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Fabians EM-Blog: Ein wichtiges Signal für die Zukunft

Starkes Team aus jungen Spielerinnen: Tischtennis-Deutschland ist bereit für einen baldigen Generationenwechsel. (©ETTU)

04.10.2021 - Die 40. Team-Europameisterschaft im rumänischen Cluj-Napoca endete mit zwei Goldmedaillen für Deutschland. Ein großer Triumph, wenn man bedenkt, wer in den DTTB-Teams alles nicht dabei war. Für myTischtennis-Redakteur Fabian Kleintges-Topoll war es der erste kontinentale Titelkampf auf der Pressetribüne. Nach einem für ihn besonderen Erlebnis blickt der 25-Jährige auf das sportliche Abschneiden der Deutschen zurück und zieht seine persönliche Bilanz.

Das war sie also, meine erste EM als Tischtennis-Journalist. Zwei Jahre habe ich während meines Volontariats auf diesen Moment hin gefiebert. Sechs lange und spannende Turniertage liegen nun hinter mir. So anstrengend sie auch waren, so dienten sie auch als wichtige Erfahrung für mein weiteres Berufsleben. Ich muss zugeben, als der Wecker am Montagmorgen um 5 Uhr nach wenigen Stunden Schlaf klingelte und mich das Taxi wenig später übermüdet abholte, dachte ich zunächst, ich wäre im falschen Film. Auch Benedikt Duda gab am Flughafen zu, die Rückreise „absolut unausgeschlafen“ anzutreten. Gut gelaunt und entspannt liefen die DTTB-Teams Richtung Flieger, der um 7.30 Uhr Richtung Frankfurt abhob. Meine Maschine nach Dortmund sollte eine halbe Stunde später in die Luft steigen. Die Zeit bis zum Boarding konnte ich optimal mit dem Verfassen meines zweiten EM-Blogs füllen.

Lokalmatadorinnen geschockt – Winter und Mittelham mit Führungsqualitäten

Im Wartebereich vor dem Gate tummelten sich unzählige weitere internationale EM-Stars, darunter auch die ehemaligen Weltmeister Jörgen Persson und Steffen „Speedy“ Fetzner, die allesamt früh aus den Federn mussten. Daniela Monteiro Dodean stand in der Check-In-Schlange vor mir. Ihr war die Enttäuschung nach der überraschenden Niederlage im Damen-Finale gegen Deutschland auch am Tag danach immer noch anzumerken. Immerhin hatte sie ein leichtes Grinsen übrig, als sie meinen myTT-Pullover erkannte. Vielleicht waren sich die so erfahrenen, fünffachen Champions aus Rumänien letztlich einfach zu sicher, gegen ein nicht topbesetztes deutsches Team ihren Titel vor dem stimmungsvollen Gastgeberpublikum in der BT-Arena locker zu verteidigen. Doch die Mannschaft von Neu-Bundestrainerin Tamara Boros machte den Lokalmatadorinnen einen ordentlichen Strich durch die Rechnung.

Das in kurzer Zeit viel zitierte „Wunder von Cluj“ haben wahrlich nicht viele für möglich gehalten, auch ich nicht. Für die Rumäninnen bedeutete der zweite Platz einen herben Rückschlag. Zumal die Top-Spielerinnen unseres Landes (Shan Xiaona, Han Ying und Petrissa Solja) gar nicht erst mit nach Osteuropa reisten. Zumindest sportlich wurden sie nicht vermisst. Zu verdanken war das auch einer mental bärenstarken Kapitänin Nina Mittelham, die im Turnierverlauf immer besser mit der Führungsrolle im DTTB-Damen-Quartett zurechtkam. Auch Sabine Winter war schon oft bei einer EM dabei. So sehr im Rampenlicht wie diesmal stand die mit 29 Jahren älteste deutsche Spielerin im Aufgebot zuvor nie. Und trotzdem packte die unbeeindruckte, extrem rückhandstarke Bundesligaspielerin aus Schwabhausen ihr bestes Tischtennis aus. Hut ab! Verständlich, dass Winter danach von einem für sie ganz besonderen EM-Titel sprach.

