Trainingstipp

Tipp: Variable Rückschlaglänge - ein Mittel zum Erfolg

Legen Sie im Training mehr Wert auf das Aufschlag-Rückschlagspiel (©Fabig)

09.05.2017 - Ein bisschen Statistik gefällig? Etwa 75 % der Ballwechsel enden bereits innerhalb der ersten vier Ballkontakte. Was bedeutet das für unser Training? Dass ein großer Fokus auf das Aufschlag-Rückschlagspiel gelegt werden sollte, was viel zu selten passiert. Unser Trainingsexperte Martin Adomeit zeigt, wie man sein Spiel mit variablen Rückschlägen - also mit kurzen, halblangen und langen Schlägen - erfolgreicher gestalten kann.

präsentiert vom Verband Deutscher Tischtennistrainer (VDTT)

Im letzten Trainingstipp haben wir uns schon mit dem kurzen und langen Rückschlag beschäftigt. Diesmal gehen wir noch einen Schritt weiter und nehmen auch den halblangen Rückschlag dazu. Ballwechsel, egal auf welchem Niveau, werden in der Regel innerhalb der ersten vier Ballkontakte (also zwei von jedem Spieler) entschieden. Hier enden etwa 75 % der Ballwechsel. Die durchschnittliche Länge der Ballwechsel liegt unter vier Kontakten. Allein diese Zahlen machen deutlich, wie entscheidend der Bereich des Aufschlag-Rückschlagspiels für unsere Spielstärke im Tischtennis ist. Im durchschnittlichen Trainingsprozess ist dieser Bereich im Vergleich zu seiner Bedeutung für das Spiel deutlich unterrepräsentiert. 

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Auch wenn die Übungen für einige sicherlich zu komplex und überfordernd erscheinen, lassen Sie sich einfach mal darauf ein. Es kommt nicht darauf an, alles exakt durchzuführen, dies passiert in Wettkämpfen auch nicht. Aber hier treten gewollt oder unbewusst immer wieder unterschiedliche Situationen auf, für die man als Spieler Lösungsmöglichkeiten entwickeln muss, um den Wettkampf erfolgreich zu gestalten. Zweiter und nicht zu unterschätzender Aspekt dieser Übungen ist, dass allein durch das Beschäftigen mit diesen Inhalten das taktische Verständnis, in diesem Fall im Rückschlagspiel, geschult wird und damit die Ideen für ein erfolgreiches Rückschlagspiel und das Bewusstsein einer unterschiedlichen Rückschlaglänge erweitert werden. Neue Situationen außerhalb der Übung, die unter Umständen durch technisches Unvermögen auftreten, sind gewollt - besonders die schnelle Umstellung auf eine andere Situation, die es zu lösen gilt. Zum besseren Verständnis seien hier zwei Beispiele genannt. Der Spieler will eigentlich kurz spielen, aber der Ball gerät ihm zu lang und statt nun auf einen vorher erwarteten Schupf oder Flip eröffnen zu können, gilt es nun, auf einen gegnerischen Topspin Antworten finden zu müssen. Oder der umgekehrte Fall: Der Rückschläger spielt lang, damit der Gegner eröffnet und das Spiel mit Block oder Gegenzieher übernommen werden kann. Aber der andere erkennt dies zu spät oder spielt aus anderen Gründen einen Schupf zurück. Nun muss der Rückschläger blitzschnell auf einen eigenen Topspin gegen Unterschnitt umstellen.      

Diese unendlichen Möglichkeiten an Variablen können und sollen in den Übungen nicht extra aufgeführt werden, sondern sind "versteckter" Bestandteil. Die vorgegebenen Übungen sind also das Grundgerüst, mit dem gespielt wird - vielleicht in drei von Fällen. In den anderen Fällen sollten die Spieler jederzeit bereit sein, umzustellen, und eigene erfolgreiche Möglichkeiten für die Situationen finden.  
 

1. Übung: Rückschlagtraining   

Spieler A:  Kurze Aufschläge (manchmal halblang oder lang) in VH    Spieler B:  freie Rückschläge 

Für dieses Rückschlagtraining wird ein Seil im Abstand von ungefähr 20 Zentimetern quer über den Tisch gelegt. Der Rückschläger soll nun seine Rückschläge unterschiedlich platzieren, zwei gleiche Rückschläge hintereinander sind nicht erlaubt. Der Aufschläger nimmt den Ball nicht an. Dabei gibt es vier Möglichkeiten:

1. Kurz: Der zweite Aufsprung des Balles auf der gegnerischen Hälfte ist vor dem Seil.

2. Halblang: Der erste Aufsprung des Balles ist vor dem Seil, der zweite dahinter oder knapp hinter dem Tisch.

3. Lang: Der erste Aufsprung des Balles ist hinter dem Seil.

4. Topspin: Wenn der Aufschlag lang oder halblang kommt. Jetzt sollte der Aufsprung des Topspins hinter dem Seil sein.

Jede Variante sollte zehnmal durchgeführt werden. 

