Buntes

"Fairster unter den Fairen" – Legende Schöler im Porträt

Eberhard Schöler beim Gesprächstermin im DTTZ in Düsseldorf (©Koch)

19.09.2014 - Er ist der einzige deutsche Spieler, der das Finale einer Weltmeisterschaft im Herren-Einzel erreicht hat. Von keinem Geringeren als Hans-Wilhelm Gäb wurde er als der „Fairste unter den Fairen“, der „Toleranteste unter den Toleranten“ und der „Anständigste unter den Anständigen“ geadelt: Eberhard Schöler. Mit uns sprach der 73-Jährige u.a. über die Anfänge seiner Karriere, Tischtennis zu jener Zeit und das WM-Finale 1969.


Hallenbedingungen machen Spielern und Zuschauern zu schaffen
Von jener abgeklärten Spielweise und seinem großen Ehrgeiz profitiert Schöler wie eingangs beschrieben vor allem bei der WM ’69 in München. „Die Atmosphäre beim Finale gegen Ito war fantastisch. 7.000 Menschen haben mich damals in der Halle angefeuert und mit mir als Sieger gerechnet.“ Ist  es in der Eissporthalle in München (mit weißem, vor allem für die Abwehrspieler störenden Fußboden) auch aufgrund eines Kälteeinbruchs im April, zu Anfang der Weltmeisterschaft sehr kalt, leiden die Zuschauer am Finaltag bei hohen Außentemperaturen unter der drückenden Hitze. Nach der 2:0-Führung im Finale bittet Schöler die Verantwortlichen, die kurz zuvor eingeschaltete Hallenventilation wieder auszuschalten, weil die Flugkurve der Bälle beeinflusst wird. „Im dritten Satz bin ich dann noch einmal herangekommen. Aber Ito wurde immer besser und ich gleichzeitig schlechter. Meine Verletzung hat mir zu schaffen gemacht und am Ende hat es nicht gereicht“, sagt der Düsseldorfer. Dass Ito nach dem dritten Satz kurzzeitig die Halle verlässt und deshalb im Nachhinein Dopinggerüchte aufkommen, darüber kann Schöler nur schmunzeln: „Da ist nichts dran. Es war einfach eine hervorragende Leistung von ihm. Er ist ein super Typ, ich habe ihn vor kurzem bei der WM in Tokio getroffen, da haben wir noch ein Bier zusammen getrunken. Denn er ist ein großer Anhänger von deutschem Bier.“

1969 ist auch das Jahr, in dem sich Eberhard Schöler entscheidet, sein Studium an den Nagel zu hängen. Da einem Tischtennis auch damals noch, wenn überhaupt, nur einen kleinen Nebenverdienst bringt, heuert er bei der Glasbaufirma Hirnstein an. Die wird damals vom Borussia-Vorsitzenden Karl Steinhausen geleitet. „Zudem haben Freunde und Bekannte mir geraten, etwas mit meinem Namen zu machen.“ Erst läuft ein Versandhandel in Berlin unter dem Namen ‚schöler-tischtennis’. „In den 70er-Jahren saß ich dann irgendwann nach dem Training mit meinem Mannschaftskameraden Wilfried Micke, dem Gründer von sport-micke, in der Sauna und wir haben gesagt, warum machen wir nicht etwas zusammen.“ So folgt 1977 der Zusammenschluss zur Firma Schöler&Micke.

Gäb: "Können nicht immer nur über unseren Sport meckern"
In der Bundesliga ist der Abwehrspieler auch weiterhin aktiv. Zwischen Einführung der Liga 1966 und seinem Karriereende 1979 bringt er es ohne Unterbrechung auf 224 Mannschaftsspiele. Nach seiner aktiven Karriere bleibt der heute 73-Jährige dem Sport erhalten. Mehr auf Drängen von außen hin und weil er oft für Positionen vorgeschlagen wird, übt er verschiedene Funktionärstätigkeiten. „Hans Gäb hat damals gesagt: ‚Wir können nicht immer nur meckern über unseren Sport, sondern müssen auch etwas tun, dass er besser wird’“, berichtet Schöler. In seiner Position als Verantwortlicher für den Leistungssport im Deutschen Tischtennisbund (1981-2007) erinnert sich Schöler vor der WM 1989 an den schrecklich weißen Hallenboden der Eissporthalle München bei der WM ’69. In Dortmund kommt so erstmals der heute verbreitete rote Taraflex-Boden zum Einsatz. Als Vizepräsident der ETTU steigt Schöler im Jahr 2012 nach Unstimmigkeiten mit dem Italiener Stefano Bosi, der später im Übermut die Nachfolge Shararas bei der ITTF antreten will, aus: „Da waren wir in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung. Zum Beispiel: Die Austragung eigener Mixed-Europameisterschaften mit nur 15 bis 20 teilnehmenden Paaren machte für mich keinen Sinn“, so der 73-Jährige. 

Angesprochen auf die zahlreichen Auszeichnungen (u.a. das Silberne Lorbeerblatt 1966, das Bundesverdienstkreuz am Bande 2009 und die Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports 2011) reagiert Schöler mehr als bescheiden: „Ich freue mich schon über diese Auszeichnungen, könnte aber auch ohne sie leben“, sagt der Düsseldorfer und verweist auf Timo Boll als Vorbild für Sportlichkeit: „Er ist sicherlich einer der Fairsten. Wichtig ist, dass man die Fairness bei den inzwischen großen finanziellen Anreizen nicht vergisst. Aber wir können stolz darauf sein, dass Tischtennisspieler diese Werte so hochhalten“, sagt der „Fairste unter den Fairen“,  „Toleranteste unter den Toleranten“ und „Anständigste unter den Anständigen“ zum Abschluss des Gesprächs.

Einen Fernsehbericht über Eberhard Schöler aus dem Jahr 2003 sehen Sie hier:



Hier lesen Sie das Stellan Bengtsson-Porträt!

(DK)

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