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Janinas Blog: Wirbel um Traumduo berechtigt?

Legendär, aber ohne Medaille: Timo Boll und Ma Long, auch bekannt als 'legendary pair' (©Niemann)

29.04.2015 - Wenn man im Vorfeld der WM etwas über die Welttitelkämpfe lesen oder sehen konnte, ging es meistens nicht um Deutschlands Nummer eins, Dimitrij Ovtcharov, und seine Chancen, eine WM-Medaille zu ergattern, sondern um das sogenannte ‚legendairy pair‘. Nach dem gestrigen Ausscheiden des Duos Ma Long/Timo Boll zieht myTischtennis.de-Redakteurin Janina Schäbitz ihr Fazit zu diesem Experiment.

Ich bin Ihnen noch eine Antwort schuldig. Nämlich ob das Schlagerspiel zwischen Ma Long/Timo Boll und Zhang Jike/Xu Xin das Expo International Centre zum Kochen gebracht hat. Ich würde Ihnen gerne etwas anders erzählen (weil ich es nämlich auch gerne einmal erleben würde), aber leider war das nicht der Fall. Das „ausverkaufte Stadion“ konnte man der Halle auch diesmal nicht anmerken und in Sachen Stimmung war noch Luft nach oben. War der ganze Wirbel um dieses Duo berechtigt? Welches Fazit kann man bezüglich des ‚legendary pairs‘ ziehen? 

Fassen wir noch einmal zusammen: Timo Boll hat sich um dieses Doppel bemüht, um seinen Traum vom WM-Gold endlich zu erfüllen. Dafür hat er bei Bundestrainer Jörg Roßkopf darum gebeten, von dessen Plan abzuweichen, der vielversprechenden Olympia-Paarung Boll/Patrick Franziska mehr Wettkampfpraxis zu verschaffen, die in Sachen Vorbereitung auf Rio nicht unwichtig gewesen wäre. Dank einer denkbar schlechten Auslosung war den beiden allerdings nur eine Partie vergönnt, bevor es zum Duell der nominell besten Duos kam. Und das verloren sie bekanntermaßen mit 2:4. Damit war der Traum des Traum-Duos nach nur zwei Spielen ausgeträumt und der erhoffte Turniersieg futsch. Sportlich kann man also sagen, wurden die Erwartungen nicht erfüllt, auch wenn wir in diesem Spiel herausragende Ballwechsel gesehen haben. Am Ende bleibt Timo Boll noch nicht einmal eine Medaille - und nach der Auslosung fragt nach ein paar Jahren keiner mehr.

Warum hat Ma Long bei diesem Experiment mitgemacht? Seien wir mal ehrlich: Auch wenn Timo Boll ein herausragender Doppelspieler ist, der in China hohes Ansehen genießt, hätte Ma mit einem chinesischen Kollegen, mit dem er auch noch regelmäßig hätte trainieren können, bessere Chancen gehabt. Was genau sich die Chinesen dabei gedacht haben, wissen sie selbst am besten. Aber ich denke, es wird sich irgendwo zwischen Marketingkampagne für die WM und Liu Guoliangs Wunsch, Tischtennis attraktiver zu machen, bewegen. Ist dieses Ziel wenigstens erreicht worden? Wie eingangs erwähnt, machten die Zuschauer vor Ort weder quantitativ noch emotional den Eindruck, als ob sie dieses Match mehr interessiert als irgendein anderes mit chinesischer Beteiligung. Vor den CTTV-Fernsehbildschirmen saßen dagegen laut der ITTF 42 Millionen Zuschauer - bei 1,361 Milliarden Chinesen natürlich. 

Klingt für mich alles irgendwie weniger überzeugend. War das Ganze also umsonst? Kommt drauf an, von welcher Perspektive man es betrachtet. Für die chinesisch-deutsche Beziehung war dieses Experiment ganz bestimmt förderlich. Und auch dem sonst doch etwas stiefmütterlich behandelten Doppelwettbewerb hat dieses Duo gut getan. In Paris vor zwei Jahren durften sich die topgesetzten Chinesen allesamt aufs Einzel konzentrieren, während Altmeister Wang Liqin mit Zhou Yu und Chen Qi mit Fang Bo im Doppel antraten. Diesmal können wir die besten Spieler der Welt auch in dieser Disziplin bewundern, was für den Wettbewerb, aber auch für die ganze WM einen Mehrwert darstellt. Also insgesamt war vielleicht doch nicht alles für die Katz’. Ich selbst gehöre zu denjenigen, die in solch einem Länderkampf wie der WM lieber ein zweites deutsches Doppel gesehen hätte. Trotzdem hat mich dieses Spiel gestern Abend gepackt. Weil dort toller Sport zu sehen war, aber auch weil man das Gefühl hatte, dass in dieser Box gerade etwas Besonderes passiert. Trotzdem bezweifele ich, dass wir beim ‚Rückspiel‘ in Düsseldorf 2017 eine Neuauflage des Traumdoppels sehen. Oder was glauben Sie?

(JS)

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