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Daniels Blog: Zum Warmspielen in die virtuelle Realität

Ein Multiplayer-Match in Eleven Table Tennis VR (©Eleven Table Tennis VR/Koch)

07.12.2020 - Seit zweieinhalb Jahren ist Redakteur Daniel Koch hin und wieder in der virtuellen Realität unterwegs und macht da, was er auch im realen Leben ganz gerne tut: Tischtennis spielen. Da durch den Lockdown ohnehin gerade, zumindest in NRW, Tischtennis in der Halle fast ausgeschlossen ist, nimmt er sich das Thema "VR-Tischtennis" anhand des Spiels "Eleven Table Tennis VR" in seinem Blog vor und erklärt aus seiner Sicht, was dort möglich ist.

„Virtual Reality ist dir so lange egal, bis du das Ganze ausprobiert hast“. So in etwa lautet der erste Satz in einem Artikel zur virtuellen Realität in einem großen deutschen Computerspielmagazin und ich finde ihn passend auch für meinen Einstieg. Dass dieses Magazin über virtuelle Realität berichtet, ist keine Selbstverständlichkeit, denn selbst unter Computerspielern wird "VR" meines Wissens nach immer noch mit Argwohn betrachtet. Doch wer einmal in sie eingetaucht ist, ist meist angefixt davon, wie realistisch sich vieles anfühlt. Genauso erging es mir, als ich vor mehr als vier Jahren zum ersten Mal eine VR-Brille trug. Damals wusste ich: So ein Ding will ich auch mal haben! Bis es soweit war, vergingen noch gut eineinhalb Jahre. Denn ich musste zuerst in einen neuen Computer investieren – dem wird bzw. wurde für damalige Verhältnisse nämlich eine ganze Menge abverlangt – und dann erst in die VR-Brille selbst, eine Oculus Rift. Wenn man also nicht zur günstigeren Playstation-Version tendierte, konnten zu der Zeit schon einmal gerne über 1.000 Euro für die Komplettausstattung fällig werden. 

Dass sich die Anschaffung definitiv gelohnt hatte, merkte ich, als ich zum ersten Mal Eleven Table Tennis VR spielte – um dieses Spiel soll es in diesem Blog gehen. Unter den Tischtennisspielen für VR-Brillen ist es das am besten bewertete und nimmt mit ca. 4,5 von 5 Sternen auch unter allen anderen VR-Spielen einen der vorderen Plätze ein. Und den hat es sich auch verdient. Warum? Selbst für mich als Tischtennisspieler im realen Leben – mit 1.429 TTR-Punkten auf zugegebenermaßen überschaubarem Niveau – fühlt sich Eleven Table Tennis VR realistisch an, deutlich realistischer, als ich es vor dem ersten Spielen erwartet hätte, obwohl ich die virtuelle Realität da schon ganz gut kannte und ihr viel zuzutrauen ist. Einiges macht hier das „haptische Feedback“ aus, das einem durch kurze Vibration des Touch-Controllers eine Rückmeldung gibt, wenn man den Ball mit dem Schläger trifft. 

