Buntes

Flemming: "Das ist schon ein verrückter Haufen"

Nach dem gewonnenen Finale gegen Jimmy Butler erhielt Flemming einen weltmeisterlichen Gürtel (©privat/TT Planet)

18.08.2022 - Alexander Flemming ist nicht nur Zweitligaspieler beim TV Hiltpoltstein, sondern auch so etwas wie die Ikone des deutschen Alternativ-Tischtennis. Als dreifacher Clickball-Vizeweltmeister und amtierender Masters-Sieger trat er vor wenigen Wochen bei der „Classic Hardbat World Championship“ in Houston an und holte den Titel. Im Interview erzählt „The Flash“, wie man sich die Veranstaltung vorstellen muss und was ihn an den Tischtennisalternativen reizt.

myTischtennis.de: Im Clickball hast du schon einige Medaillen und Titel abgeräumt, nun bist du auch noch Hardbat-Weltmeister. Wie kam es, dass du an der WM in Houston teilgenommen hast? War es dein erstes Hardbat-Turnier?

Alexander Flemming: Ja, das war es. Der Veranstalter hatte auch gute Sandpapierspieler dabei haben wollen und unter anderem bei mir nachgefragt. Und ich hatte Lust, es auszuprobieren. Die Hardbat-WM wird seit letztem Jahr veranstaltet, aber es gibt in den USA wohl schon seit 1978 regelmäßig Hardbat-Turniere auf nationaler und regionaler Ebene.

myTischtennis.de: Mit dem Sandpapierschläger bist du ja schon bestens vertraut. Wie unterscheiden sich dessen Spieleigenschaften von einem ‚Hardbat‘?

Alexander Flemming: Beim Hardbat spielt man mit Kurznoppen außen ohne Schwamm. Die Beläge darf man sich aus einer kleinen Liste aussuchen und sie prinzipiell auf jedes Holz kleben. Allerdings darf es auch wirklich nur aus Holz bestehen - und nicht aus Carbon oder ähnlichem. Die Spieleigenschaften liegen zwischen einem normalen Tischtennis- und einem Sandpapierschläger. Ein bisschen Schnitt kann erzeugt werden, aber an die Komplexität im normalen Tischtennis kommt man nicht heran. Ich habe vorher etwas herumprobiert und eine gute Kombination gefunden. Schließlich wollte ich nicht ganz unvorbereitet nach Houston fahren.

myTischtennis.de: Wie lange und intensiv hast du dich denn auf das Turnier vorbereitet?

Alexander Flemming: Es war keine Riesenumstellung für mich. Und da mein Sohnemann vier Wochen vorher zur Welt gekommen ist, waren es etwa drei intensive Vorbereitungswochen. Ich habe ein paar Clickballkollegen aus Leipzig aktiviert und auch meine Frau konnte schon wieder ein bisschen beim Zuspielen helfen.

myTischtennis.de: In Houston bist du dann ziemlich durch die Konkurrenz marschiert. Wie stark war das Teilnehmerfeld - auch gerade im Vergleich zur World Championship of Ping Pong, wo du ja schon mehrfach auf dem Treppchen standest?

Alexander Flemming: Es war deutlich weniger professionell. Und dementsprechend lag das Feld auch sehr weit auseinander. Ich habe gleich bei meiner Anreise mitgekriegt, dass es dort eine große Community gibt, die einfach aus Spaß Hardbat spielt. Die Gruppenphase war tatsächlich ein ziemlicher Durchläufer für mich, aber ab der Hauptrunde war die Qualität gut, da musste ich schon Acht geben. Es waren auch ein paar Clickballspieler da, zum Beispiel die beiden besten Rumänen, und Jimmy Butler, der auch schon bei der World Championship of Ping Pong teilgenommen hat. Aber insgesamt hat das Turnier noch nicht das Format und den Umfang, dass die breite Masse angelockt würde.

myTischtennis.de: Was war das für ein Event - auch gerade im Vergleich zur World Championship of Ping Pong, die im Alexandra Palace in London ja jedes Jahr richtig gefeiert wird? Wie war die Stimmung und wie ehrgeizig waren die Teilnehmer?

