Blog

Jans Blog: Mit allen über einheitliches System diskutieren

Doppel oder nicht? Dreier-, Vierer- oder Sechserteams? Der DTTB will Einheitlichkeit (©Roscher)

02.07.2018 - Die einen halten es für genau den richtigen Weg, die anderen für einen schlechten Scherz: Der DTTB verkündete vor wenigen Tagen, dass über eine Vereinheitlichung des Spielsystems in den höchsten fünf Ligen nachgedacht wird. Unser freier Redakteur Jan Lüke gehört zu jenen, die die Idee begrüßen, betont aber, dass diese Diskussion nicht ohne die Basis geführt werden darf. In seinem Blog betrachtet er den Vorschlag mal von einer übergeordneten Perspektive.

Im Mannschaftsspielbetrieb des deutschen Tischtennis herrscht Wildwuchs. In den höchsten fünf Spielklassen der Damen und Herren, die der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) zu verantworten hat, kommen vier verschiedene Spielsysteme und drei verschiedene Mannschaftssollstärken zum Einsatz. Nach welchem Spielsystem in welcher Liga gespielt wird, wissen selbst unter den Aktiven an der Basis nur wenige. Von Außenstehenden mal ganz zu schweigen. Über die Jahre hat sich die Ligenstruktur im deutschen Tischtennis zum undurchsichtigen Wirrwarr entwickelt. 

DTTB will was ändern

Kurz vor der Sommerpause hat der DTTB angekündigt, künftig wieder Einheitlichkeit herstellen zu wollen (myTischtennis.de berichtete): Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Bundesligen und Sportwarten verschiedener DTTB-Landesverbände hat einen ersten Aufschlag für ein ligenübergreifendes Spielsystem gemacht. Die Entscheidung, das Problem anzugehen, ist überfällig und natürlich: vollkommen richtig.

Warum? Für die obersten Ligen, gerade für die Tischtennis-Bundesliga (TTBL), mag das Spielsystem eine Frage der Außendarstellung und Vermarktung sein. Einzig die TTBL hat Vermarktungspotenzial über Bewegtbilder, weshalb sich die Liga und ihr Chef Nico Stehle seit Jahren für ein Spielsystem aussprechen, in dem nur an einem Tisch gespielt wird. Dabei geht es weniger um die Zuschauer in der Halle. Der Basis allerdings fehlen zunehmend Identifikation und Bezug zum eigenen Profi- und Leistungssport. Man sollte für Tischtennis als Mannschaftssport schon allein deshalb eine einheitliche Organisationsstruktur finden, um wieder das Gefühl von Gemeinschaft und Einheitlichkeit zu stärken. Eine andere Problematik kommt unterhalb der Bundesligen hinzu: Für die Aktiven und ihre Bedürfnisse an ihr Hobby Tischtennis bietet der Mannschaftsspielbetrieb offensichtlich keinen geeigneten Rahmen mehr.

Auch die Basis mit einbeziehen!

Die Kriterien, die der Verband für eine Überarbeitung des Mannschaftsspielbetriebs aufgestellt hat, sind sinnvoll: Ein neues Spielsystem soll a) zeitlich planbar für Vereine, Spieler und Zuschauer, b) einfach und verständlich und c) zukunftsfähig sein. Außerdem soll es d) Spannung garantieren. Das fasst in Summe treffend zusammen, an welchen Stellen es im Tischtennis als Zuschauersport, aber auch als Aktivensport für Mannschaften derzeit hakt. Die Probleme liegen nicht verborgen, sondern sind bekannt. Der DTTB hat nun bereits Ideen formuliert, wie seine Arbeitsgruppe diese abstrakten Kriterien in ein konkretes Spielsystem überführen will. Die Eckpunkte lauten etwa: Vierermannschaften im Bundessystem, wobei immer alle zehn Spiele ausgetragen werden. Jedes einzelne Spiel hat exakt drei Sätze. Oder: „Jeder gewonnene Satz zählt als Punkt für die Mannschaft in der Tabelle. Insgesamt werden je Mannschaftskampf also 30 Punkte für die Tabelle ausgespielt. Die Mannschaft, die am Ende am meisten gewonnene Sätze vorweisen kann, wird Meister.“

Natürlich sind diese Ideen streitbar, was schon die ersten Tage nach ihrer Veröffentlichung gezeigt haben. Die Basis debattiert und kritisiert. Und auch mir gefällt nicht alles daran. Es ist richtig und wichtig, dass der Verband seine Ideen frühzeitig öffentlich macht. Doch DTTB und Landesverbände sollten noch sehr viel weiter gehen. Sie sollten diejenigen fragen und in den Prozess einbinden, für die man die Änderungen einführt: die Aktiven aller Leistungsklassen.

Der kleinste gemeinsame Nenner?

Alle Spielsysteme haben ihre Fürs und Widers. Eine Vereinheitlichung kann nur das Ergebnis eines langen Aushandlungsprozesses werden, für viele Spielerinnen und Spieler wird es ein Kompromiss bleiben. Weil jeder andere Bedürfnisse an sein Hobby mitbringt. Die eine will viel spielen. Der andere will das in einer möglichst großen Gruppe tun. Für den nächsten ist es wichtig, dass er sich drauf verlassen kann, zu einer fixen Zeit wieder aus der Halle zu sein. Der nächste will kurze Fahrten. Was aber ist der kleinste gemeinsame Nenner aller Aktiven?

Zwar führt der DTTB die Debatte derzeit nur für seine eigenen Spielklassen, die nur den sogenannten Leistungssport abdecken, aber unzweifelhaft ist doch: Die Entscheidung muss richtungsweisenden Charakter für alle Landesverbände und damit für alle Ligen und Aktiven in Deutschland bekommen. Wenn man Tischtennis weiterhin als Mannschaftssport verstehen will, sollte man den Anspruch verfolgen, dass die Sportart von der Herren-Bundesliga bis in die Kreisklasse im selben Spielsystem ausgetragen wird.

Besorgniserregender Trend

Wer die dringende Notwendigkeit einer solchen Reform bezweifelt und in den „Es soll alles so bleiben, wie es ist“-Modus schaltet, der sollte die Entwicklung des Tischtennissports in Deutschland nicht verkennen. Die Aktiven werden immer weniger, sie werden immer älter und die, die noch spielen, spielen immer seltener. Der Trend ist besorgniserregend. Natürlich hat diese Entwicklung Gründe, die weit darüber hinausgehen, in welchem Spielsystem man Mannschaftswettkämpfe organisiert. Aber dennoch ist der Rahmen, in dem Wochenende für Wochenende Zehntausende an den Tischen stehen, ein wichtiges Kriterium für die Attraktivität einer Sportart bei den Aktiven.

Tischtennis sollte sich nicht nur verwalten und vom negativen Trend der Mitgliederzahlen Veränderungen diktieren lassen, sondern zumindest den Versuch wagen, diese Veränderungen selbst zu gestalten. Und dabei sollten zunächst alle Ideen erlaubt sein. Auch die, dass es künftig keine 11:9-Siege im fünften Satz mehr geben könnte.

(Jan Lüke)

Kommentar schreiben

Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.

* Pflichtfeld

Copyright © 2024 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.