Trainingstipp

Trainingstipp: Der Rückhandtopspin – eine Frage des Timings

Das richtige Timing ist beim Rückhand-Topspin maßgeblich (©Fabig)

15.11.2016 - Es ist immer wieder die gleiche Situation: Die meisten Tischtennisspieler wollen eigentlich angreifen, haben Spaß an offensivem Spiel. Beim Blick in die Hallen während der Meisterschaftsspiele finden wir dann aber Schupfduelle über die Rückhandseite. Warum ist das so und wie lässt sich das ändern? Unser Trainingsexperte Martin Adomeit gibt Aufschluss darüber und zeigt Wege auf, wie man Schupfduelle vermeidet und stattdessen den Rückhandtopspin spielt.

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Fragt man bei den Betroffenen nach, warum sie oft den Rückhandtopspin scheuen, kommt gerade bei den Damen, aber längst nicht nur dort, als Antwort: "Ich wollte ja, aber nach den Schupfbällen in die Rückhand habe ich mich nicht getraut oder am Anfang habe ich ein oder zwei versucht, aber mich dann nicht mehr getraut."

Was ist aber so schwer am Rückhandtopspin, dass er nicht eingesetzt wird? Die Schlagbewegung  an sich kann es nicht sein, denn sie ist deutlich nicht so komplex wie ein Vorhandtopspin. Sie ist der eines Frisbee-Wurfes sehr ähnlich und den kann nun wirklich jeder recht schnell erlernen. Auch die Beinstellung kann es nicht sein. Denn erstens stehen die meisten Spieler bei ihren Rückhandschupf-Duellen schon in RH-Stellung, zweitens spielt die Beinstellung eine längst nicht so große Rolle wie beim Vorhandtopspin. Natürlich muss sich der Spieler richtig zum Ball stellen, aber das muss er bei anderen Schlägen auch.

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Die Ursachen der Nicht-Durchführung liegen meines Erachtens nach somit in zwei anderen Dingen: Zum einen hat der Spieler auf der RH-Seite oft ein Bewegungsmuster mit dem RH-Schupf, welches in vielen Situationen eingeübt, erprobt und somit recht sicher ist. Das heißt im Kopf der Spieler wird der Schlag immer wieder mit der scheinbar sicheren Variante des Schupfs verglichen.

Wenn man diesen aber von Beginn an tausendmal häufiger gespielt hat, wird er immer nur sicher bleiben, – selbst wenn man dabei vergisst, dass man damit auch selten den Punkt gewinnt und ihn dann wieder spielen muss. Auf der VH-Seite ist der Schupf schwieriger, wird viel seltener gespielt und die VH ist in der Spielauffassung eben zum Angreifen da. Dieses Muster ist oft so erlernt worden. Also würde es auf der RH helfen, nicht so sicher schupfen zu können und einfach häufiger den Topspin zu spielen. 

Aber auch bei Spielern, denen dies beim Training so beigebracht worden ist, taucht immer wieder der RH-Schupf oder eine ähnliche Technik statt Topspin auf. Wie oben beschrieben an der Schwierigkeit der Technik – der eines Frisbee-Wurfes – liegt es nicht. Schwierigkeiten tun sich an einer anderen Stelle als beim Frisbee-Wurf auf. Hier kann ich die Scheibe in die Hand nehmen, warten, bis ich werfen möchte, und den Wurf nun durchführen. So ist es aber leider beim Rückhandtopspin im Tischtennis nicht: Ich muss die Bewegung genau passend im richtigen Augenblick machen. Der Schläger muss schon den Schwung nach vorne haben, wenn er den Ball trifft. Gelingt dies, ist der Schlag ganz einfach, fühlt sich auch so einfach an und sieht von außen so aus.

Ist dies nicht der Fall und der Spieler ist mit seiner Bewegung zu spät, fällt der Ball ins Netz. Beim nächsten Versuch will er den Fehler ausgleichen und öffnet den Schläger. Der Ball geht jetzt vielleicht über das Netz, aber auch oft über den Tisch und wird hart getroffen. Das Handgelenk kann nicht mehr richtig eingesetzt werden und die 'schöne, einfache' Bewegung "Rückhandtopspin" ist verloren. Je mehr sich der Spieler über die gutgemeinten Korrekturen von außen damit beschäftigt, desto schlimmer wird es oft, denn jetzt versucht er, alle Informationen zu verarbeiten und ja alles richtig zu machen. Er will so sicher sein wie beim Schupf. Innerhalb kürzester Zeit alles richtig zu machen bei passendem Timing, kann zur Überforderung führen.

