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Jans Blog: Vorentscheidende Wochen für Tokio

Nur ein exklusiver Kreis darf bei T2 Diamond um zusätzliche Punkte für die Weltrangliste spielen (©T2)

18.11.2019 - An die Olympischen Spiele 2020 in Tokio werden Sie wahrscheinlich noch nicht viele Gedanken verschwenden. Für die besten Tischtennisspieler der Welt sieht das anders aus, denn in den kommenden Wochen werden bereits wichtige Voraussetzungen geschaffen, um bei dem Topevent im Sommer dabei und vielleicht sogar erfolgreich zu sein. Unser freier Redakteur Jan Lüke wirft in seinem Blog einen Blick auf die hochbedeutenden Turniere zum Jahresende.

Der Countdown läuft! In knapp 250 Tagen werden in Tokio die Olympischen Spiele eröffnet. Nur einen Tag nach der Eröffnungsfeier beginnen am 25. Juli in der Veranstaltungshalle Tokyo Taiikukan die Konkurrenzen im Tischtennis. Die fünf Medaillensätze in Einzel, Mannschaft und Mixed sind die wertvollsten Trophäen der Sportart. Viele Athleten reisen nach Japan, um ihre Laufbahn mit olympischem Edelmetall zu krönen.

Jetzt schon Basis für Tokio legen

Bisher tauchen die Olympischen Spiele am Horizont einer langen Saison auf. Das Fernziel in einem Sportjahr, in dem es heute zu viel zu tun gibt, um an morgen zu denken. Doch für viele Athleten, vor allem für die Medaillenanwärter, zählen die kommenden Tage zu den wichtigsten auf der Road to Tokyo. Wer sichert sich in den Top-Nationen wie China und Japan, Deutschland oder Südkorea die jeweils zwei Startplätze im Einzel? Wer erspielt sich eine Setzung, die ihn vor frühen Duellen mit den chinesischen Startern schützt? Die nächsten Wochen werden Antworten auf die spannendsten Fragen im Vorfeld der ‚Spiele‘ geben.

Der Grund dafür ist die neue Weltrangliste, die mittlerweile nicht mehr wirklich neu ist. Sie regelt die Setzung für die Wettbewerbe in Tokio, in vielen Nationen ist sie zudem das maßgebliche Kriterium für die Nominierungen für die Olympischen Spiele. In den kommenden Tagen und Wochen stehen mehrere Turniere auf dem Plan, die für die Weltrangliste von immenser Bedeutung sind: erst das T2-Diamond-Turnier in Singapur (16 Starter, 21. bis 24. November), dann der World Cup in Chengdu (20 Starter, 29. November bis 1. Dezember) und schließlich die Grand Finals der World Tour in Zhengzhou (16 Starter, 12. bis 15. Dezember). Aus zwei Gründen sind die Turniere für die Weltrangliste besonders wertig.

Wenige Starter, viele Punkte

Zum einen handelt es sich um Turniere, für die eine Qualifikation notwendig war. Sowohl in Singapur als auch in den beiden Wettbewerben in China werden nur wenige ausgewählte Teilnehmer an die Tische gehen: Für den Start bei T2 und den Grand Finals waren die Ergebnisse auf der World Tour entscheidend, für den World Cup die kontinentalen Ranglistenturniere dieses Jahres. In Europa handelte es sich um das Europe Top 16 Anfang Februar in Montreux. Etliche Topspieler sind nicht für alle Turniere spielberechtigt. Das World-Tour-Ranking wird von China dominiert, das nach den Austrian Open sieben der besten 16 Akteure stellt. Beim World Cup werden hingegen Spieler von starken Kontinenten benachteiligt. 

Zum anderen werden bei den drei anstehenden Turnieren in Asien viele Weltranglistenpunkte vergeben. World Cup und Grand Finals geben für die Weltrangliste die meisten Punkte, abgesehen von nicht-jährlichen Großevents, den Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen selbst. Die Sieger bekommen 2550 Punkte. Doch schon in den ersten Runden können Spieler so viele Punkte sammeln, wie sie für andere Turniere im Jahr nur in den Endrunden bekämen. Mit den beiden T2-Einzelturnieren wiederum schuf die ITTF einen kuriosen Sonderfall in der Weltranglisten-Berechnung. Die Entertainment-Turniere des singapurischen Veranstalters T2 APL Pte Ltd, bei denen in Teilen nicht nach dem offiziellen Regelwerk der ITTF gespielt wird, wurden aufgewertet, indem dort nicht nur Weltranglistenpunkte vergeben werden, sondern diese Weltranglistenpunkte als Bonuspunkte ins Ranking eingehen. Eigentlich fließen nur die besten acht Ergebnisse innerhalb der vergangenen zwölf Monate in die Wertung ein. Die Teilnehmer der beiden Turniere in Malaysia und Singapur bekommen die Punkte für ein neuntes und zehntes Resultat allerdings zusätzlich addiert.

Kaum noch dran zu rütteln

In Summe werden die beiden Turniere in China sowie das T2 in Singapur einen entscheidenden Einfluss auf die Nominierung und Setzung bei den Olympischen Spielen haben. Sie stellen die Weltrangliste auf ein Fundament, an dem man im neuen Jahr kaum noch rütteln kann. Der Bedeutung der Turniere steht gegenüber, dass nur wenige Athleten teilnehmen werden. Während einige Spieler um Punkte kämpfen, sind viele andere zum Zuschauen verdammt. 

Das betrifft auch die DTTB-Stars: Während Patrick Franziska nicht für den World Cup eingeladen wurde, geht seine mannschaftsinterne Konkurrenz, Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov, zum Monatswechsel in Chengdu auf Punktejagd. Schon für eine Niederlage in der Runde der letzten 16 in einem Wettbewerb, in dem traditionell auch schwächere Akteure von weniger starken Kontinenten auftauchen, gibt es dort 1020 Weltranglistenpunkte. Während der DTTB voraussichtlich nicht streng nach Weltrangliste nominieren wird, ist der Fall in Japan noch dramatischer: Im Zweikampf von Koki Niwa und Jun Mizutani um den zweiten Einzelstartplatz hinter Tomokazu Harimoto wird alleine die Weltrangliste entscheiden. Koki Niwa wird am World Cup teilnehmen, Jun Mizutani nicht. Niwa wiederum wird wohl die Grand Finals knapp verpassen. Die bloße Teilnahme an den Turnieren wird wohl darüber entscheiden, wer Japans zweiten Einzelstartplatz bei den Olympischen Spielen erhalten wird.

Der Turnierkalender der ITTF ist zu einem Netz aus Abhängigkeiten geworden: Es gibt kaum Turniere, die nicht mit einer Qualifikation für andere Turniere verwoben sind. Selbst Topspieler können sich kaum mehr Pausen nehmen, um zu trainieren oder sich vor Überbelastung zu schützen, so wie es Timo Boll nach seinen erfolgreichen Austrian Open mit T2 in Singapur gemacht hat. Gerade in der vorolympischen Saison müssen sie immer und überall zur Stelle sein, erst recht in diesen entscheidenden Tagen. Kurzfristig mag das die Attraktivität solcher Topveranstaltungen erhöhen. Langfristig werden überspielte Athleten der Performance in der Weltspitze nicht zuträglich sein. 

(Jan Lüke)

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