Pro vs. Contra

Pro vs. Contra: Wettkämpfe in der Sommerpause?

Spielen Sie gerne Wettkämpfe in der Sommerpause? (©TTC Gelb Rot Trier)

16.07.2018 - Das Wort Sommerpause kann man in verschiedenen Richtungen interpretieren: Pausiert man in dieser Zeit komplett vom Tischtennissport oder handelt es sich bloß um eine Pause des Ligaspielbetriebs? Jan Lüke und Lennart Wehking haben mal wieder unterschiedliche Ansichten darüber, ob man diese Wochen für Turniere und andere Wettkämpfe nutzen sollte oder gerade nicht. Klar ist: Für beide Seiten gibt es gute Argumente...

PRO:

Großer Fan einer monatelangen Tischtennispause im Sommer war ich noch nie. Den Schläger für einige Wochen liebevoll in die Schlägerhülle packen, Energie tanken, den Kopf frei kriegen – alles im Rahmen für mich. Doch vor allem kann man die Zeit nach der alten und vor der neuen Spielzeit doch nutzen, um richtig zu ackern: im konditionellen Bereich die Grundlagen legen, die Technik der Grundschläge verfeinern, neue technische Finessen ins Grundsystem einbauen. Dazu längst vergessene, schmutzige Aufschlagvarianten herauskramen oder neue auflegen. Sich tückische Rückschlagmodifikationen vornehmen und taktische Spielzüge einstudieren. Das ist meine Definition von Vorbereitung. Was dabei nie fehlen darf: Wettkämpfe.

Ich verstehe das Argument gut, dass der ein oder die andere in der wettkampffreien Zeit kaum Motivation findet für eine Wettkampf-Challenge. Die Spannung für die regelmäßige Herausforderung im Eins-gegen-Eins ist nach dem letzten Saisonspiel wie weggeblasen. Trotzdem helfen Turniere, Freundschaftsspiele, Vereinsmeisterschaften oder welche Wettkämpfe auch immer, um die Spannung hochzuhalten, um den Rhythmus zu wahren, um Trainingsinhalte unter Wettkampfbedingungen zu testen. Auch ich muss gestehen, dass ich zuletzt in meiner Jugendzeit von Beginn an einen absoluten Siegeswillen bei einer solchen inoffiziellen Veranstaltung entwickeln konnte (Grund: ewiger Konkurrent im Finale plus Belag-Gutschein und überdimensionaler Pokal) und mir dadurch spielerisch und trainingstechnisch Gewinnbringendes aus jeder der Wettkampfbegegnungen ziehen konnte.

Mit der Erfahrung aus etlichen wettkampfgefüllten Saisonpausen kann ich heute aber sagen: Auch wenn nicht immer die letzte Giftigkeit vorhanden ist wie zuvor beim großen Saisonfinale, sind Wettkämpfe zwischen den Spielzeiten für Körper und Geist Gold wert. Denn sie bieten eine Art Rückmeldung und lassen Rückschlüsse zu: Was passt schon zusammen, welche Schläger sitzen noch nicht, wie werden meine Aufschläge retourniert, wo kante ich noch maximal ab? Außerdem halten sie die Wettkampfpsyche auf Trapp, auf welchem Niveau auch immer. Die Idee, dass ein paar Sätze am Ende einer Einheit doch ausreichen würden, passt für mich nicht. Für ein Wettkampffeeling müssen die Umstände stimmen und möglichst nah dran sein an der wirklichen Wettkampfumgebung. Nur so lohnt sich für mich diese Art der Imitation. Wenn es dann noch um etwas geht (Preisgeld oder TTR-Punkte, Döner oder Bier) – umso besser!

Zum Verfechter von Wettkämpfen in der Off-Season bin ich übrigens aus eigener Erfahrung geworden. Besonders zielgerichtet und motiviert bin ich in die heiße Phase der Saisonvorbereitung in den letzten Augustwochen nämlich immer dann gegangen, wenn ich zuvor mal nah (vereinsinternes Top-12-Turnier), mal fern (Preisgeldturnier in Australien) um Punkte gekämpft habe. Zum Pflichtprogramm zählt seit jeher ein Freundschaftsspiel mit richtigem Wettkampfcharakter in der Vorbereitung. Auch wenn mehr Lockerheit und Spaß dabei ist als beim nervösen Saisonstart und der ein oder andere technische Kniff ausprobiert werden kann, sorgt ein Mannschaftswettkampf immer dafür, dass man vor den Augen seiner Mitspieler (und möglicherweise sogar von Zuschauern) performt und deshalb zumeist nicht einen total miesen Eindruck hinterlassen will. Mein Tipp also: hart trainieren und hin und wieder bei 0:0 in ein Wettkampfambiente begeben – dann kann die neue Saison kommen!

