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Janinas Blog: WM oder nicht WM in China?

2018 wurden in Halmstad zuletzt Team-Weltmeister gekürt (©ITTF)

16.05.2022 - Sage und schreibe vier Jahre ist es her, dass in Halmstad zuletzt Tischtennis-Teamweltmeister gekrönt wurden. Danach machte die Corona-Pandemie den Plänen der ITTF einen Strich durch die Rechnung. Nachdem die Team-WM 2022 in China bereits vom April in den September verschoben wurde, hat myTischtennis.de-Redakteurin Janina Schäbitz Grund zur Sorge, dass die WM auch dann nicht stattfinden wird - und das, obwohl Corona andernorts keine Hürde mehr wäre.

Ob in Deutschland oder in vielen anderen Ländern auf der Welt: Aktuell spielt die Corona-Pandemie keine große Rolle mehr im Alltag vieler Menschen, auch wenn die Sieben-Tage-Inzidenz hierzulande immer noch über 400 liegt. Lockdowns liegen gefühlt in ferner Vergangenheit, man trifft sich wieder zum Sport in der Halle und selbst Diskotheken haben wieder geöffnet. Meldungen aus China über Millionenstädte im wochenlangen Lockdown oder riesige Quarantänelager für positiv Getestete kommen einem da schon fast surreal vor. Doch in China fährt man einen anderen Kurs, hier verfolgt man eine strenge Null-Covid-Strategie, die unter anderem dazu führt, dass Millionen Menschen zum Beispiel in Shanghai ihre Häuser nicht mehr verlassen dürfen und die Zahl Aus- und Einreisender reduziert werden soll. Wie soll unter solchen Voraussetzungen im September eine Tischtennis-WM stattfinden?

Viele Sportevents wurden bereits verschoben

Auf der einen Seite spricht manches dafür, dass die ITTF gute Chancen hat, ihre WM im Spätsommer in Chengdu durchführen zu können. Mit den Olympischen Winterspielen in Peking konnte Ende Februar eine sportliche Großveranstaltung in China erfolgreich abgeschlossen werden, die vielen Beteiligten zwar einiges abverlangt hat, aber zumindest gezeigt hat, dass ein solches Event auch als geschlossene ‚Bubble‘ in Coronazeiten möglich ist. Zudem wurden zum Beispiel in Shanghai bereits Lockerungen in Aussicht gestellt, die womöglich Hoffnung machen, dass sich die Situation langsam zum Guten wendet und bis September im Griff ist - zumal China ja auch ein riesiges Land ist, wo sich die Lage im einen Landesteil nicht unbedingt auf die anderen übertragen lässt. Außerdem ist die Tischtennis-WM natürlich ein großes Event, allerdings nicht mit Multi-Sport-Veranstaltungen wie den Olympischen Spielen vergleichbar. Und so berichtet das Portal Insidethegames.biz auch tatsächlich, dass die Vorbereitungen für die Tischtennis-WM laut ITTF weiterhin wie geplant fortgeführt werden.

Auf der anderen Seite liegen einige Argumente, die eher dafür sprechen, dass die Team-WM in Chengdu noch ein weiteres Mal verschoben werden muss, nachdem der ursprüngliche Termin im April schon nicht gehalten werden konnte. So wurden in den vergangenen Wochen etwa einige Verschiebungen von internationalen Sportevents bekannt, die zum Teil in derselben Stadt wie die Tischtennis-WM, also in Chengdu, stattfinden sollten. Anfang des Monats wurden die Asienspiele in Hangzhou und die Welt-Hochschulspiele in Chengdu auf nächstes Jahr verlegt, und auch zwei Events der Diamond League der Leichtathletik in Shanghai und Shenzhen sowie zwei internationale Triathlon-Wettbewerbe in Chengdu und Weihai können nicht wie geplant stattfinden. Zuletzt wurde am Wochenende bekanntgegeben, dass die asiatischen Fußballmeisterschaften, die erst für Juni und Juli 2023 angesetzt waren, verlegt werden. Wieso sollte dann an der Tischtennis-WM festgehalten werden?

Erschwerte Reise

Zumal die Bedingungen, nach China zu reisen, aktuell nicht gerade günstig sind, um das mal nett auszudrücken. Die Bestimmungen bezüglich der Einreise, der erforderlichen Nachweise und Quarantäneregeln, die auf der Webseite des Auswärtigen Amts aufgelistet sind, umfassen gerade fast fünf DIN A4-Seiten. Zudem liegen die günstigsten Flüge zwischen Frankfurt und Chengdu aktuell bei knapp 1.400 Euro, was man sich auch erst einmal leisten können muss. Insgesamt erscheint es einem recht verquer, dass man Hunderte Sportler, Funktionäre, Journalisten - und damit potenzielle Virusüberträger - aus aller Herren Länder ins Land lassen möchte, wenn man doch mit allen Mitteln versucht, die Verbreitung von Covid-19 im Keim zu ersticken.

Und so überrascht es mich, dass die ITTF und die chinesischen Organisatoren offenbar weiterhin an der Austragung der WM festhalten. Gerade nach den Absagen der vielen anderen Sportevents in China fällt mir kein Grund ein, warum die Sache im Tischtennis anders liegen sollte (ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren). Also rechne ich über kurz oder lang mit der Absage oder einer erneuten Verschiebung. Für die Sportler und die ITTF wäre das bitter, weil eine Ausrichtung andernorts, wo keine Null-Covid-Strategie verfolgt wird, inzwischen ohne langes Zögern ermöglicht würde. Bestes Beispiel ist da die Individual-WM in Houston, die Ende 2021 hat stattfinden können. Ob eine Team-WM in China unter den genannten Umständen, bzw. unter den Bedingungen, die auch bei den Olympischen Winterspielen galten, eine freudige Angelegenheit wäre, ist allerdings fraglich - auch wenn ich nach Suzhou 2015 große Lust hätte, noch einmal eine WM im Mutterland des Tischtennis zu erleben. Egal, wie die Entscheidung ausfällt, ich hoffe für alle Beteiligten und vor allem für die Sportler, dass sie schnell getroffen wird und dann bald Klarheit herrscht.

(JS)

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