Lennart Wehking ist heute unser Experte! (©myTT)

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29.07.2021 - Am Ende waren es wenige Millimeter, die das zweite Halbfinale im Herren-Einzel bei den Olympischen Spielen in Tokio entschieden. Trotz großem Kampf und einer starken Leistung hat es für Dimitrij Ovtcharov gegen China-Star Ma Long nicht zur Sensation gereicht. Der Deutsche verlor denkbar knapp mit 3:4 Sätzen. Am Freitagmittag spielt Ovtcharov gegen Lin Yun-Ju um Bronze. Das Spiel gegen Ma Long analysiert heute Zweitligaspieler Lennart Wehking.

Lennart Wehking über das verlorene Halbfinale von Dimitrij Ovtcharov: "Ich saß selten so angespannt vor dem Fernseher. Das war eines der besten Spiele, wenn nicht das beste Spiel, das ich von Dima jemals gesehen habe – und auch von Ma Long gegen einen europäischen Spieler. Das war vom ersten bis zum letzten Ball allerhöchstes Niveau. Chapeau! Und natürlich war ich auch mitgenommen, als gerade bei 7:9 und 9:10 die Chance da war, noch mal näher heranzukommen. Ich glaube, dass diesmal nur ein ganz, ganz, kleiner Tick gefehlt hat, um wirklich zu gewinnen. So knapp lief es für Dima noch nie gegen einen Ma Long in absoluter Topform.

Zum Match: Dima hatte einen klaren Plan. Neben seiner mentalen Stärke, die er aus den anderen Partien mitgenommen hat, hat er keine einzige negative Emotion zugelassen und war immer wieder voll konzentriert, egal wie es stand. Besser geht’s nicht. Daneben hat er taktisch sehr gut gespielt und Ma Long ganz oft über die kurze, halblange Vorhand mit Stip- und Rückhandaufschlägen beschäftigt. Er ist dann diesmal unglaublich kompromisslos auf die halblangen und etwas zu hohen Rückschläge von Ma Long gegangen, auch oft mit der Vorhand. Er hat keine halblangen Bälle liegen lassen, oft auf Punkt gespielt und sehr viel Dynamik in den Ball hereingebracht. Das hat fast fehlerfrei funktioniert.

Er hat sich dann auch getraut, mit der Vorhand über den Tisch zu spielen und nicht nur die Rückhand zu nehmen. Das war richtig gut, da hat er sich enorm verbessert. Klar, bei den Rückschlägen hat man gegen Ma Long immer Probleme. Aber auch da hat Dima mutig mit der Vorhand geflippt und war auch in den Rückhand-Rückhand-Duellen sehr gut. Was er auch viel, viel besser gemacht hat als sonst, war, dass er die erste Eröffnung von Ma Long mit einer sehr guten Platzierung, einem guten Tempo und Spin mitgenommen hat über die Rückhand-Seite und dann sofort nachgesetzt hat. Erst den Ball halten, ausplatzieren und dann mit dem zweiten Ball sofort Druck machen und eben nicht vorsichtig zu spielen. Das war sonst immer so und da hat Ma Long sonst immer sofort zugeschlagen.

Ansonsten muss man natürlich auch Respekt zollen vor Ma Long. So viel Druck bekommt er selten. Es war auch von ihm eine gigantische Leistung. Gerade im siebten Satz waren Wahnsinns-Ballwechsel dabei. Viel besser kann man nicht Tischtennis spielen."

Lennart Wehking über das anstehende Spiel um Bronze gegen Lin Yun-Ju: "Glückwunsch an Dima für diese hervorragende Leistung, auch wenn es natürlich unglaublich bitter ist, nicht ins Finale einzuziehen. Umso wichtiger, dass er das Niveau jetzt hält – gegen Lin Yun-Ju wird’s nicht einfacher - und sich trotzdem Bronze greift. Das hätte er sich verdient."

Herren-Einzel

Halbfinale
Dimitrij Ovtcharov - Ma Long CHN 3:4 (-11,-8,9,9,-7,5,-9)

Spiel um Bronze
Dimitrij Ovtcharov - Lin Yun-Ju TPE, Freitag 13 Uhr

(FKT)