'Eigengewächs' Benedikt Duda hatte es am Ende in der Hand (©Roscher)
30.03.2016 - Das letzte Spiel der regulären TTBL-Saison zwischen dem TTC Schwalbe Bergneustadt und Mühlhausen wird so manchem noch lange schwer im Magen liegen. Die Oberberger hatten es selbst in der Hand, durch einen Sieg die erste Play-off-Teilnahme perfekt zu machen. Nach ihrer bitteren 2:3-Niederlage waren es allerdings die Düsseldorfer, die sich freuen durften. Schwalbe-Manager Andreas Grothe spricht über das Aus und ein System, das in seinen Augen nicht vernünftig ist.
myTischtennis.de: Die bittere Niederlage gegen Mühlhausen ist nun zwei Tage her. Wie geht es Ihnen heute?
Andreas Grothe: Immer noch nicht so gut, muss ich sagen. Wir sind natürlich sehr enttäuscht, dass wir die Früchte unserer Arbeit nicht einfahren konnten. Aber Sport ist eben so. Jedes Spiel ist schwierig - für uns als Underdog sowieso. Aber dass wir am Ende unserer zweiten TTBL-Saison Vierter oder Fünfter werden können, hatte auch kaum jemand erwartet.
myTischtennis.de: Das heißt, die Play-offs waren vor der Saison überhaupt kein Thema?
Andreas Grothe: Nein, gar nicht. Jedenfalls in der Vereinsführung nicht. Dass die Spieler vielleicht damit geliebäugelt haben, kann natürlich sein.
myTischtennis.de: Wahrscheinlich vor allem nach dem überraschenden Sieg gegen Düsseldorf vor zwei Wochen, als die Sensation schon so gut wie eingetütet war. Wie war in den vergangenen zwei Wochen die Gefühlslage im Verein?
Andreas Grothe: Nach dem Spiel herrschte natürlich große Euphorie. Da haben wir uns auch zum ersten Mal überhaupt mit den Play-offs beschäftigt. Trotzdem haben wir für den letzten Spieltag nichts geplant, auch keine Feierlichkeiten, weil wir wussten, dass es gegen Mühlhausen schwierig für uns wird. Das Team hat eine tolle Rückrunde gespielt und Ovidiu Ionescu liegt unseren Jungs nicht so gut. Dazu kommt dann noch der Druck, so dass unsere Spieler während der Partie so nervös waren wie die Düsseldorfer vor zwei Wochen in Düsseldorf.
myTischtennis.de: War das der Hauptgrund, warum es am Ende nicht geklappt hat? Oder gibt es etwas anderes, was Sie jetzt im Nachhinein anders machen würden?
Andreas Grothe: Man kann viel spekulieren. Die einen sagen, es war nicht glücklich, dass die Qatar Open so kurz davor stattgefunden haben - insbesondere für Benedikt Duda, der dort eine super Leistung gebracht hat. Aber so, wie solch ein Turnier einen negativen Effekt haben kann, weil man müde ist, kann es auch einen positiven haben, weil man die Nummer 14 der Welt geschlagen hat. Man kann auch darüber nachdenken, ob man besser eine andere Aufstellung gewählt hätte. Warum haben wir Duda nicht an Position drei gestellt? Und warum hat Gustavo Tsuboi nicht gespielt? Weil wir der Meinung waren, dass dies die beste Mannschaft für dieses Spiel war. Ricardo Walther fallen Spiele gegen Hielscher und Ionescu auch nicht leicht. Und dass man Tsuboi, der davor länger nicht gespielt hatte, dann im entscheidenden Match bringt, ist eventuell auch nicht ratsam. Die drei hatten es sich nach dem Düsseldorf-Spiel verdient, die letzte Partie zu bestreiten.
