Buntes

Nationalspieler und Traumschläge bei Vierertisch-WM

Steffen Mengel (Mitte) hat zum dritten Mal in Folge die Vierertisch-WM gewonnen (©privat)

31.07.2014 - Was als willkommene Abwechslung im Training anfing, mausert sich langsam, aber sicher zur festen Größe im Turnierkalender. Die inoffizielle Vierertisch-WM, bei der an vier zusammengestellten Tischen eine Mischung aus Tennis und Tischtennis gespielt wird, wurde am Wochenende bereits zum elften Mal ausgetragen. Mit dabei waren auch Titelverteidiger Steffen Mengel und Ruwen Filus, die zeigen konnten, was sie in dieser Disziplin drauf haben.

Andreas Greb ist am frühen Mittwochnachmittag schwer zu erreichen. Das vergangene Wochenende macht ihm noch immer etwas zu schaffen, so dass ein kleines Mittagsschläfchen nicht schaden kann. Als uns der achtfache 'Weltmeister' und Mit-Organisator der Vierertisch-WM dann vom Pensum erzählt, das er mit seinen Mitstreitern während der dreitägigen Veranstaltung in Mülheim-Kärlich bewältigt hat, kann eine gewisse Müdigkeit nun wirklich nicht verwundern: Am Freitag standen die Vierertischfreunde bis 2 Uhr morgens in der Halle, bevor sie um 8 Uhr zurückkehrten. Am Samstag wurde die Konkurrenz der B-Klasse schließlich um 5 Uhr morgens abgebrochen, um vor dem Start in der Königsklasse wenigstens noch eindreiviertel Stunden an der Matratze horchen zu können. Das Erstaunliche: Trotz des Schlafdefizits preschte der 32-jährige Oberliga-Akteur bis ins Halbfinale vor, wo er nur knapp an Nationalspieler Steffen Mengel scheiterte. Wie das sein kann? Vierertisch ist eben eine andere Sportart als Tischtennis.

 

Am Vierertisch gelingen auch die Traumschläge

 

"Es ist sicherlich von Vorteil, ein guter Tischtennisspieler zu sein. Aber beim Vierertisch ist das nicht alles", erläutert Greb, der in der Juli-Ausgabe der kürzlich eingeführten 'Weltrangliste' auf Platz zwei rangiert. "Beim Vierertisch kannst du einfach so spielen, wie du es im Tischtennis gerne würdest. Während Traumschläge am kleinen Tisch nur dann gelingen, wenn man perfekt steht und den Ball sehr sauber trifft, verzeiht der Vierertisch mehr Fehler. Dadurch ist es einfacher, spektakulär zu spielen." Aber nicht nur in den Anforderungen unterscheidet sich der Sport an den vier zusammengestellten Tischen vom herkömmlichen Tischtennis. Auch das Regelwerk ist anders. So darf der Ball wegen der größeren Fläche zweimal aufticken und ein Auflehnen auf dem Tisch wird nicht geahndet. Der Aufschlag und die Zählweise funktionieren so ähnlich wie beim Tennis (myTischtennis.de stellte die Sportart vor einem Jahr ausführlich vor). 

 

Diese konditionell anspruchsvolle Mischung aus den zwei populären Rückschlagsportarten begeistert Jahr für Jahr mehr Sportler. Nachdem die WM zwischen 2006 und 2012 stets im beschaulichen Westerwälder Gebhardshain stattfand, vergrößerte man sich in den vergangenen zwei Jahren und empfing in Mülheim-Kärlich nun über 250 Teilnehmer, was hart an der Kapazitätsgrenze kratzte. In das Starterfeld der Vierertisch-WM mischten sich auch dieses Mal ein paar Gäste aus dem Ausland - zum Beispiel aus Luxemburg, Frankreich und den USA. "Das Ganze steckt noch in den Kinderschuhen, aber ich bin mir sehr sicher, dass in Zukunft noch mehr Ausländer kommen werden", glaubt Greb. "Wir erhalten Anfragen für Kooperationen aus Mexiko, Barcelona, Österreich und Amerika. Der Sport verbreitet sich immer weiter und ich glaube, dass er in Deutschland schon gut rumgekommen ist."

