WM 2015

Die WM aus Sicht der Chinesen: Ma Long unter Zugzwang

Im letzten Jahr sicherten sich die großen Vier zusammen mit Wang Hao den Titel bei der Mannschafts-WM (©ITTF)

24.04.2015 - Zehn Titelträger im Herren-Einzel bei Tischtennis-Weltmeisterschaften hat China bisher hervorgebracht. Auch in diesem Jahr spricht wieder vieles dafür, dass der Weltmeister aus dem Reich der Mitte kommt. Denn mit Ma Long, Xu Xin, Titelverteidiger Zhang Jike und Fan Zhendong stammen die ersten vier Spieler der Weltrangliste aus China. Wie die Chancen der 'großen Vier' stehen und auf wem besonders großer Druck lastet, lesen Sie hier!

Sicherlich unbeschwert kann der 18-jährige Fan Zhendong ins Turnier gehen. Er spielt gerade einmal seine zweite Weltmeisterschaft – bei der letzten schied er in der Runde der letzten 32 gegen Zhang Jike aus – und wird noch viele Möglichkeiten haben, den Titel zu gewinnen. Dennoch ist dem Youngster durchaus zuzutrauen, schon in diesem Jahr den ganz großen Coup zu landen. 2012 krönte er sich nach einem Final-Sieg gegen seinen Landsmann Lin Gaoyuan zum jüngsten Jungen-Weltmeister aller Zeiten, hätte mit seinen 15 Jahren selbst noch in der Schüler-Klasse antreten können. Auch bei den China National Games im gleichen Jahr machte er auf sich aufmerksam und fand sich bald darauf im Kreise der Nationalmannschaft wieder. Der Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Paris 2013 folgten die ersten World Tour-Triumphe (u.a. German Open 2013 im Finale gegen Dimitrij Ovtcharov) und im Jahr 2014 der Sieg bei den Olympischen Jugendspielen. Nachdem er in Paris bereits erste Erfahrungen sammeln durfte, will Fan Zhendong in Suzhou von Runde zu Runde schauen: "Der Titel hätte eine sehr große Bedeutung, aber ich will erst einmal von Runde zu Runde jeden Gegner schlagen", sagt der 18-Jährige vor dem Turnier. 

25 Jahre auf dem Buckel hat mittlerweile der beste Penholder-Spieler der Welt, Xu Xin. 'Anaconda', so sein Spitzname, führte bis Februar 2015 fast ein Jahr lang die Weltrangliste an, allerdings eher aufgrund seiner häufigen Teilnahmen an World Tour-Turnieren. Seine wuchtigen Vorhand-Topspins sind eine mehr als gefährliche Waffe. Im Gegensatz zu seinen chinesischen Kollegen im Bunde der großen Vier bzw. Drei hat der Linkshänder allerdings das weniger variable Spiel. Kann sich der 25-Jährige dennoch zum ersten chinesischen Linkshänder aufschwingen, der den Weltmeister-Pokal in den Händen halten darf? Möglich ist es, aber Xu Xin dürfte, anders als Ma Long und Zhang Jike, eher die Außenseiterrolle eingeräumt werden. Bei der letzten WM in Paris kassierte er im Halbfinale eine klare 0:4-Pleite gegen Zhang Jike (bei internationalen Spielen eine Bilanz von 4:4). Gegen Ma Long steht auf internationalem Parkett eine Bilanz von 6:14 zu Buche – Überlegenheit sieht anders aus. 

Zhang Jike könnte mit Zhuang Zedong gleichziehen
Den Titelhattrick könnte in diesem Jahr Zhang Jike perfekt machen, nachdem er schon 2011 in Rotterdam und 2013 in Paris ganz oben auf dem Treppchen gestanden. Drei Titel hintereinander, das war in der Geschichte der Weltmeisterschaften bisher nur Victor Barna (4x sogar: 1932, 1933, 1934, 1935) und Zhuang Zedong (1961, 1963, 1965) gelungen. Nach diversen Spielen sorgte das 'Enfant terrible' der chinesischen Nationalmannschaft schon einmal gerne für Aufsehen: Mal zerreißt er sich das Trikot, mal muss die Spielumrandung dran glauben, wie beim World Cup im Oktober in Düsseldorf. Ungeachtet dieser 'Eskapaden' wird der Grand Slam-Sieger auch in diesem Jahr wieder ein großes Wort mitreden, wenn es um die Titelvergabe geht. Er habe sich schon gut an die Bedingungen im Suzhou International Expo Centre gewöhnt, ließ der 25-Jährige kürzlich verlauten. Auch wenn Liu Guoliang sich oft als Mahner gibt und auch in diesen Tagen innerhalb von zwei Stunden das Training des Olympiasiegers gleich fünfmal unterbrach, um Zhang Jike zurechtzuweisen ("Er muss den Siegeswillen entflammen", Zitat Guoliang): Wenn es darauf ankommt, ist der 27-Jährige zur Stelle – wohl auch in diesem Jahr? 

Den vielleicht größten Druck aller Chinesen dürfte in Suzhou der Weltranglistenerste Ma Long haben, der in diesem Jahr an Nummer eins gesetzt ist. Er gilt als der kompletteste Spieler der Welt und steht bisher trotzdem noch ohne Titel bei einer Weltmeisterschaft oder den Olympischen Spielen da. Eine immer wiederkehrenden Misserfolg erlebt der 26-Jährige bei den vergangenen Welttitelkämpfen: Im Halbfinale musste er sich in den Jahren 2009, 2011 und 2013 stets Wang Hao geschlagen geben, der bekanntlich seine Karriere beendet hat. Auftrieb geben dürfte Ma Long dagegen, dass er schon diverse Male im eigenen Land die China Open gewinnen konnte, sich im vor heimischer Kulisse recht wohl zu fühlen scheint. "Vor zehn Jahren in Shanghai konnte ich noch nicht an den Titelkämpfen teilnehmen. Jetzt findet das Turnier wieder in China statt und ich habe die Möglichkeit vor einer solchen Kulisse zu spielen, die anders als in Europa ist. Diesmal werden mir die Leute zujubeln, was mich antreiben wird", glaubt der Chinese. Ob es in diesem Jahr endlich mit dem ersehnten Titel klappt? Wir dürfen gespannt sein!

(DK)

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