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Janinas WM-ABC: Von A wie Amerika bis Z wie Zhang Jike

P wie Publikum - Die Düsseldorfer Zuschauer sorgten für Gänsehautstimmung (©Fabig)

12.06.2017 - Nach einer WM darf natürlich auch das fast schon traditionelle WM-ABC nicht fehlen! myTischtennis.de-Redakteurin Janina Schäbitz nimmt die 26 Buchstaben des Alphabets zu Hilfe, um die Welttitelkämpfe vor heimischer Kulisse noch einmal Revue passieren zu lassen. Was ist eine Woche nach dem letzten Wettkampftag besonders gut im Gedächtnis geblieben? Von A wie Amerika bis Z wie Zhang Jike gab es da einige denkwürdige Personen, Nationen und Momente.

Amerika - Die US-Amerikaner gehören in vielen Sportarten zu den Besten der Welt. Im Tischtennis konnte man dies bisher noch nicht behaupten - und auch nach der WM in Düsseldorf hat sich dies noch nicht geändert. Allerdings tauchten die Stars and Stripes auffallend häufig auch in der Hauptrunde auf - Lily Zhang schaffte es im Einzel unter die besten 32, im Damen-Doppel reichte es sogar für das Viertelfinale. Wir sind gespannt, wo die US-Boys und -Girls unter Jörg Bitzigeios Leitung künftig landen werden.

Boll - Er mag der ‚Oldie‘ im deutschen Team sein, haut aber, wenn es darauf ankommt, immer wieder einen raus. So auch in Düsseldorf, wo er als einziger deutscher Spieler das Viertelfinale erreichte und dort keinem Geringeren als Ma Long Paroli bot. Gerade diese Partie führte einem noch einmal auf beeindruckende Art und Weise vor Augen, wie stark Boll aktuell ist. Wir hoffen, so schnell noch nicht auf ihn verzichten zu müssen.

China - Natürlich war das Reich der Mitte auch in diesem Jahr wieder das Maß aller Dinge. Vier von fünf Titeln gingen an China, da sollte kein Zweifel an der weiterhin bestehenden Dominanz von Ma Long und Co. aufkommen. Und doch haben wir ein paar Spiele gesehen, die der Konkurrenz Hoffnung machen. Da wäre natürlich Zhang Jikes Niederlage gegen Lee Sangsu zu nennen, aber auch andere Spieler, wie zum Beispiel Ruwen Filus und Timo Boll, hatten ihre Chance auf eine Sensation. Allerdings bleibt es beim alten Problem: Die Chinesen geben einem nicht viele Chancen. Und wenn man diese dann nicht nutzt, ist der kleine Moment der Hoffnung auch schon wieder vorbei. 

Deutschland - Die Trainer waren mit ihren Schützlingen so weit zufrieden, aus unserer Sicht hätte es bei dem einen oder anderen Spieler aber gerne noch etwas weiter gehen dürfen. Erfreulich für die Zuschauer war in jedem Fall, dass bis auf den ersten und letzten Turniertag stets deutsche Spieler im Einsatz waren. 

Essen - War in Düsseldorf leider enttäuschend. Zu wenige Angebote, die darüber hinaus auch noch ziemlich teuer waren. Daraus resultierten lange Schlangen, die ein schnelles Würstchen zwischen zwei Spielen schier unmöglich machten. Schade für die Zuschauer, aber auch für die Veranstalter: Hier sind lukrative Möglichkeiten ungenutzt geblieben.

Fan Zhendong - Tragischer Held von Düsseldorf. Wer einen 1:3-Rückstand im WM-Finale gegen Ma Long aufholt, hätte auch den Titel verdient gehabt. Doch wie Ma so schön sagte: Fan Zhendong gehört die Zukunft. Da sind auch wir uns ganz sicher.

Gelände - Das Messegelände war sehr weitläufig. So wurde die WM auch für die Zuschauer im wahrsten Sinne des Wortes zur Sportveranstaltung.

Harimoto - Für die größte Überraschung der Weltmeisterschaften sorgte ein 13-jähriger Japaner. Tomokazu Harimoto warf seinen Landsmann Jun Mizutani, den Weltranglistensechsten und Bronzegewinner von Rio, in der Runde der besten 64 aus dem Wettbewerb und schaffte es sogar bis ins Viertelfinale. Ein absoluter Wahnsinn, der es auch in die Schlagzeilen der überregionalen Zeitungen schaffte.

