Buntes

Stöckmann: "Den Nachbarn gebeten, nicht zu telefonieren"

Der Tischtennis-Tausendsassa Winfried Stöckmann (©privat)

17.04.2015 - Vor wenigen Wochen hatten wir Ihnen unter dem Motto "Vereinsurgsteine" Dieter Jenn (TTC RG Porz) und Gerd Welker (Hertha BSC Berlin) vorgestellt, die seit vielen Jahrzehnten Vorsitzende Ihres Vereins sind. Eine ebenfalls beeindruckende Vita weist Winfried Stöckmann auf: Der 82-jährige übt(e) im Verein, Kreis, Bezirk und Verband weit mehr als ein Dutzend Positionen im Laufe seines Lebens aus und das teilweise über sechs Jahrzehnte!

Zeitweise waren es sogar mehr als eine Handvoll Ämter gleichzeitig gewesen, die Stöckmann in seinem Verein (DJK Adler Frintrop), dem Kreis Essen, dem Bezirk Ruhr und dem Westdeutschen Tischtennisverband bekleidetete. Vom Abteilungsleiter, dem Kassenwart im Verein (insgesamt 53 Jahre) über den Pressewart im Kreis Essen (von 1953 bis in die Gegenwart) oder dem stellvertretenden Kreisvorsitzenden (41 Jahre) bis hin zum Pressewart im Westdeutschen Tischtennisverband – Stöckmann versuchte sich einzubringen, wo Unterstützung gebraucht wurde, sagt aber auch: „Wenn sich jemand engagiert, dann wird man von anderen automatisch für weitere Ämter vorgeschlagen. Auf Vereinsebene viel zu bewegen, hat mich immer gereizt, höhere Positionen im Verband habe ich eher nicht angestrebt“, erklärt der 82-Jährige, der als Spieler „über die Bezirksklasse nicht hinauskam.“ 

Als 1952 die Jugendmannschaft des Vereins, welche er selbst betreute, die örtlichen Bezirksmeisterschaften gewinnen konnte, ergab sich Folgendes: Der Essener berichtete über das Ereignis und der Artikel erschien im Magazin des Deutschen Tischtennis-Sport (heute „tischtennis“). Daraus entwickelte sich eine fortlaufende, ehrenamtliche Mitarbeit in der Redaktion: Nach diversen Beiträgen in fast jeder Ausgabe in den ersten zwei Jahrzehnten hatte er in den 70ern schließlich seine eigene Kolumne mit dem Titel „Erlebt, erlauscht – kritisch gesehen“. „Darin habe ich Geschichten kommentiert, die mir von außen zugetragen wurden“, erinnert sich Stöckmann und gibt zu: "Manchmal habe ich mich nicht rückversichert, manche Geschichten wären bei ordnungsgemäßer Recherche vielleicht gar nicht veröffentlicht worden.“ Aber: Auch heute noch werde er hin und wieder von Leuten auf seine damalige Kolumne angesprochen. Bis vor wenigen Jahren war er noch mit Berichten aus der Regionalliga im Regionalteil des Magazins vertreten.

Wenn der Nachbar nicht telefonieren durfte
Wirkliches Zeilengeld bekam der Industriekaufmann im Bergbau auf seinen Abwegen im Journalismus allerdings nur bei Essener Tageszeitungen – was in der Zeit vor der Digitalisierung mehr denn je ein mühsames Unterfangen war. „In den ersten Jahren musste ich mir aufgrund der baulichen Gegegebenheiten mit meinem Nachbarn einen Telefonanschluss teilen. Deshalb musste ich ihn bitten, sonntagnachmittags nicht die Leitung zu blockieren. Denn darüber wurden mir im Zeitalter vor click-TT ja die Ergebnisse durchgegeben und ich musste teilweise noch die Tabellen selbst schreiben.“ Von zu Hause ging es immer bei Wind und Wetter mit dem Auto in die knapp sieben Kilometer entfernt gelegene Redaktion, um die eigenen Manuskripte einzureichen. Noch bis ins Jahr 2000 blieb Stöckmann seiner Schreibmaschine treu. „Da hatte ich dann ein unangenehmes Erlebnis im Bremer EM-Pressezentrum. Als ich darauf herumtippte, schaute mich so mancher ungläubig an“, erzählt der 82-Jährige, der fortan auf den Computer umstieg.

Als Statistiker hatte sich Stöckmann zu dieser Zeit schon lange einen Namen gemacht. Er habe immer einen Hals gehabt, wenn er DOSB-Statistiken zu den Aktiven-Zahlen im Tischtennis las. Einmal habe ein Verein in Bergisch-Gladbach 2.400 Tischtennisspieler angegeben – um sich den Pro-Kopf-Meldebeitrag in anderen Sportarten zu sparen, den es im WTTV im Tischtennis nun einmal nicht gab bzw. gibt. „Es muss doch möglich sein, mit einer Mannschaftsstatistik an zuverlässigere Zahlen zu kommen“, dachte sich der Essener, machte sich an die Arbeit, 1970 im WTTV eigene Statistiken zu erstellen und schrieb die Kreise an, ihm diese Zahlen mitzuteilen. Daraus entstand ab 1988 die bundesweite Statistik, die viele Jahre im Magazin Deutscher Tischtennis-Sport veröffentlicht wurde und seit 2010 als „Stöckmann-Statistik“ vom DTTB weitergeführt wird.

Ein gefragter Chronist und Statistiker
Wenn es heute nun von Bedeutung ist, längst verschollene Ergebnisse ausfindig zu machen, ist Stöckmann ein gefragter Ansprechpartner. Erst vor kurzem kramte er in seiner Magazin-Sammlung, als es darum ging, einen Blick in die Geschichte des deutschen Damen-Pokals zu werfen. Kein Wunder, dass auch er die Jahreschroniken für das bis vor kurzem erschienene DTTB-Jahrbuch erstellt. Er selbst sagt deshalb: „In gewisser Weise habe ich mich vom Kritiker zum Chronisten und Statistiker gewandelt.“ 

Über die immer schwieriger zu findenden Ehrenämtler sagt Stöckmann zum Abschluss, als jemand, der es wissen muss und über Jahrzehnte engagiert war: „Dass es an Leuten, die sich ehrenamtlich engagieren, mangelt, ist ein großes Problem. Die Umverteilung der Aufgaben auf mehrere Leute ist meiner Meinung nach der richtige Schritt. Wenn ich an die Position des Kassenwarts denke – damals gab es da nicht viel zu verwalten. Heute ist der Aufwand für eine einzelne Person doch schon enorm.“

Zum Artikel über Gerd Welker und Dieter Jenn!

(DK)

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