Buntes

Hampl über Abschied: "Dem Sport erhalten bleiben"

War fast vier Jahrzehnte als Trainer tätig: Helmut Hampl (©Roscher)

31.12.2020 - Als Spieler war Helmut Hampl zehn Jahre in der ersten Bundesliga aktiv. Danach arbeitete der Hesse 38 Jahre lang als Trainer, mehr als drei Jahrzehnte für den Hessischen Tischtennisverband, die letzten knapp sechs Jahre für den DTTB u. a. als Cheftrainer des DTTZ. Mit dem heutigen Tag endet der Vertrag des Entdeckers und Förderers von Jörg Roßkopf, Timo Boll und Patrick Franziska offiziell. Warum sich Hampl auch im Ruhestand noch nicht ganz vom TT-Sport loseisen wird und wie er auf seine Karriere zurückblickt, erzählt er im myTischtennis-Interview.

myTischtennis.de: Mit welcher Stimmungslage sind Sie den letzten offiziellen Arbeitstag beim DTTB angegangen?

Helmut Hampl: Dass mein Vertrag Ende des Jahres ausläuft, war schon länger klar. Deshalb konnte ich mich darauf vorbereiten. Leider hat das Coronavirus einen richtigen letzten Arbeitstag verhindert, weil ich dadurch ohnehin schon im Homeoffice war.  

myTischtennis.de: 
Als Sie im Februar 2015 angetreten sind, war Ihre Zielsetzung, „gute Grundlagen zu schaffen, damit ein Nachfolger gute Strukturen vorfindet, wenn ich in Rente gehe“. Ist Ihnen das gelungen?

Helmut Hampl: Ich würde behaupten, schon. Im U23-Bereich habe ich die klare Zielsetzung gehabt, den Kader näher an die Nationalmannschaft heranzuführen und für die jüngeren Spieler einen Anschluss herzustellen. Als DTTZ-Cheftrainer sollte ich organisatorische und inhaltliche Schwerpunkte setzen. Ich empfinde meine Tätigkeit als gelungen. Wir haben es geschafft, junge Spieler heranzuführen und die Lücken nach oben zu schließen.

myTischtennis.de: Aktuell ist die deutsche Herren-Nationalmannschaft mit Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Patrick Franziska und einigen weiteren Spielern noch sehr gut aufgestellt. Wird das Ihrer Meinung nach auch noch so sein, wenn z. B. Boll und irgendwann auch Ovtcharov international nicht mehr spielen?

Helmut Hampl: Zunächst einmal darf man die Nationalmannschaft nicht nur auf diese drei beschränken. Wir haben eine Reihe von sehr guten Spielern, die eine tolle Entwicklung genommen haben und den Abstand zu Boll, Ovtcharov und Franziska verkürzt haben. Im Internat gibt es zudem gute Talente. Wenn die gut geschult werden und wenn sie selbst bereit sind, viel zu opfern, könnten sie es auch schaffen. Es spielen eben viele Fakoren eine Rolle, nicht nur das Talent. Wichtig ist auch eine gewisse Belastbarkeit. Ob man es in den Leistungssport schafft, entscheidet sich zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr. In diesem Zeitraum muss man sehr viel investieren. 

myTischtennis.de: In China und Japan z. B. können sich talentierte Spieler schon in jungen Jahren auf ihre Tischtenniskarriere konzentrieren und die Schule etwas vernachlässigen. In Deutschland sind die Gegebenheiten anders. Ein deutlicher Nachteil aus Ihrer Sicht?  

Helmut Hampl: So etwas kann man nicht vergleichen. Man muss versuchen, die Gegebenheiten, die man vorfindet, zu optimieren. Bei Timo Boll und Patrick Franziska habe ich versucht, dies zu optimieren, genau wie während meiner Tätigkeit beim Hessischen Tischtennis-Verband in Frankfurt und auch hier in Düsseldorf, wo zwei Kooperationsvereinbarungen mit Schulen abgeschlossen werden konnten. Und die laufen gut. Wenn ich ganz nach oben kommen will, gibt es nur die Optionen Schule und Sport. Hier in Düsseldorf können jüngere Spieler zweimal am Tag trainieren. Mit Blick auf die Schule haben sie immer die Möglichkeit, Stoff nachzuarbeiten. Das passt sehr, sehr gut. Die können sehr viel trainieren, aber auch viel für die Schule und einen guten Abschluss machen. Zudem gibt es noch die Internate in Hannover, Frankfurt und München. Diesen Internaten müssen sich die Toptalente dann aber auch anschließen. Machbar ist dann alles, es bedarf nur sehr viel Arbeit. Elternhaus, Schule, Trainer, Trainingspartner und die Spieler müssen professionell zusammenarbeiten.

myTischtennis.de: Wenn Sie auf Ihre Karriere als Ganzes zurückblicken, welche Höhepunkte würden Sie herausstellen, worauf sind Sie besonders stolz? Und wo würden Sie sagen: „Das ist nicht so gut gelaufen“?

Helmut Hampl: Auf meinen Job als Trainer insgesamt bin ich stolz, egal, mit wem ich gearbeitet habe. Es war immer mein Anspruch, mein Bestes zu geben und immer das Beste aus den Spielern herauszuholen. Sicher gab es Spieler wie Boll oder Franziska, die es ganz nach oben geschafft haben. Aber ich bin auch stolz auf die Arbeit mit Sportlern, die es nicht ganz so weit gebracht haben. Wenn man den Sportler ans persönliche Leistungslimit geführt hat, dann hat man sein Ziel erreicht. Natürlich bleiben Erfolge, an die man sich erinnert. Z. B., dass Timo Boll an die Spitze der Weltrangliste geklettert ist, das erlebt man nicht jeden Tag. Oder auch der erste Champions-League-Sieg mit Gönnern damals war etwas Besonderes. Für mich war es immer wichtig, mit jedem Sportler Erfolge zu feiern, auch kleine Erfolge. Aber natürlich bleiben große Erfolge länger in Erinnerung...

myTischtennis.de: Was würden Sie jungen Trainern mit auf den Weg geben? 

Helmut Hampl: Die älteren Trainer müssen den jüngeren so viele Informationen wie möglich an die Hand geben. Das habe ich auch immer versucht. Das Problem ist, dass im Tischtennis nicht so viel Geld bezahlt wird. Hauptberufliche Stellen zu finden, ist deshalb gar nicht so einfach. Wir brauchen aber unbedingt Trainer. Bei vielen Vereinen und Verbänden kommen auf 20 Kinder nur ein, zwei Trainer. Das ist viel zu wenig. Ein Trainer sollte sich mit vier, fünf Spielern beschäftigen können, um individuell zu arbeiten. Wichtig sollte für jeden Trainer sein, dass der Sportler immer im Vordergrund steht! 

myTischtennis.de: Werden Sie dem Sport in irgendeiner Form erhalten bleiben? 

Helmut Hampl: Ich werde etwas kürzertreten, mich mehr um die Familie kümmern, möchte dem Sport aber erhalten bleiben, solange ich gesund bin. In welchem Umfang und ob das alleine beim DTTB oder woanders sein wird, wird sich zeigen. Der DTTB hat angefragt, ob ich gewisse Projekte machen möchte. Wir haben noch nicht genau besprochen, welche Projekte es sein werden. Wenn Corona irgendwann überstanden ist, kann man sich dann zusammensetzen.

(DK)
 

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