(Lennart Wehking)

CONTRA:

Was Sommerpause bedeutet, darüber sagt der Begriff ja eigentlich schon alles aus: Sommer plus Pause. Wenn im April oder Mai der Punktspielbetrieb über die Ziellinie geht, ist das für mich gleichbedeutend mit dem Saisonende. Der Schläger wird beiseitegelegt – und erst Wochen und Monate später wieder aus der hintersten Schrankecke gekramt. Abgesehen von den Ligaspielen mit meiner Mannschaft brauche ich Tischtennis als Wettkampfsport nicht. Turniere, Freundschaftsspiele oder große Trainingswettkämpfe nach der alten oder vor der neuen Saison sind nix für mich.

Einerseits halte ich Tischtennis mehr für einen Individualsport als für einen Mannschaftssport. Dass man viele Individualwettkämpfe zusammenfasst, um künstlich einen Mannschaftskampf zu schaffen, den die Charakteristik unserer Sportart eigentlich nicht hergibt, ist merkwürdig. Andererseits: Spaß macht es trotzdem. Deshalb ist es für mich – wie für viele tausend andere auch – meine Form von Tischtennis als Wettkampfsport geworden. Von Herbst bis zum Frühjahr geht es mit der Mannschaft um Punkte. Sonst geht es für mich um: nichts.

Ich spiele seit Jahren keine Turniere mehr – weder in der Sommerpause noch in der Saisonvorbereitung. Und auch sonst können mir Wettkämpfe gestohlen bleiben. Ich will im Training um nichts spielen, ich will keine Freundschaftsspiele abreißen – und so weiter. Wenn ich zwischen dem letzten und ersten Saisonspiel in der Halle bin, will ich trainieren. Ich kann nicht einmal sagen, woran es liegt, dass bei mir außerhalb der Saison, die viele für sich vermutlich anders definieren, keine Wettkampfspannung aufkommen mag. Vielleicht liegt es daran, dass die Saison mit der Mannschaft ohnehin schon lang genug ist. 18, 20, 22 Wettkämpfe pro Jahr, immer mit Einzeln und Doppel. Irgendwann reicht’s doch auch. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich mittlerweile daran gewöhnt habe, mit anderen und für andere zu spielen. Dass die richtige Wettkampfanspannung nur noch aufkommen will, wenn meine Siege und Niederlagen auch im Spielbericht landen.

Vielleicht – und das halte ich für den stärksten Grund – liegt es aber auch einfach daran, dass andere Wettkampfformate für mich unattraktiv sind. Klassische Turniere sind oftmals leider eine ziemlich öde und eintönige Angelegenheit. Nicht nur sportlich, wenn man sich durch Gruppenspiele und Doppelrunden kämpfen muss, bis es einen beim ersten interessanten Spiel des Tages doch gleich erwischt. Sondern auch beim Drumherum. Ich verbinde mit Turnieren vor allem das Warten auf den nächsten Aufruf an Bierständen vor oder auf Tribünen in der Halle. Ein Erlebnis sind – mit einigen Ausnahmen – Turniere für mich selten gewesen. Und irgendwann war ich nicht mehr bereit, mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen. Aber ich muss auch zugeben: Neue Wettkampfformate, bei denen man im Round-Robin-System in kurzer Zeit viele Spiele hat, vielleicht sogar an einem Abend unter der Woche, finde ich da zumindest eine spannende Alternative, die mich zum Umdenken bewegen könnte.

Weil sich bei mir zwischen der Punktspielsaison keine Wettkampfspannung aufbauen will, bleibt für mich auch der Effekt aus, den Turniere und Trainingswettkämpfe auf andere haben. Um in Form zu kommen, bringt mir das nichts. Das schafft mir ein Erlebnis, das die ganzen Turnierspieler da draußen nie kennenlernen werden: Vor dem ersten Saisonspieltag bin ich Jahr für Jahr aufs Neue gespannt, mit welcher Form mich die Sommerpause ausspuckt. Bis dahin aber gilt für mich erst mal: Sommer plus Pause gleich Sommerpause. Der Wetterbericht trägt seinen Teil dazu bei.

(Jan Lüke)

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