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Kilians Blog: Mein Blick auf die Saison

Akito Itagaki nutzte seine Chance, sich in der TTBL zu präsentieren (©TSV Bad Königshofen)

07.06.2022 - Am Wochenende steht das letzte, entscheidende Spiel der aktuellen TTBL-Saison auf dem Programm. Für Kilian Ort, dessen Team TSV Bad Königshofen es nicht in die Play-offs schaffte, ist die Spielzeit 2021/22 hingegen bereits beendet. Mit etwas Abstand schaut er auf die diesjährige Leistung seines Teams, auf herausragende Spieler anderer Mannschaften und natürlich auf das TTBL-Finale, in dem er ein Team leicht favorisiert sieht.

Während eines gemeinsamen Abendessens Ende August 2021 fragte der 15-jährige Akito Itagaki, der in der zweiten Mannschaft des TSV Bad Königshofen gemeldet ist, Olympiamedaillengewinner Bastian Steger, was denn sein Ziel für die kommende Saison sei. „Puh, die Liga ist noch einen Tick ausgeglichener geworden, weil sich einige Mannschaften clever verstärkt haben. Da müssen wir erst mal schauen, dass wir selbst nicht in Schwierigkeiten geraten“, fand Basti eine Antwort, die man so auch jedem Journalisten in sein Aufnahmegerät hätte sprechen können. Nach dem einen oder anderen Happen seiner Spätzle stellte Basti die Gegenfrage: „Aki, was ist denn dein Saisonziel?“ Mit funkelnden Augen erzählte unser Trainersohn, dass er sich vorgenommen hatte, in der kommenden Spielzeit sein Debüt in der TTBL zu feiern. 

Zweite Reihe ist gefordert

Dass es eine der Intentionen unseres Vereins ist, junge hungrige Spieler an das Profiniveau heranzuführen, ist unbestritten. Dass Akito letztendlich sogar viermal mit dem Erstligaemblem in der Box stand, hat sich in der Vereinsführung des TSV so aber wohl auch keiner erträumt. Gründe dafür waren neben den ‚klassischen‘ verletzungsbedingten Ausfällen, wie beispielsweise der Sprunggelenksblessur von Maksim Grebnev, der beim ‚Hüpfer‘ über eine Bande während des zweiten Feeder-Turniers in Düsseldorf unsanft landete, auch Covid-19-Infektionen sowie deren Nachwirkungen. Bastian Steger hatte nach seiner Erkrankung noch mehrere Wochen mit den Folgen zu kämpfen und selbstverständlich musste auch er nach seiner Ausfallzeit genauer auf seine Belastungssteuerung achten. Meine Wenigkeit dagegen wurde während der Turniere in Katar erstmals positiv getestet. So durfte ich mein Hotelzimmer intensiver als gedacht kennenlernen und musste meiner Mannschaft am Livestream die Daumen drücken, während die sich tapfer kämpfend in Ochsenhausen mit 1:3 geschlagen geben musste, wo Akito mit einem Zauberball ein Highlight der Saison setzen konnte. 

Dass wir bei den beschriebenen Problemen niemals in akuter Abstiegsgefahr schwebten, lag zum einen am guten Teamgeist und wohl auch an der Qualität der einzelnen Akteure, zum anderen aber auch daran, dass wir bei weitem nicht die Einzigen waren, die von Ausfällen geplagt waren. Ohne es genauer zu wissen, könnte ich mir vorstellen, dass insbesondere in Bad Homburg oder Grünwettersbach so mancher Funktionär die eine oder andere unruhige Nacht in den zurückliegenden Monaten verbracht hat. Das Gefühl, bei Krankheiten oder Verletzungen der eigenen Akteure nahezu hilflos zu sein, da man selbst kaum etwas dagegen tun und nur auf herausragende Arbeit des eigenen medizinischen Personals hoffen kann, ist – wie man mittlerweile sagt – sicher nicht vergnügungssteuerpflichtig. 

Cassin macht Eindruck

Unabhängig davon, mit welchem Klub man sympathisiert, dürfte es wohl jeder begrüßen, dass es am Ende der diesjährigen Spielzeit zumindest jeweils einen Auf- und Absteiger gibt. Der TTC OE Bad Homburg, der bei ständiger Anwesenheit aller Spieler eine realistische Chance auf den Klassenerhalt gehabt hätte, wird in der kommenden Saison mit seiner jungen Truppe in der zweiten Liga aufschlagen und dort den direkten Wiederaufstieg im Visier haben. Der 1. FSV Mainz 05, der sich verdientermaßen zum Zweitligameister küren konnte, wird versuchen, mit einem ähnlichen Konzept einen bleibenden Eindruck im Bundesligaoberhaus zu hinterlassen.