Internationale Duos - Besondere Aufmerksamkeit erregten unter den internationalen Doppeln natürlich jene mit chinesischer Beteiligung. Anders als 2015, als Xu Xin/Yang Haeun Mixed-Gold holten, gingen die gemischten Duos diesmal allerdings leer aus. Die einzige Medaille, die an zwei Nationen ging, war Petrissa Soljas und Fang Bos Mixed-Bronze. Auch das ‚legendäre Duo‘, Ma Long/Timo Boll, scheiterte früh an den späteren Weltmeistern. Ob die Chinesen trotz des mangelnden Erfolgs auch in Zukunft auf diese Konstellationen setzen?!

Japan - Wer kann den Chinesen die größten Probleme bereiten? Diese Frage hätten die meisten im Vorhinein sicherlich mit „Japan“ beantwortet. Für den ganz großen Wurf reichte es zwar nur im Mixed-Doppel, wo das Reich der Mitte keine rein chinesischen Duos ins Rennen schickte. Bronze im Damen-Doppel, im Damen-Einzel sowie Silber und Bronze im Herren-Doppel demonstrierten jedoch trotzdem ziemlich deutlich, wer aktuell die Nummer zwei im Tischtennis ist.

Kristin Silbereisen - Durch den nach vorne verschobenen Zeitplan im Damen-Einzel könnte man zu dem Schluss kommen, die beste deutsche Frau sei schon relativ früh ausgeschieden. Doch auch wenn Kristin Silbereisens letztes Spiel schon am Freitag stattfand, hat sie dasselbe erreicht wie Dimitrij Ovtcharov und Ruwen Filus: Sie stand im Achtelfinale der WM in Düsseldorf. Für die 32-Jährige die beste bisherige Leistung, die sich wahrlich sehen lassen kann.  

Linghui, Kong - Ungewöhnliche Geschichte am Rande der WM: Der chinesische Damentrainer musste wegen einer gegen ihn vorliegenden Klage suspendiert die Heimreise antreten. Seine Spielerinnen ließen sich dadurch nicht beirren und spielten sich dennoch ohne Probleme in die Medaillenränge.

Ma Long - Der König von Suzhou und Rio ist auch zum König von Düsseldorf gekrönt worden. Dabei machte er gerade zu Beginn des Turniers noch nicht den allerbesten Eindruck. Doch Ma Long wäre nicht Ma Long, wenn er sich nicht auch im Laufe einer WM noch steigern könnte. Bärenstark jedenfalls, wie er die Aufholjagd seines jungen Kontrahenten Fan Zhendong im Finale jäh abstoppte und sich doch noch den Sieg sicherte. 

Ning, Ding - Mit zwei Titeln war die Olympiasiegerin von Rio die erfolgreichste Athletin dieser WM. Besonders gefreut hat sie sich neben Einzel-Gold aber über den Doppel-Titel, den sie erst im fünften Anlauf - nach fünf Silbermedaillen - gewann.

Ovtcharov - Weltmeisterschaften sind nicht das beste Pflaster für Dimitrij Ovtcharov. In der Weltrangliste wird er als bester Deutscher - und sogar als bester Europäer und Nicht-Chinese - geführt, hat aber bei den Welttitelkämpfen stets Probleme damit, diese hohe Setzung zu erfüllen. Diesmal war gegen einen stark aufspielenden Koki Niwa im Achtelfinale Schluss für ‚Dima‘. Ein besseres Ergebnis hat er bei einer Individual-WM bislang auch nicht einfahren können. Hoffentlich kann er dieses ‚Trauma‘ in Zukunft ablegen, wenn die großen Hoffnungen womöglich auf ihm alleine liegen.

Publikum - Ob im Publikum nun vor allem Tischtennisspieler saßen, wie Jean-Michel Saive zu bedenken gab, oder sich auch TT-Externe darunter befanden - die Zuschauer haben ein paar Mal richtige Gänsehautstimmung erzeugen können. Man denke zum Beispiel an Timo Bolls Spiel gegen Ma Long oder das Herrenfinale. Schön war zudem, dass die Ränge an den meisten Tagen sehr gut gefüllt waren.

Qualifikation - Lief diesmal ohne deutsche Beteiligung ab. Trotzdem waren verhältnismäßig viele Zuschauer in der Halle.

