Trainingstipp

Taktiktipp: Platzierung des ersten eigenen Topspins

Wohin man seinen ersten Topspin spielt, will gut überlegt sein (©Roscher)

02.01.2018 - Der Anfang ist gelungen. Der Aufschlag oder Rückschlag war kurz und der Gegner spielt lang. Aber wohin geht nun der erste Topspin? Häufig lassen sich Erfolg oder Misserfolg im Ballwechsel genau an dieser Stelle festmachen. Es geht also oft nicht nur darum, dass der Spieler den ersten Topspin zieht, sondern auch, dass er ihn dorthin platziert, wo der Gegner den Topspin nicht gut oder gar nicht beantworten kann und bei einer möglichen Antwort der Spieler nicht in die passive Lage gerät.

präsentiert vom Verband Deutscher Tischtennistrainer (VDTT)

Die richtige Platzierung des eigenen Topspins ist dabei oft nicht zu pauschalisieren, obwohl auch dies vorkommt. Ist dies der Fall, weil der Gegner beispielsweise auf Rückhand den ersten Topspin gar nicht blocken kann, bedarf es keiner Überlegung, wohin der Ball platziert wird - und zwar aus jeder Lage. In der Regel ist es in einem Duell zweier Spieler auf dem gleichen Level aber anders. Weiß der Spieler, wo die Bälle hinkommen, und werden sie tatsächlich immer gleich dorthin gespielt, wird er den Block/Gegenzieher nicht nur auf den Tisch spielen, sondern auch das Spiel übernehmen können. In diesem Trainingstipp soll es darum gehen, den Spieler zu befähigen, situationsgemäß die erfolgsversprechendste Variation zu finden. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab, die es am Ende für den Spieler in der Wettkampfsituation zu bedenken oder zu erfühlen gilt, denn diese Prozesse sind aufgrund des Zeitdrucks nicht alle bewusst zu durchlaufen.

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Der erste Punkt ist natürlich, welche Platzierung für den Spieler aus dieser Situation heraus überhaupt möglich ist. Wenn er beispielsweise recht nah am Ball steht und ihn erst spät treffen kann, wird beim Vorhandtopspin eine Platzierung in die weite Vorhand kaum möglich sein. Hier wird auch deutlich, wie wichtig eine Schulung der technischen Elemente ist. Taktisch hat der Spieler natürlich nur dann alle Möglichkeiten, wenn er auf jeden Ball jede denkbare Platzierung auch in möglichst qualitativ hochwertiger Weise spielen kann. 

Zweiter Aspekt aus der Sicht des Spielers ist die Überlegung, wohin er den Ball haben will, wenn der Block zurückkommt, um auch aktiv nachsetzen zu können. Es darf am Ende für den Gegner nicht reichen, dass er mit einem einfachen Block nur aufgrund seiner Platzierung in die aktive Lage kommt oder sogar direkt punktet. 

Der nächste Aspekt betrifft den Gegner. Wo ist seine Position oder besser noch, wo wird sie sein, wenn mein Ball auf der anderen Seite ankommt? Wo erwartet der Gegner den Ball? Wie viel Zeit hat der Gegner die von mir angestrebte Platzierung zu erreichen? Dadurch werden parallele Bälle erheblich erfolgsversprechender, da dem Gegner aufgrund des kürzen Weges des Balles und einer häufig anzutreffenden diagonalen Ballerwartungshaltung erheblich weniger Zeit bleibt. Unter Einbeziehung des zweiten Aspekts wird allerdings schon der Punkt der Abwägung deutlich. Denn spielt der Spieler parallel, hat er bei einer zu erwartenden diagonalen Antwort einen erheblich längeren Laufweg. 

Natürlich gehören in diese Überlegung zum Gegner auch Aspekte wie die Frage, auf welchen Ball er welche Antwort besser beherrscht oder größere Fehlerquoten hat, sowie die Berücksichtigung der letzten Ballwechsel, denn diese beeinflussen deutlich seine Erwartungshaltung. 

Wenn all diese Prozesse in der Wettkampfsituation automatisiert ablaufen sollen, wird deutlich, wie wichtig es ist, sich damit im Training umfangreich und möglichst früh zu beschäftigen. Allein die Tatsache, dass fast alle Beinarbeitsübungen über den Rückhandblock gespielt werden, beeinflusst das Spielen ungemein. Zum einen fühlt sich der Spieler im Nachspiel auf den Rückhandblock am wohlsten, da er diese Wege tausende Male trainiert hat. Auf der anderen Seite fühlt sich aber auch der Blockspieler bei diesem Ball dadurch am wohlsten. Dem direkten Erfolg beim ersten Topspin ist dies somit nicht gerade zuträglich. 

Aber nun viel Spaß bei der Praxis!  

 

1. Übung:  Balleimer VHT gegen Unterschnitt - verschiedene Platzierung  

Spieler B: Balleimereinspiel mit Unterschnitt in ½ VH    Spieler A: VHT auf verschiedene Punkte 

Hier geht es darum, gegen ein Unterschnitteinspiel auf halbe Vorhand Vorhandtopspins in Rückhand, Mitte und Vorhand zu spielen. Neben dem technischen Training der unterschiedlichen Platzierung geht es hier auch darum, wahrzunehmen, mit welcher Position zum Ball welche Platzierung am besten gelingt. Zur besseren Rückmeldung der eigenen Platzierung bieten sich Zielfelder (je nach Leistungsstand unterschiedliche Größe) an.  