Alexander Flemming: Die besten acht bis zwölf waren schon sehr ehrgeizig und der Rest sehr interessiert. Es waren nicht viele Zuschauer da, vielleicht 120, aber einige von ihnen haben sogar einen Flug in Kauf genommen, um dort im Publikum zu sitzen. Also, das ist da schon ein verrückter Haufen, der eine Menge Spaß daran hat.

myTischtennis.de: Du hast eben schon Jimmy Butler erwähnt, der in der Szene eine ziemlich große Nummer zu sein scheint. Im Finale hast du gegen ihn gewonnen, im Teamwettbewerb hast du Seite an Seite mit ihm die Konkurrenz beherrscht... 

Alexander Flemming: Ich glaube, er war lange Zeit einer der wichtigsten Spieler der USA im normalen Tischtennis und hat sogar zweimal an den Olympischen Spielen teilgenommen. Im Hardbat, wurde mir mehrfach erzählt, soll er seit 20 Jahren kein einziges Spiel mehr verloren haben. 

myTischtennis.de: Bis du im Finale seine Serie beendet hast… Mit wie viel Preisgeld bist du nach Hause gefahren?

Alexander Flemming: Ich habe 4.000 Euro Preisgeld gewonnen, habe aber auch noch eine Erstattung erhalten, was die Hotel- und Flugkosten anging. Für so ein Turnier ist das schon echt ordentlich, finde ich. Aber mir ging es vor allem darum, da mal reinzuschnuppern und einen Fuß in die Tür zu kriegen. Beim Clickball war es damals auch gut, früh einzusteigen. Wenn man gewusst hätte, wie sich Clickball entwickelt, hätte so mancher auch gerne früh damit angefangen. Oft war es dann aber schon zu spät, auf den Zug aufzuspringen.

myTischtennis.de: Hast du das Gefühl, dass sich Hardbat ähnlich entwickeln könnte wie Clickball?

Alexander Flemming: Um so etwas groß herauszubringen, Sponsoren und das TV für sich zu gewinnen, braucht man als Veranstalter schon richtig gute Kontakte. Nächstes Jahr soll die WM in Cancun, Mexiko stattfinden - und das wird sehr interessant. Ich habe den Eindruck, dass die Community auch einen weiteren Weg auf sich nehmen würde, um gemeinsam eine gute Zeit zu haben. Und da ist Cancun für die Amerikaner natürlich optimal.

myTischtennis.de: Du entwickelst dich mehr und mehr zu einer deutschen Ikone der TT-Alternativen. Was reizt dich daran?

Alexander Flemming: Ich finde das cool, weil man sich so schön da reinarbeiten kann. Ich bin bei so was manchmal etwas perfektionistisch und werde dann auch schnell besser. An der ganzen Brettchenszene - so will ich Clickball und Hardbat jetzt mal zusammenfassen - gefällt mir vor allem der Umgang miteinander. Es herrscht eine angenehme Lockerheit, obwohl es bei den Besten natürlich auch verbissen zugeht. Aber letzten Endes ist man zusammen in dieser kleinen Nische. Und das verbindet.

myTischtennis.de: Geht es jetzt bis zum Jahresende mit dem normalen Schläger weiter oder sind noch andere alternative Turniere geplant?

Alexander Flemming: Es geht mit dem normalen Schläger weiter. Ich veranstalte ein paar Trainingslager, bereite mich auf die Saison mit Hiltpoltstein vor und trainiere fast täglich mit meinem Neffen Paul, der neulich das DTTB-Sichtungsturnier bei den 2012ern gewonnen hat. Also, mein Kalender ist voll, aber für die großen alternativen Turniere werde ich mir gerne etwas freischaufeln.


(JS)

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