International

Weikert neuer ITTF-Präsident: Revolution ausgeschlossen

Mit dem heutigen Tag ist DTTB-Präsident Thomas Weikert auch der Anführer des Weltverbandes (©Roscher)

01.09.2014 - DTTB-Präsident Thomas Weikert führt ab dem 1. September den Weltverband ITTF. Nach dem im Frühjahr angekündigten Rücktritt Adham Shararas übernimmt der 52-jährige Jurist und ehemalige Bundesligaspieler im Rahmen seiner Stellvertreterfunktion das wichtigste Amt im Tischtennissport. Damit ist er einer von insgesamt nur drei deutschen Präsidenten bei olympischen Weltverbänden. Sharara hatte den Verband seit 1999 angeführt.

Es gibt keine Zeremonie, keine Ernennungsurkunde und keine feierliche Übergabe des Zentralschlüssels für den ITTF-Hauptsitz in Lausanne. Wie wohl so mancher bedeutende Moment erweist sich auch dieser in der Praxis als eher unspektakulär: Mit dem Aufwachen am Montagmorgen ist Thomas Weikert in Personalunion DTTB-Präsident und Präsident der International Table Tennis Federation, ITTF. Aufgeregt sei er nicht, sagt Weikert, der seit 2009 als ITTF-Vizepräsident aktiv ist. „Ich habe großen Respekt vor dem Amt und vor der Aufgabe. Ich war als Vize- und seit einem Jahr auch stellvertretender ITTF-Präsident schon in vieles eingebunden, gehe aber davon aus, noch einiges Neue kennenzulernen. Das ging mir beim Deutschen Tischtennis-Bund ähnlich, als ich 2005 vom Justiziar zum Präsidenten wurde. Es wird mit Sicherheit eine spannende, sehr interessante Zeit.“

 

Ein Präsident „für alle“

 

Der Limburger Fachanwalt für Familienrecht und Sportrechtsexperte ist neben Klaus Schormann beim Modernen Fünfkampf und Sepp Fendt bei den Rodlern einer von drei deutschen Präsidenten in Weltverbänden olympischer Sportarten. Weikert stellt klar: „Ich bin zwar Deutscher, aber kein deutscher Präsident, sondern für alle da.“ Er wolle gerade kleinen Nationalverbänden die Angst nehmen, dass die Solidarität ins Hintertreffen gerate, wenn ein Präsident aus dem zweitgrößten Nationalverband der Welt die Führungsrolle übernehme. „Der Ausbau der ITTF-Entwicklungshilfeprojekte ist eine meiner Herzensangelegenheiten. Unser Sport soll in so vielen Ländern wie möglich von vielen Menschen gespielt werden und dabei nicht nur dem körperlichen und geistigen Training dienen, sondern auch verbindendes Element sein“, so Weikert.

 

Förderung der Inklusion

 

Weiteres wichtiges Thema auf seiner Agenda: Inklusion im Sinne der Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Ein Beispiel dafür ist der Ägypter Ibrahim Hamato, der bei einem Zugunglück im Alter von zehn Jahren beide Arme verlor, sich unter anderem mit Hilfe des Sports zurück ins Leben kämpfte und sehr beachtlich Tischtennis mit dem Schläger im Mund spielt. „Seine Geschichte hat mich tief beeindruckt. Sie kann vielen Menschen gleichermaßen Mut machen und Ängste nehmen“, findet Thomas Weikert. Auf Einladung der ITTF war Hamato bei der Team-WM in Tokio und hat dort viele Topstars kennengelernt und mit ihnen trainiert.

 

Für sein neues Amt hat Weikert bereits einige Vorstellungen entwickelt, wichtig sei zunächst aber eine detaillierte Bestandsaufnahme, auf deren Grundlage Projekte priorisiert werden müssten. „Revolutionen schließe ich aus“, kündigt Weikert an, diese habe es mit der Verkürzung der Zählweise von 21 auf elf Punkte und der Vergrößerung des Balles um zwei Millimeter in der Amtszeit seines Vorgängers, Ex-ITTF-Präsident Adham Sharara, gegeben. Für kleinere Neuerungen aber sei er offen. Eine weitere Entschärfung des Aufschlags hält er für denkbar und begrüßt den zweifarbigen Ball, der im August in Halbfinale und Finale der Chinese Super League getestet worden ist. Solche Maßnahmen sollen dazu führen, dass der Aufschlag weniger entscheidend ist, es weniger Fehler gibt, die für den Zuschauer vermeidbar wirken, dass mehr dieser sehenswerten langen Ballwechsel entstehen und der Tischtennissport insgesamt leichter verständlich wird.

 

Weikert beruhigt vorab aber die Gemüter. „Damit es nicht gleich zu Protesten an der Basis kommt, die sich ja gerade erst an den Plastikball gewöhnt: Solche Ideen müssen wir zunächst intensiv testen. Umsetzen können wir sie nur sehr behutsam und mit langem Vorlauf. Ich halte es außerdem für denkbar, dass wir etwas wie den zweifarbigen Ball nur im Profibereich einsetzen.“ Als Spielfläche für solch zukunftsweisende Projekte möchte er ein Preisgeldturnier einrichten, an dem die Topspieler unter Realbedingungen mit Zuschauern und Medienpräsenz teilnehmen.

 

Nächste ITTF-Präsidentschaftswahl im Jahr 2017

 

Thomas Weikert war erstmals 2009 ins ITTF-Präsidium berufen worden, wurde im Mai 2013 im Rahmen der WM in Paris wiedergewählt und im Herbst vergangenen Jahres zum Stellvertreter Adham Shararas benannt. Gemäß der ITTF-Satzung kann er als Stellvertreter die präsidiale Funktion bis zu den nächsten regulären Wahlen im Jahr 2017 ausüben. „Geplant ist, dass ich mich den Delegierten bei der Einzel-WM in drei Jahren, die nach dem Stand der Dinge in Deutschland stattfinden wird, zur Wahl stellen werde“, erklärt er. Sein Amt als DTTB-Präsident bleibt von der neuen Position unberührt. Laut Satzungen von DTTB und ITTF ist eine Doppel-Funktion möglich. „Ich muss jedoch sicher sein, dass ich beide Ämter vollständig ausfüllen kann“, fügt er hinzu. Voraussetzung für ihn ist zudem, seinen Beruf als Anwalt weiterhin ausüben zu können.

 

Adham Sharara, 61-jähriger ehemaliger ägyptischer Nationalspieler und Wahl-Kanadier, zieht sich nicht vollständig zurück. Als Vorsitzender des Annual General Meetings, der ITTF-Vollversammlung, wird er neben der Versammlungsleitung die Satzung des Weltverbands weiterentwickeln und die Verbreitung des Tischtennissports auf allen Ebenen fördern. Sharara will sich zudem um Ämter im Internationalen Olympischen Komitee bemühen sowie bei ASOIF und SportAccord, dem Zusammenschluss der olympischen Sommersportverbände bzw. aller internationalen Sportverbände. „Das sind Herkulesaufgaben, die neben dem Amt des ITTF-Präsidenten nicht leistbar sind“, sagt Weikert. „Ich bin froh, dass uns Adham mit seinem Wissen, seiner Erfahrung und seinen diplomatischen Fähigkeiten erhalten bleibt und diese wichtigen Projekte zusammen mit dem ITTF-Präsidium und in dessen Auftrag vorantreiben wird.“

 

(DTTB)

 

Kommentar schreiben

Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.

* Pflichtfeld

Copyright © 2024 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.