Grafik zur 1. Übung
 

2. Übung:  VHT auf eine der beiden Ecken 

Spieler A: KA überall (LA in RH – frei)             Spieler B: Sch/F in ½ VH   
                 VHT in eine Ecke 
                                                        frei 

Auch diese Übung ist vom Prinzip her recht einfach, jedoch gibt es hier gleich eine Menge taktischer Aspekte zu bedenken, um sie sehr gut zu spielen. Nach welcher Aufschlagplatzierung ist welche Ecke besser anzuspielen (Eigenwahrnehmung) und nach welcher Aufschlagplatzierung ist welche Ecke erfolgreicher anzuspielen (Gegnerwahrnehmung)? Verbunden werden kann dies auch noch mit Wahrnehmungen in Verbindung mit der Art des Topspins und des Rückschlages - so wird die Anzahl der Aspekte schnell größer. Schneller Topspin oder langsamer Topspin in welche Ecke, Rotation, Flugkurve und welcher Topspin auf welchen Rückschlag kommen noch hinzu. Hier bietet es sich zur weiteren Verstärkung der Rückmeldungen an, die direkten Punktgewinne zu zählen, um so Relationen bilden zu können. Ein Beispiel: Von 30 Topspins habe ich zehnmal direkt gepunktet, davon achtmal in die Vorhand und zweimal in die Rückhand - ich habe aber in jede Ecke 15mal gezogen. Hier könnten dann auch die Aspekte mit einbezogen werden, wie oft der Punktgewinn nach welcher Platzierung im Ball nach dem Topspin gelang.          

Grafik zur 2. Übung
 

3. Übung: VHT auf Ellbogen/RH       

Spieler B : KA überall (LA in VH – frei)                       Spieler A: KR überall (LR in Mitte – frei)  
                  Sch in ½ VH                                                              T in RH/Mitte 
                                                               frei  

In dieser Übung ist das Ziel, den Gegner zu Entscheidungen mit geringem Unterschied zu zwingen. Der Topspin wird schwerpunktmäßig am besten genau in den Entscheidungspunkt gespielt. Damit sich der Gegner aber nicht zu früh auf eine Ballerwartung im mittleren Tischbereich konzentrieren kann und seine Position schon früh in Mitte mit Rückhand oder auch mit Vorhand einnimmt, hat der Spieler auch die Möglichkeit, seinen Vorhandtopspin in der Rückhand zu platzieren. Hier gilt es also, den Gegner genau zu beobachten und seinen Entscheidungspunkt im wahrscheinlichen Balltreffpunkt zu treffen. 

Grafik zur 3. Übung
 

4. Übung:  Platzierung des VHT in der Umsprungsituation      

Spieler A: KA in RH-Hälfte (LA in Ecken – frei)        Spieler B : Sch in ½ RH (KR – frei)
                 VHT überall 
                                                                   frei 

In dieser Übung liegt eine neue Situation vor. Der Spieler spielt nun seinen Vorhandtopspin nicht aus der Vorhandseite, sondern umläuft seine Rückhand und spielt nun Vorhandtopspin. Dies ist auch für die Platzierung seines Topspins eine völlig neue Situation. Zum einen kann er aus dieser Position andere Winkel spielen und kommt deutlich weiter über die Rückhandseite hinaus. Spielt er auf der anderen Seite von hier parallel, hat der Gegner deutlich weniger Zeit zur Reaktion mit der Vorhand. Aber wenn er reagiert, ist die Vorhandseite des Topspinspielers sehr weit offen. Dieser muss also abwägen: Kann ich mit dem Topspin direkt punkten, ist eine Platzierung über die Vorhand gut - gelingt dies aber nicht, ist sicher eine Platzierung über den Ellbogen oder die weite Rückhand für den nächsten Ball cleverer. 

Grafik zur 4. Übung

(Martin Adomeit)

Zum PDF-Dokument des Trainingstipps, einschließlich einer Legende zu allen Abkürzungen!

Die Übungen im Video:
Hier können Sie sich die Übungen in einem Video anschauen, das von unserem Partner Tischtennis Helden/Jannick Borschel (zusammen mit Michael Servaty, einem ehemaligen Zweitliga- und aktuellen Oberligaspieler) produziert wurde. Hier geht es zum gleichnamigen YouTube-Kanal der Tischtennis Helden!



Der Autor
Martin Adomeit war Nationaltrainer in vier verschiedenen Ländern (Deutschland, Luxemburg, Belgien und Nigeria) und gewann mit allen Nationen Medaillen bei Welt-, Europameisterschaften oder African Games. 1998 wurde er in Deutschland Trainer des Jahres. Jetzt arbeitet der 54-jährige Lippstädter als freiberuflicher Trainer. Er führt unter anderem Lehrgänge für Vereine, Bezirke oder Verbände durch, gibt Einzeltraining und betreibt einen TT-Shop. International betreute er beispielsweise Quadri Aruna beim World Cup in Düsseldorf. Zuletzt führte er Nigerias Männerteam zum Mannschaftstitel bei den All African Games und ist damit der erste Trainer, der auf verschiedenen Kontinenten Titel in kontinentalen Mannschaftswettbewerben gewonnen hat. 

Zu erreichen ist Martin Adomeit per Telefon unter 02941-273385 oder per Mail unter lippstadt@tt-store.de. Die Adresse der Webseite ist lippstadt.tt-store.de.

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