myTischtennis.de: Wie haben Sie selbst das Spiel erlebt? Das muss ja ein Wechselbad der Gefühle gewesen sein…
Andreas Grothe: Das Spiel war eine tolle Werbung für Tischtennis, weil es alles hatte, was Sport braucht - und das vor einer Rekordkulisse mit rund 600 Zuschauern. Bei uns herrschte nach den ersten beiden verlorenen Einzeln natürlich erstmal totale Enttäuschung. Da war der Schock schon riesengroß. Dann leitete Ricardo Walther mit einem unglaublichen Spiel die Wende ein und plötzlich sind wir wieder da. In das fünfte Einzel ist Benedikt natürlich nicht als Favorit gegangen und trotzdem dreht er den zweiten Satz nach einem 6:10 noch und spielt sich im dritten mit Euphorie zum 6:2, bevor er eine ziemlich hohe Vorhand verhaut, was Ionescu zurückbringt. Bei 10:10 hatte der Rumäne dann die besseren Nerven. Und als dieser Satz verloren ging, war bei Benedikt die Luft raus.
myTischtennis.de: Am Ende hing also alles an Ihrem 'Eigengewächs', dem zuliebe Bergneustadt das Abenteuer TTBL überhaupt erst gewagt hat. Wie hat Benedikt Duda dieses Spiel verkraftet?
Andreas Grothe: Schlecht. Er war sehr niedergeschlagen und enttäuscht. Aber er ist halt auch noch jung. Mal spielt er richtig gut, mal weniger. Er kann da noch viel lernen. Das Ganze war sehr bitter für uns. Aber wir waren nicht die Einzigen, die Grund zur Trauer hatten. In Fulda war man sicher ebenso traurig. Und das zeigt, dass das Play-off-System nicht vernünftig ist. Am Ende wurde da oben nur noch taktiert, um Erster oder eben nicht Erster zu werden. Jetzt hat der Tabellenführer Fulda das größtmögliche Übel im Halbfinale erwischt - und das ist nicht korrekt. Es kann nicht sein, dass der Verein mit dem größten Geldbeutel sich den besten Spieler kauft, den ein paar Mal einsetzt und dann Deutscher Meister wird. Wir haben die ganze Runde mit vier - im Vergleich mehr oder weniger - mittelmäßigen Spielern gespielt und waren am Ende punktgleich mit den Düsseldorfern, die in der Weltrangliste alle besser stehen als unsere Jungs. Aber am Ende schafft es Düsseldorf doch wieder in die Play-offs und kann mit einem Ausnahmespieler wie Timo Boll, den man im Prinzip nur im Halbfinale und Endspiel braucht, Deutscher Meister werden. Da muss man sich fragen, ob das alles so richtig ist.
myTischtennis.de: Wie geht es denn nächste Saison in Bergneustadt weiter? Gustavo Tsuboi wird den Oberbergischen Kreis ja verlassen, dafür kommt mit Florian Schreiner ein weiterer junger deutscher Spieler…
Andreas Grothe: Wir wissen, dass wir uns personell verschlechtern werden. Aber das ist nicht unser Punkt. Wir wollen jungen Spielern eine Plattform bieten, was meiner Meinung nach eine gute Sache ist, wenn man mal die deutsche Spitze betrachtet - wobei wir noch nicht einmal unbedingt auf deutsche Spieler fixiert sind. In der TTBL mit ihren zehn Mannschaften ist prinzipiell kaum Platz für junge Spieler. Und wir wollen sie fördern.
myTischtennis.de: Welches Fazit ziehen Sie jetzt für die Saison, nachdem der ganz große Wurf am Ende nicht geklappt hat?
Andreas Grothe: Wir dürfen uns auf keinen Fall nur wegen des letzten Spieltags negativ beeinflussen lassen. Es war unsere zweite TTBL-Saison, wir waren am Ende punktgleich mit Düsseldorf und haben damit ein Traumergebnis erzielt. Auch wenn natürlich alle traurig sind, dass es am Ende nicht für die Play-offs gereicht hat, sind wir sehr zufrieden. In der nächsten Saison werden wir wieder angreifen, obwohl wir wissen, dass es sehr schwierig wird - und diese Chance vielleicht nie wiederkommt.
(JS)
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