Apropos bleibender Eindruck: Den hat in der vergangenen Spielzeit neben den Spitzenspielern der beiden Topmannschaften aus Saarbrücken und Düsseldorf besonders Alexandre Cassin in seiner Premierensaison hinterlassen. Sein großes spielerisches Potenzial konnte man sich bereits in Jugendzeiten zu Gemüte führen, wo er mehrmals Europameister seiner Altersklasse wurde. Mich hatte es gewundert, dass er im Herrenbereich nicht schon früher so deutlich auf sich aufmerksam machen konnte, da er nahezu alles mitbringt, was im modernen Tischtennis von Nöten ist: beidseitig starke Schläge, ein gefährliches Aufschlag-Rückschlag-Spiel sowie extrem flinke Beine. Eine Bilanz von 20:5-Spielen spricht für sich und, auch wenn diese in der kommenden Saison nicht einfach zu bestätigen oder gar zu toppen sein wird, traue ich dem jungen Franzosen in Diensten der Maberzeller noch weitere Entwicklungssprünge zu. Neben den Fuldaern gelang auch den Mühlhäusern zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte der Sprung in die Play-offs. Ein 0:8- in ein 30:14-Punktekonto zu drehen, verdient höchsten Respekt und zeugt vom kühlen Kopf der thüringischen Mannschaft, obwohl Steffen Mengel nach dem verunglückten Saisonstart im DTTZ davon berichtete, dass das Wort „Abstieg“ am Kristanplatz in aller Munde sei. Daran erkennt man mal wieder, wie nahe Freud und Leid im Sport beieinander liegen. 

Wer gewinnt: Düsseldorf oder Saarbrücken?

Dass Fulda und Mühlhausen nach jeweils starken Spielzeiten dennoch nicht ins Play-off-Finale einzogen, lag an der Dominanz der Borussia aus Düsseldorf und des 1. FC Saarbrücken TT. Die mit Abstand stärksten Teams, die sich bereits im Pokalfinale und im Champions-League-(Halb)finale duellierten, werden am 11. Juni in Frankfurt erneut die Klingen kreuzen. Sofern alle Spieler einsatzbereit und gut vorbereitet sind, sollten die Düsseldorfer, die sich wahrscheinlich den Luxus erlauben können, den Doppelweltmeister auf die Bank zu setzen, objektiv gesehen der leichte Favorit sein. Der Tatsache, dass es neben der Tagesform wie immer auch darauf ankommen wird, wer gegen wen spielen wird, sind sich die beiden Coaches Danny Heister und Wang Zhi selbstverständlich bewusst. Sollte es die Begegnung Boll vs. Franziska geben, wird der Saarbrücker Trainer sicherlich zufriedener als sein niederländischer Kontrahent vom Schiedsrichterpult zurückkehren, der nach den vielen Titeln im vergangenen Jahrzehnt die Auszeichnung zum Trainer des Jahres sicherlich auch einmal verdient hätte. 

Auch wenn die Rheinländer aufstellungstechnisch mehr Möglichkeiten besitzen, wird Danny Heister in einem TTBL-Finale höchstwahrscheinlich keine großen Experimente eingehen. Mit Dang Qiu, Timo Boll, Kristian Karlsson und Anton Källberg hat die Borussia nun mal vier absolute Topleute in ihren Reihen, die in fast allen anderen Teams regelmäßig die Spitzenposition bekleiden würden. Nichtsdestotrotz haben die Saarländer im Pokalfinale bereits bewiesen, dass sie den Branchenprimus knacken können, weshalb in der Frankfurter Ballsporthalle neben hochklassigen Ballwechseln auch mit spannenden Partien zu rechnen sein wird. 

Verdiente Durchschnaufpause

Alle anderen Vereine – vor allem deren Staff – werden nun auch erst mal froh sein, durchschnaufen zu können. Das Organisieren und Ausrichten von TTBL-Heimspielen bedarf des ehrenamtlichen Engagements vieler, die bei einem Saisonplan, der aufgrund der internationalen Events Regelmäßigkeit vermissen lässt, trotz ihres großen Einsatzwillens hier und da an ihre körperlichen und geistigen Grenzen stoßen. Deshalb möchte ich mich aufs Herzlichste bei all denen bedanken, die auf freiwilliger Basis mit anpacken. 

Nun bleibt zu hoffen, – auch wenn unser Tischtennisfreund und Gesundheitsminister Karl Lauterbach bereits warnt – dass die kommende kalte Jahreszeit möglichst wenige Erkrankte und Restriktionen mit sich bringen wird. Die Hygienebeauftragten der zwölf TTBL-Vereine würden sich sicher freuen. Denn besonders sie konnten sich in der letzten Saison über zu wenig Arbeit nicht beklagen. 

(Kilian Ort)

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