Meine Meinung: Durch realistische Rotation näher an TT als z. B. Clickball
Doch was viel entscheidender ist: Insbesondere den Faktor Rotation bildet das Spiel sehr gut ab. Überschnitt-, Unterschnitt- und Seitschnittbälle können bei Eleven Table Tennis VR mit sämtlichen Zwischenvarianten auf realistische Art und Weise gespielt werden. Mit realistisch würde ich nach meinen persönlichen Erfahrungen beziffern, dass das Spiel zu 80 oder noch mehr Prozent an die Realität heranreicht (falls ein eine konkrete Bezifferung überhaupt sinnvoll erscheint). Häufig bewegt sich der Ball so, wie man es auch in der Realität erwarten würde: Einen Unterschnittball kann man bei Eleven Table Tennis VR in den allermeisten Fällen auch nicht einfach kontern, sondern muss zumindest leicht über den Ball gehen oder eben einen Unterschnittball zurückspielen. Nach meinem Empfinden ist es sogar schwieriger, in Eleven Table Tennis VR einen Topspin auf einen Unterschnittball zu spielen, hier muss man den Ball häufig an einer recht hohen Stelle treffen, damit er über das Netz geht (siehe zweites Video). Einen Stip-Aufschlag z. B. nimmt man bei Eleven Table Tennis VR so an, wie man es in der Realität auch gewohnt wäre. Trifft man den Ball nur sehr ‚dünn’, streift man ihn also eher, so erzeugt man auch in der virtuellen Realität mehr Schnitt. Für mich ist Eleven Table Tennis VR daher sogar – zumindest hinsichtlich des Faktors Rotation, nicht jedoch natürlich bezogen auf die (eingeschränkte) Beinarbeit – noch ein wenig näher an Tischtennis dran als z. B. Clickball, auch wenn ich diese Tischtennisvariante bisher erst ca. zwei Stunden in  meinem Leben gespielt habe (und ebenfalls sehr mochte!). 

D. h. natürlich nicht, dass es, wie oben schon angedeutet, nicht auch Momente gibt, in denen man ein anderes Ballverhalten erwarten würde. Doch diese Momente halten sich bei Eleven Table Tennis VR in Grenzen. Das Ganze fühlt sich eher so an, als ob man mit einem anderen Schläger als dem eigenen für ein normales Tischtennismatch an der ‚Platte’ steht. An die geringen Unterschiede zum Spiel in der Realität gewöhnt man sich als Tischtennisspieler intuitiv schnell, merkt also bald, welche Schläge wie möglich sind und welche nicht. Erleichtert wird dies dadurch, dass sich die Eigenschaften des Schlägers in Eleven Table Tennis VR recht fein einstellen lassen anhand von Reglern im Menü. Eben so, als ob man sich entscheidet, wie viel Tempo, wie viel Rotation und wie viel Kontrolle der eigene Belag in der Realität denn bitte haben soll (siehe erstes Video). 

Effekte auf die eigene Spielweise im realen Leben?
Mir erscheint das Spielen in der virtuellen Realität sogar so real, dass ich es in der Vergangenheit hin und wieder ‚missbraucht’ habe, um vor Punktspielen schon vorab ein paar Bälle zu spielen – in dem Wissen, dass in der Halle, gerade bei Auswärtsspielen (Sechser-Paarkreuzsystem), wohl wieder nur zehn, bestenfalls 15 Minuten an Einspielzeit herausspringen würden. Zwar fehlte fühlte sich mein Schläger in der Realität dann etwas schwerer an, seinen Zweck verfehlte das Ganze aber so gut wie: Als jemand, der immer sehr lange braucht, um warmgespielt zu sein, hatte ich schon vor dem ersten Ball in der Halle durch die Einheit in der virtuellen Realität mehr Ballgefühl als normalerweise vor den ersten, meist sehr zähen Schlägen.

Unter dem Strich würde ich soweit gehen, zu behaupten, dass Spieler, gerade im Hobbybereich oder sogar unteren Vereinssport durchaus ihre Fertigkeiten mit Eleven Table Tennis VR verbessern können – vor allem, wie angesprochen, hinsichtlich des Faktors Rotation. Ähnliches hat auch eine Studie an der Universität South Australia herausgefunden. Auch ich selbst hätte Lust, das Ganze im, neben der Arbeit begonnenen Sportstudium einmal selbst mit Probanden (z. B. Studenten, die Tischtennis innerhalb kurzer Zeit erlernen müssen) zu erforschen, wenn sich dazu irgendwie die Möglichkeit ergeben sollte... 