Ruwen Filus - Avancierte auch bei der Heim-WM in Düsseldorf zum Publikumsliebling, was zum einen sicherlich an seinem einnehmenden Spielstil lag, aber auch daran, dass er es schaffte, die Zuschauer mit seinen Emotionen für sich zu gewinnen. Er kann trotz des frühen Doppel-Aus’ sehr stolz auf sich sein, zumal außer Ma Long niemand sonst Fan Zhendong zwei Sätze abnahm. 

Solja - Im Einzel Flop, im Mixed top. Petrissa Solja hübschte die deutsche Bilanz mit ihrer Bronzemedaille im Mixed-Doppel tüchtig auf, auch wenn neben dem lachenden Auge das andere sicherlich auch in Richtung verpasste Titelchance schielte. Nichtsdestotrotz konnte sich ‚Peti‘ über ihre erste Medaille bei einer Individual-WM freuen und machte an Fang Bos Seite eine gute Figur.

TV - Wenn eine WM in Deutschland stattfindet, sollte diese auch im Fernsehprogramm Berücksichtigung finden. Und das nicht nur, wenn dabei ein großer Lederball zwischen zwei Pfosten durchfliegt. Natürlich wurde die TT-WM in Düsseldorf von den öffentlich-rechtlichen Sendern thematisiert, aber wie viel mehr wäre da möglich gewesen? Dass in ARD und ZDF kein Platz für tägliche Liveübertragungen ist, sehe ich ja vielleicht noch ein. Aber hätte man nicht auf den WDR ausweichen können? So oder so einfach schade für den Sport und die Tischtennisinteressierten, die nicht live dabei sein konnten.

Unterbau - Die Tische bereiteten dem einen oder anderen Spieler wegen des weit nach vorne hinaus ragenden Unterbaus Probleme, so zum Beispiel Timo Boll. Wie wir vom Materialexperten Paul Schiltz erfuhren, war das Modell jedoch bereits bei der WM 2013 im Einsatz.

Verrückt - Als verrücktestes Spiel seiner Karriere bezeichnete Ma Long das Herrenfinale gegen Fan Zhendong direkt nach der Partie. Tatsächlich schwappte dieser Krimi hin und her, war zwischendurch nach dem 3:1 für Ma Long schon fast in seiner Tasche, als es im siebten Satz noch einmal völlig offen wurde. Für mich war dies das beste Spiel des Turniers, bei dem auch die deutschen Zuschauer die Halle zum Beben brachten. 

Weikert - Der alte Präsident ist der neue Präsident. Thomas Weikert wurde bei der ITTF-Jahreshauptversammlung zum Chef des Weltverbands gewählt. Allerdings war die Wahl kein Selbstläufer. Sein Konkurrent Jean-Michel Saive konnte immerhin 90 von 208 Stimmen auf seine Seite bringen.

Xu Xin - Im Doppel einsame Spitze, im Einzel sind die eigenen Teamkollegen leider oft einen Tick besser - so auch in Düsseldorf. Schon mit Lin Gaoyuan hatte der Penholderspieler arge Probleme, bei Ma Long war dann endgültig Schluss.

Youngster - Für die drei Youngster im deutschen Team, Nina Mittelham, Chantal Mantz und Yuan Wan, war die Heim-WM leider schon nach der ersten Runde wieder vorbei, was wohl auch an gesundheitlichen Problemen in der Vorbereitungszeit gelegen hat. Während Mittelham mit ihren 20 Jahren inzwischen schon ein alter WM-Hase ist, feierten Mantz und Wan ihr Debüt.

Zhang Jike - Seine Fans kauften 200 Tickets, um eine riesige Fahne großflächig auf der Tribüne ausbreiten zu können. Doch trotz des großen Rückhalts in seiner Fangemeinde schaffte es Zhang Jike nicht ins Achtelfinale, sondern scheiterte zuvor am Koreaner Lee Sangsu. Dass der Olympiasieger von London das schwächste Glied in der chinesischen Kette war, ist keine Überraschung. Zwar hat der extrovertierte Star schon viele Male bewiesen, dass man sich, wenn es darauf ankommt, voll auf ihn verlassen kann. Allerdings hat er auch schon ein paar Mal zu oft gegen Nicht-Chinesen verloren, so dass sich diese inzwischen gegen ihn die besten Chancen auf ein Überwinden der chinesischen Mauer ausrechnen. Wir sind gespannt, wie lange wir Zhang noch bei wichtigen Events an vorderster Front kämpfen sehen werden.

(JS)

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