Meines Erachtens nach hilft die Tatsache, den Rückhandtopspin oft genug zu spielen. Machen Sie sich die Bewegung durch Frisbee-Würfe deutlich, schauen Sie sich am besten auch ein paar Videos von den Topspielern an, denn nur dann sehen Sie die nötige Dynamik der Bewegung. Führen Sie den Rückhand-Topspin dann einfach tausendmal in verschiedenen Situationen aus, machen Sie eine kurze Pause bei gelungenen Bällen und merken Sie sich das Gefühl. Gelungen meint nicht den Erfolg auf dem Tisch, sondern einen Schlag im Schwung, bei dem der Ball mit Spin, also weich getroffen wurde. Gelingt Ihnen dies, beherrschen Sie den Rückhandtopspin. Bei den Übungen im Folgenden sind immer wieder andere Situationen dargestellt. Der Ball kommt anders in Bezug auf Höhe, Rotation und Tempo. Die Bewegung auf RH bleibt die gleiche und so wird das Timing trainiert. Schauen Sie auf die gelungenen Bällen – auf die kommt es an. Wenn Ihnen Hundert im Training gelingen und davon zehn richtig super, sind Sie einen riesigen Schritt weiter auf dem Weg zum Rückhandtopspin als dem selbstverständlichen der Welt.

1. Übung:

Spieler A: KA in RH                                   Spieler B: Sch in RH

                RHT weit diagonal

                                               frei 

Diese scheinbar einfache Übung ist am Ende eigentlich schon die Zielübung. Die Situation ist vereinfacht, da der Rückhandtopspin auf den diagonal gespielten Schupf gespielt wird, also auch noch auf einen Ball, auf den der Spieler viel Zeit hat. Die ankommende Rotation unterstützt zudem das Bewegungsziel des Topspins. Die Spieler sollten versuchen, dem Ball dennoch möglichst viel eigene Vorwärtsrotation mitgeben. Der Schwung soll vorhanden sein und die diagonale Ausführung ist gefordert, damit der Spieler die Bewegung so früh beginnt, dass er den Ball im Schwung der Bewegung trifft. Fünf superschnelle Bälle (schnell in Bezug auf die Bewegung und die Spinerzeugung) sind besser als zwanzig sichere Angriffsbälle auf den Tisch. Spieler sollten das Gefühl einer tollen Spin-Erzeugung mit Hilfe einer kurzen Pause (einige Sekunden) speichern.  

Zu Übung 1

2. Übung:

Spieler A: KA in Mitte                                                         Spieler B: F in RH

                RHT in RH/Mitte

                                                          frei  

Jetzt wird der RHT auf Flip gespielt. Der Ball kommt also schneller an. Man kann ihn nun auch ohne Aufwärtsbewegung und Spin auf den Tisch treffen, aber dies ist nicht das Ziel. Das Ziel soll bleiben, spinreiche Topspins zu erzeugen. Also mit derselben Bewegung wie gegen den Unterschnittball, den Ball auf den Tisch zu spielen. Die Bewegung muss also früher starten und unter Umständen etwas kürzer sein. Auch die Tischdistanz des Spielers kann sich etwas vergrößern.            

Zu Übung 2

3. Übung:

Spieler A: KA überall                                              Spieler A: Sch/F in RH

                RHT in RH

                                                          frei     

Jetzt kommt der Aufschlag an verschiedene Stellen und der Rückschlag wird variiert. Bei der Übung kommen also ständig andere Situationen vor. Auf diese gilt es aber immer gleich zu reagieren. Der Spieler eröffnet mit RHT diagonal. Am besten mit einer möglichst frühen Bewegung. Das Ziel ist, den Ball weit vor dem Körper mit viel Spin und damit einer schnellen Handgelenksbewegung zu treffen. Der Spieler sollte mal versuchen festzustellen, wann er mit der Schlagbewegung auf unterschiedliche Bälle beginnt. Bei gelungenen Bällen er sich dies dann merken.

Zu Übung 3

4. Übung:

Spieler B: LA/HLA in RH (LA in VH - frei)                                  Spieler A: RHT überall

                                                          frei

Viele Aufschläge (trotz vieler anders lautender Übung bei myTischtennis ;) kommen in die RH-Seite. Jetzt sollen nur halblange und lange Aufschläge erfolgen. Der Spieler soll versuchen, unabhängig vom Schnitt der Aufschläge mit Rotation zu eröffnen. So bekommt er ständig andere Bälle und trainiert damit sein Timing. Hiermit lassen sich beispielsweise nach folgender Regel auch Wettkämpfe spielen: Nur der Rückschläger kann punkten. Rückschlag hat immer, wer den letzten Ballwechsel gewonnen hat. Punkte direkt mit RHT bei Rückschlag zählen doppelt.

Zu Übung 4

Der Autor
Martin Adomeit war Nationaltrainer in vier verschiedenen Nationen (Deutschland, Luxemburg, Belgien und Nigeria) und gewann mit allen Nationen Medaillen bei Welt-, Europameisterschaften oder African Games. 1998 wurde er in Deutschland Trainer des Jahres. Jetzt arbeitet der 52-jährige Lippstädter als freiberuflicher Trainer. Er führt unter anderem Lehrgänge für Vereine, Bezirke oder Verbände durch, gibt Einzeltraining und betreibt einen TT-Shop. International betreute er beispielsweise Quadri Aruna beim World Cup in Düsseldorf. Zuletzt führte er Nigerias Männerteam zum Mannschaftstitel bei den All African Games und ist damit der erste Trainer, der auf verschiedenen Kontinenten Titel in kontinentalen Mannschaftswettbewerben gewann. 

Zu erreichen ist Martin per Telefon unter 02941-273385 oder per mail unter lippstadt@tt-store.de. Die Adresse der Webseite ist lippstadt.tt-store.de. 

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