Starker Teamgeist und ein Hoch auf die Jugend

Zur tragenden Figur wurde auch Chantal Mantz, die sich schon länger im Formhoch befindet und dieses auch an Position drei eindrucksvoll bestätigte. Mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren zeigten es die Deutschen der Konkurrenz. Oft sind es Floskeln, wenn Trainer bei einem Turnier vom ausgeprägten Teamgeist reden. Diesmal war es aber nicht einfach nur so daher gesagt. Die mannschaftliche Geschlossenheit war sicherlich einer der Gründe, warum es am Ende zum umjubelten Doppel-Gold reichte. Auch bei den Herren ging auf der Bank jeder mit, die Ersatzmänner Ruwen Filus und Kay Stumper mit inbegriffen. Benedikt Duda und Dang Qiu konnten einen weiteren wichtigen Schritt in ihrer Entwicklung gehen. Jörg Roßkopf war angetan von der Leistung seines Teams.

Was für mich ebenfalls hängen bleibt, sind die starken Auftritte der Youngsters. Ob die im Schnitt 16 Jahre alten Teenager aus den Niederlanden, die motivierten Vize-Europameister aus Russland mit dem TTBL-Trio Maksim Grebnev, Lev Katsman und Vladimir Sidorenko, Frankreichs Halbfinalteilnehmerin und Talent Prithika Pavade oder unsere deutschen Nachwuchsasse Kay Stumper und Annett Kaufmann. Sie alle nutzten die große Bühne als Sprungbrett. Anders als Kaufmann blieb Stumper jedoch auch in der Vorrunde nur der Reservistenstatus. Allerdings schon mal in einen europäischen Erwachsenen-Wettkampf hereinzuschnuppern und das internationale Flair aufzusaugen, war für den 18-Jährigen trotzdem eine ungemein wichtige Erfahrung! Und Annett Kaufmann hätte es sich noch vor wenigen Monaten kaum erträumen lassen können, dass sie sich mit 15 Jahren schon beweisen darf und sogar ein EM-Vorrunden-Einzel für sich entscheiden würde. Tamara Boros kennt ihre Jüngste schon aus Kindertagen. Dass sie künftig weiter auf sie setzen wird, gilt als wahrscheinlich und ist definitiv der richtige Weg.

DTTB bereit für Generationenwechsel – Rest Europas ist gewarnt

Die vermeintliche zweite Reihe hat es also allen gezeigt. Diese Erkenntnis brachte uns die EM in Cluj. Die erste wird sie so schnell zwar nicht in den Schatten stellen, aufdrängen konnten sich die mutigen DTTB-Spielerinnen und -Spieler dennoch. Das deutsche Ergebnis in Rumänien ist ein wichtiges Signal für die Zukunft, so viel steht fest. Denn ewig werden Timo Boll (40), Han Ying oder Shan Xiaona (beide 38) nicht mehr auf Top-Niveau spielen. Die Akteure dahinter stehen schon jetzt bereit. Das ist ein gutes Zeichen. Der Generationswechsel wird kommen, irgendwann. Darauf ist Tischtennis-Deutschland bestens vorbereitet. Und der DTTB kann besser früh genug damit anfangen, ihn einzuleiten. 

Doch so sehr man sich aus deutscher Sicht freuen konnte, so groß ist die Warnung auch an die anderen Tischtennis-Nationen in Europa, für die der Sieg der Deutschen zugleich eine herbe Niederlage sein sollte. Der Spannungsfaktor stieg zwar durch den einen oder anderen fehlenden Top-Star. Bei all den unvorhergesehenen Favoritenstürzen (Schweden, Portugal usw.) kam man mit dem Schreiben fast gar nicht mehr hinterher. Es war eben auch die EM der großen Überraschungen! Und damit eine, die ich aufgrund meiner Premiere wohl nie vergessen werde.

(FKT)

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