bis dahin hatte das Duo Schlager/Jindrak viermal Bronze bei Europameisterschaften gewonnen, obwohl man durchaus zu den Topfavoriten gehört hatte. Und dann kamen die kontinentalen Meisterschaften in Aarhus. "Ich wusste schon damals, dass dies zu 99 % meine letzte EM sein wird", verrät Jindrak. "Als ich mein erstes Training in der Halle hatte, spürte ich, dass dies eine ganz spezielle EM werden könnte. Und ich behielt Recht." Anders als in den Jahren zuvor setzte sich das Duo diesmal nicht selbst unter den Druck, unbedingt gewinnen zu wollen, und spielte sich mit dieser etwas lockeren Herangehensweise zum Titel. 

 

Comebackpläne mit Schlager?

 

Den EM-Schläger stellte Jindrak recht schnell nach dem großen Erfolg in seine Trophäenvitrine und holte ihn nicht wieder heraus. Doch auch wenn er nicht mehr im Tischtennissport aktiv ist, hat er als ITTF-Turnierdirektor noch immer ein Auge auf das internationale Geschehen - und natürlich besonders auf das Doppel. Dass dieser spektakuläre Wettbewerb immer mehr an Wert verliert, stimmt ihn als Doppelspezialisten durchaus traurig. "Ich hoffe, dass das Doppel irgendwann wieder bei Olympia Einzug erhält. Für 2020 hat sich die ITTF schon vorgenommen, dass zumindest einmal das Mixed-Doppel in die olympischen Bewerbe aufgenommen wird. Der Vorschlag liegt schon beim IOC." Notfalls müssen er und Werner Schlager doch noch einmal selbst an den Tisch, um zu zeigen, wie sehenswert das Doppelspiel ist. Die bisherigen Comebackpläne der beiden Partner sind zwar noch nicht ganz ausgereift. "Aber das Gute ist, dass wir im Seniorenbereich Zeit haben", witzelt Karl Jindrak. "Schließlich gibt es auch Ü80-Wettbewerbe."

 

(JS)

 

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