 

Zwei Nationalspieler im Starterfeld

 

Selbst bis in die deutsche Nationalmannschaft ist Vierertisch vorgedrungen. Nicht nur, dass bei den Lehrgängen von Deutschlands Besten ab und zu die Tische zusammengeschoben werden sollen - zwei Topspieler waren diesmal auch bei der WM dabei. Der frisch gebackene Bergneustädter Steffen Mengel ist dabei schon ein 'alter Vierertisch-Hase'. In den vergangenen beiden Jahren gab es am hochgewachsenen Nationalspieler, der seit Längerem mit den WM-Organisatoren des TuS Weitefeld-Langenbach befreundet ist, kein Vorbeikommen. Am Freitag bekam Andreas Greb aber noch einen weiteren überraschenden Telefonanruf. Abwehrass Ruwen Filus klingelte durch, ob am Sonntag noch ein Startplatz frei wäre. Mit zwei TTBL-Spielern wurde dem sowieso schon gut besetzten Feld so noch das Sahnehäubchen aufgesetzt.

 

Auch wenn Vierertisch ein anderer Sport als Tischtennis ist, gaben sich die beiden TT-Topathleten keine Blöße. Bis zum Halbfinale marschierten Mengel und Filus mit glatten 2:0-Siegen durch das Turnier. Dann wäre der Deutsche Meister von 2013 fast gestrauchelt. "Gegen meinen Kumpel Andi Greb stand ich schon kurz vor dem Aus", postete Mengel später auch auf seiner Facebookseite, während sich sein Kontrahent schon ein wenig grämte, die Chance nicht genutzt zu haben: "Ich habe richtig gut gespielt, die Partie hätte ich eigentlich gewinnen müssen." Am Ende packte der Nationalspieler dann aber doch noch ein paar Kniffe aus und rettete sich ins Finale. Hier entwickelte sich ein spannender Kampf zwischen den beiden TTBL-Spielern, den Filus im entscheidenden Satz allerdings wegen Schulterschmerzen beendete. Steffen Mengel nahm somit zum dritten Mal in Folge den Wanderpokal und das Preisgeld von 444 Euro entgegen.

 

"Wir brauchen die Stars nicht für eine gute Veranstaltung"

 

Natürlich freuten sich auch die Organisatoren über den prominenten Besuch. Unbedingt nötig sind die Topspieler für Greb aber nicht. "Es ist toll, wenn sie aus Überzeugung zu uns kommen. Antrittsgelder bezahlen wir aber nicht. Wir vertreten die Einstellung, dass wir die Stars nicht für eine gute Veranstaltung brauchen. Irgendwann werden sich die Stars aus der Sportart selbst entwickeln und sich darüber einen Namen machen", glaubt der Sportlehrer. Zu den eigenen Regeln und der eigenen Weltrangliste sollen sich zu diesem Zweck auch immer mehr eigene Turniere gesellen, die wie im Tennis verschiedene Wertigkeiten aufweisen. "Für den WM-Sieg erhält man 4444 Weltranglistenpunkte, beim 'Pro Tour-Turnier' in Braunschweig Mitte Juni konnte man zum Beispiel aber nur 1000 Punkte gewinnen", erläutert Greb das angestrebte System. 

 

Für den Vierertisch-Fachmann war die diesjährige WM-Ausgabe die beste Weltmeisterschaft aller Zeiten. Ein erstaunlich gutes Spielniveau, einige Zuschauer, die nur wegen der Freude an diesem Sport in die Halle kamen, und ein großes Medieninteresse - Greb beobachtet mit Begeisterung, wie das Projekt eine Eigendynamik entwickelt. "Wir sind selbst alle gespannt, wo es hingehen wird", verrät der Oberligaspieler, der sich nach der Sommerpause erstmal wieder nur dem Tischtennis widmen wird. "Vielleicht schaffen wir es, in zwei Jahren ein stark komprimiertes Turnier mit einem Riesen-Qualiwettbewerb und ein paar richtigen Granaten auf die Beine zu stellen." Über einen Dimitrij Ovtcharov oder Timo Boll, die sich aus Interesse am Sport im Starterfeld einreihen, würde sich Greb natürlich besonders freuen.

Einen Eindruck von der Sportart Vierertisch können Sie in diesem unterhaltsamen Video gewinnen.

Mehr Infos auf der Vierertisch-Homepage!


Einen aktuellen Bericht der Rhein-Zeitung über das Event sehen Sie unten im Video!


 

(JS)

 

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