In meinem Fall zumindest denke ich, dass sich durchaus ein wenig meine Reaktionsfähigkeit verbessert hat. Auch durch den Umstand, dass man den Ball nach der Ausholbewegung des Gegners bei Online-Matches gegen weiter entfernte Spieler z. B. aus Asien bei bescheidenen Internetverbindungen durch die Verzögerung manchmal erst sieht, wenn er auf der eigenen Tischhälfte aufkommt und dann natürlich schnell reagieren muss. Dennoch wird sich der ein oder andere fragen: Kann die 'Spielerei' in der virtuellen Realität nicht auch negative Auswirkungen auf das eigene Spiel in der Realität haben? Eine gesicherte Aussage dazu kann ich noch nicht treffen. In meinem Fall ist es so, dass man Schläge von einer ‚Realität’ in gewissem Maße vielleicht schon in die andere übernimmt, sich an das Spiel in der Realität bzw. virtuellen Realität aber nach wenigen Minuten wieder anpasst. Dennoch habe ich z. B. bei Eleven Table Tennis VR gute Erfahrungen mit einem einfachen schnellen Rollaufschlag gemacht. Diesen spiele ich nun auch in der Realität häufiger als 'Überraschungsaufschlag'. Auch auf Winkelspiel habe ich früher beim Tischtennis nie so geachtet. Da das Spielen eines guten Winkels in der virtuellen Realität einen Vorteil bringt, weil viele nicht viel Platz zu den Seiten in ihren Räumen haben, kommt es dort häufig vor und auch in der Realität habe ich das ein wenig übernommen.  

Fazit: Tolle Ergänzung zu realem Tischtennis
Wie ihr im Verlaufe des Blogs gemerkt habt, bin ich ein großer Fan von Tischtennis in der virtuellen Realität, zumindest von Eleven Table Tennis VR. Racket Fury, das wohl zweitbeste Tischtennisspiel in der virtuellen Realität habe ich noch nicht gespielt, mir aber von passionierten Spielern beider Spiele sagen lassen, dass es nicht an Eleven Table Tennis VR heranreicht. Mich freut, dass – vielleicht den Lockdowns geschuldet – immer mehr Registrierte bei Eleven Table Tennis VR auftauchen, knapp 125.000 inzwischen. Und dass darunter auch immer mehr (Vereins-)Tischtennisspieler sind und das Niveau dadurch steigt. Dennoch kann man als durchschnittlicher Tischtennisspieler bei Eleven Table Tennis VR eine sehr gute Figur machen. Vor einem größeren Update im Jahr 2020, das die Ranglistenpunkte auf Null setzte, fand ich mich mit knapp 1.000 Ranglistenpunkten zwischenzeitlich sogar mal in den Top 20 ‚der Welt’ wieder. Das Ranglistensystem in Eleven Table Tennis VR basiert im Übrigen ähnlich wie der TTR-Wert auf einer Elo-Zahl. Nach dem Update habe ich mir wieder knapp über 800 Punkte erspielt und darf damit demächst in der ersten der vier deutschen 'Ligen' starten (zur deutschen Eleven-TT-Facebookgruppe), die es seit diesem März gibt. Mein Fazit lautet also: Das Spielen in der virtuellen Realität, insbesondere in Eleven Table Tennis VR, macht eine Menge Spaß und ist eine tolle Ergänzung zu dem, was sich in der Halle in der Realität abspielt – weil es eben der Realität sehr nahe kommt. Ich traue VR-Tischtennis sogar zu, dass es selbst im Leistungssportbereich schon in den nächsten 10 bis 20 Jahren in irgendeiner Form (z. B. im Reaktionstraining) als ergänzende Trainingsmethode eingesetzt werden könnte...

Hier ein Video zu allgemeinen Funktionen von Eleven Table Tennis VR:



Hier ein Video mit einem Multiplayer-Match (zwei Gewinnsätze):



Haben Sie schon einmal Tischtennis in der virtuellen Realität ausprobiert? Berichten Sie gerne von Ihren Erfahrungen!

(DK)

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