Diese Übung lässt sich natürlich beliebig variieren, z.B. in der Aufschlagplatzierung (nur über die Rückhand, überall hin, nur über die Mitte…). Je nach Gewichtung des Rückschlages können natürlich auch unterschiedliche Zielsetzungen, sprich Punkte für unterschiedliche Längen gegeben werden. Auch Wettkämpfe lassen sich hieraus entwickeln. Ein Beispiel dafür: Man spielt 40 Rückschläge und schaut, wer die meisten Punkte schafft. Dabei darf aber kein Rückschlag mehr als zehnmal gespielt werden.
 

2. Übung: Kurz/halblang in VH oder lang in RH  

Spieler B: KA in RH (LA in RH - frei)           Spieler A: KR/HLR in VH/sSch in RH
                 T/F in RH (KR - frei)                       RHB/RHT in VH-Ecke 

                                                    frei 

Der Rückschläger weiß, dass er in der Regel den Rückschlag aus kurzer Rückhand macht, und soll sich nun zwischen dem KR und dem langen Rückschlag als sSch in die Rückhand entscheiden. Beides sollte aus dem gleichen Schlagansatz heraus geschehen, damit der Gegner möglichst wenig oder erst späte Signale für seine Antwort erhält. Natürlich ist hier auch das Beobachten des Aufschlägers und seiner Position von entscheidender Bedeutung.   

Zur Grafik von Übung 2
 

3. Übung: Rückschlag mit RH lang in VH oder kurz in RH  

Spieler B:  KA in RH (LA in Mitte oder VH - frei)      Spieler A : KR in RH/LR in VH 
                  VHT in 1/2 VH/RHF in 1/2 VH                                 VHT überall 
                                                           frei           

Der Aufschlag erfolgt wieder in die Rückhand. Von hier schlägt der andere lang parallel oder kurz in RH zurück. Der kurze Ball in RH ist von der Länge, die er diagonal fliegt, etwas schwerer einzuschätzen. Nach dem Rückschlag soll das Ziel sein, direkt mit VH zu übernehmen.      

Zur Grafik von Übung 3 - Alternative 1
Zur Grafik von Übung 3 - Alternative 2
 

4. Übung: Rückschlag von überall kurz in Ecken oder lang auf Ellbogen   

Spieler B: KA überall (LA in RH - frei)        Spieler A: KR nach außen/LR auf Ellbogen
                nach KR: KR                                               F in Ellbogen/weite VH    
                                                      frei

                nach LR in Ellbogen: T überall                   B/T nach außen 
                                                      frei  

Diese Übung ist recht komplex und so gehört auch das Verstehen der Übung, je nach Leistungsstand, zum Bestandteil der Übung. Es geht darum, auf kurze Aufschläge auf den ganzen Tisch zu reagieren und den Aufschläger mit der Rückschlaglänge so unter Druck zu setzen, dass schnell die Initiative übernommen werden kann. Bei solchen Übungen bietet es sich an, sie in kleinen Wettkampfformen zu spielen. Ein Beispiel dafür: Drei Punkte in Folge bedeuten einen Minuspunkt für den Gegner. Am Ende macht man für jeden Minuspunkt zehn Situps.  

Zur Grafik von Übung 4 - Alternative 1
Zur Grafik von Übung 4 - Alternative 2

Viel Spaß und Geduld beim Spielen des perfekten kurzen Balles! 

(Martin Adomeit)

Die Übungen im Video:
Auch diesmal können Sie sich die Übungen wieder im Video anschauen, das von unserem Partner Tischtennis Helden produziert wurde, hier geht es zum gleichnamigen YouTube-Kanal von Jannick Borschel! 

Der Autor
Martin Adomeit war Nationaltrainer in vier verschiedenen Nationen (Deutschland, Luxemburg, Belgien und Nigeria) und gewann mit allen Nationen Medaillen bei Welt-, Europameisterschaften oder African Games. 1998 wurde er in Deutschland Trainer des Jahres. Jetzt arbeitet der 52-jährige Lippstädter als freiberuflicher Trainer. Er führt unter anderem Lehrgänge für Vereine, Bezirke oder Verbände durch, gibt Einzeltraining und betreibt einen TT-Shop. International betreute er beispielsweise Quadri Aruna beim World Cup in Düsseldorf. 2015 führte er Nigerias Männerteam zum Mannschaftstitel bei den All African Games und ist damit der erste Trainer der auf verschiedenen Kontinenten Titel in kontinentalen Mannschaftswettbewerben gewann. 

Zu erreichen ist Martin per Telefon unter 02941-273385 oder per mail unter lippstadt@tt-store.de. Die Adresse der Webseite ist lippstadt.tt-store.de. 

Zum PDF-Download des Trainingstipps!

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