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Lennarts Blog: Alles anders nach der langen Pause?

Wie wird Tischtennis in der Post-Corona-Zeit aussehen? (©Roscher)

11.05.2021 - Mit sinkenden Inzidenzen und einer steigenden Zahl von Geimpften keimen hierzulande Hoffnungen auf eine Rückkehr in die Halle auf. Doch wie wird diese Rückkehr im Tischtennis aussehen? Welche Auswirkungen hatte die tischtennisfreie Zeit auf die Tischtennis-Community? In seinem Blog geht Lennart Wehking auf genau diese Fragen ein und wirft dabei einen Blick sowohl auf den Amateur- als auch auf den Profisport.

Das Geklicker kann wieder losgehen?! Gestern verkündete der Bayerische Tischtennis-Verband auf seinen sozialen Kanälen: Ab sofort darf wieder trainiert werden – vorausgesetzt, dass die lokale Inzidenz unter 100 liegt, ein Hygiene- und Lüftungskonzept vorliegt und die Trainierenden, die noch nicht geimpft wurden, getestet werden. In der Hoffnung, dass der aktuelle Abwärtstrend bei den Neuinfektionen anhält, darf man auch wieder von einem deutschlandweiten Restart träumen. Mit der Aufhebung der Bundesnotbremse vielerorts wird die Rückkehr an die Tische für die Vereinsmitglieder real. Während der eine erstmal den Schläger suchen muss, ist die andere schon seit einigen Wochen regelmäßig aktiv. Der Flickenteppich an Corona-Verordnungen sorgt für völlig ungleiche Bedingungen bei der Rückkehr an die Tische. Kurz vor den Sommerferien wird die Idee der Wiederbelebung der Tischtennisszene scheinbar konkret – ein guter Zeitpunkt, um einmal mögliche Szenarien der Post-Corona-Zeit durchzuspielen und die Frage zu stellen: Welche Auswirkungen hatte die pandemiebedingt tischtennisfreie Epoche auf die Leistungsfähigkeit der Tischtennis-Community? 

Profis mit Wettkämpfen versus Profis ohne Wettkämpfe
Die erste Analyse gilt dem Topsport: Mitglieder der Bundes- und Landeskader durften in weiten Teilen des Landes nahezu durchtrainieren. Die Profis der ersten Liga bei den Damen und Herren spielten sogar ihre Saison zu Ende und stehen demnach auch wettkampfmäßig voll im Saft. Die absolute Spitze durfte sich bei den ersten Stationen der neuen WTT-Serie messen und konnte internationales Wettkampfflair aufsaugen. Die deutschen Olympiateams trotzten dabei der Schwierigkeit, monatelang nicht zu wissen, ob das Zielevent in Tokyo stattfinden würde oder nicht. Seit einigen Wochen steht fest, dass die Spiele stattfinden sollen. Weniger internationale Vergleiche gab es vor einer olympischen Veranstaltung wohl kaum, sodass auch in Japan mit einigen Überraschungen zu rechnen ist. Schon bei den letzten Qualifikationswettkämpfen wirbelten einige Außenseiter die Szene durch, beispielsweise die junge Französin Pavade präsentierte sich stark verbessert und lieferte einen Beweis für die sprunghafte Leistungskurve einiger vor allem junger Profis in der Coronazeit. Die wenigen Veranstaltungen zeigten auf: Es wird spannend zu beobachten sein, wer die lange Trainingsphase wie (gut) nutzen konnte. Die gleiche Fragestellung ploppt auf beim Blick auf die deutschen Jungprofis aus der zweiten Reihe. Mehrheitlich als Zweitligaspielerinnen und –spieler oder reine Reservisten in den Bundesligateams startend, hatten sie keinerlei Möglichkeiten, ihr Niveau in einem offiziellen Wettkampf zu testen. Dennoch haben die Düsseldorf-Masters einen kleinen Einblick gewährt, mit wem in der kommenden Saison zu rechnen ist. Gerade Cedric Meissner und Kay Stumper aus dem U23-Kader des DTTB konnten sich bei den letzten Sonntagsturnieren ins Rampenlicht spielen und mit Siegen über arrivierte internationale Größen für Schlagzeilen sorgen. Bei den Damen hat Annett Kaufmann ihr enormes Talent mit mehreren Siegen in der Bundesliga untermauern können und wird wahrscheinlich nach der Coronapause weiter mit großen Sprüngen die Damen-Nationalmannschaft anvisieren. Ganz schwer einzuschätzen ist das Niveau der vielen nicht-deutschen Tischtennisprofis, die sich vornehmlich in den ersten drei deutschen Ligen um Punkte streiten. Wer hatte die Möglichkeit, durchzutrainieren? Wer konnte die Motivation hochhalten? Mit Überraschungen darf bei Saisonstart mehr denn je gerechnet werden! 

Amateurszene ebenfalls mit ungleichen Startbedingungen
Und wie wird die Rückkehr der Basis aussehen? Diese Frage ist mindestens genauso spannend. Angenommen, die Saison kann wie erhofft in einigen Monaten generell starten, sind Leistungsverschiebungen und Niveausprünge in der Amateurszene ebenfalls zu erwarten. Viel hängt davon ab, wie die Vereinsspielerinnen und Vereinsspieler die Vorbereitung auf die neue Saison nutzen. Oder besser: ab wann sie diese wirklich nutzen können. So sind unübliche Leistungsschwankungen beim Saisonstart im Spätsommer vorhersehbar, die sich wahrscheinlich erst zur Rückserie wieder normalisieren. Ich bin mir sicher, dass einige Tischtennisbegeisterte jede Möglichkeit genutzt haben, um einige Ballwechsel zu zelebrieren – ob im Keller, auf der Steinplatte oder dem Dachboden. Eine kleine Minderheit durfte sogar in 1:1-Situationen offiziell trainieren - einer weicheren Coronaverordnung wie zum Beispiel in Niedersachsen sei Dank. Haben sie dadurch ihre traditionellen Klub- oder Regionskontrahenten abgehängt? Oder reicht der Griff zum Schläger nach dem Sommerurlaub, und nach zwei Einheiten sind die Verhältnisse wieder hergestellt? 

Alles anders nach der langen Pause?
Viele werden in die Post-Corona-Zeit mit der maximalen Motivation für das Training am Tisch starten. Vielleicht macht es aber dieses Jahr einmal Sinn, die allgemeine Fitness zu betrachten? Fragen über Fragen nach der für mich längsten TT-Pause überhaupt: Wer wird die lange Unterbrechung nutzen, um endlich ein neues Spielsystem zu verwirklichen? Zum ersten Training endlich mal das neue Holz testen, einen anderen Belag aufspannen? Der Wiedereinstieg bietet in meinen Augen echte Chancen: mental bei null zu starten, um technische Mängel konkret anzugehen, sich endgültig mit dem neuen Ball und dessen Auswirkungen auf den Tischtennissport und das eigene Spiel auseinanderzusetzen. Eine Wirkung auf den Wiedereinstieg könnte mit Sicherheit der ins Leben gerufene präsaisonale Wettbewerb Sommer-Team-Cup haben. In seiner Wohlfühl-Mannschaft kann man hier langsam den Rhythmus aufnehmen für die wohl spannendste Saison seit langem!

(Lennart Wehking)

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