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Dietmars Blog: 'Dima', hilf! TTBL braucht neue Impulse

Darf die Liga auf ein Comeback von Dimitrij Ovtcharov in der TTBL hoffen? (©Roscher)

19.08.2014 - In den Bundesligen beginnt am vorletzten August-Wochenende die neue Saison. Borussia Düsseldorf und der ttc eastside berlin sind dabei nicht nur aufgrund ihrer Titeltriumphe in der vergangenen Spielzeit die Gejagten. Nach wochenlangen Spekulationen liegt von nun an die Wahrheit wieder in der Box - doch eben nicht nur dort. Dietmar Kramer nähert sich dem Geschehen besonders in der TTBL einmal aus anderen Blickwinkeln.

Endlich geht es wieder los: Nach mehr als zwei Monaten beginnen in den Bundesligen wieder die Rennen um die Titel und die Kämpfe um Klassenerhalt. Lang genug mussten sich die Fans mit Schlagzeilen über die deutschen Fußball-Weltmeister oder das Sommertheater der nationalen Fußball-Branchenführer Bayern München begnügen, statt über die Heimatorte ihrer Lieblingsvereine hinweg auch einmal etwas über das Geschehen in der höchsten deutschen Tischtennis-Spielklasse erfahren zu können. Hätten nicht der Olympia-Dritte Dimitrij Ovtcharov und Rekordeuropameister Timo Boll in Chinas Super League aufgeschlagen, wäre vermutlich von Tischtennis gar nichts mehr zu hören gewesen. Jetzt aber fliegt in der Eliteklasse der (neue Plastik-)Ball wieder, und obwohl in drei Vierteln aller Bundesländer noch Ferien sind, herrscht beim Anhang entsprechende Vorfreude. Doch kann diese Vorfreude auch ungetrübt sein? Ist ein spannendes Titelrennen zu erwarten? Wessen Auftritte wecken Neugier oder versprechen gar Spektakel? Kann die Liga als Ganzes im Kampf um die Rolle als Nummer eins in Europa Boden gut machen? Ketzerisch betrachtet sind all diese Fragen bestenfalls unter Vorbehalt zu bejahen.

 

Altes Titelduell mit neuem Personal

 

Schon das Meisterschaftsrennen bietet voraussichtlich nur wenig belebende Elemente: Der mutmaßliche Neuaufguss der Vorsaison mit dem Zweikampf zwischen Double-Gewinner Borussia Düsseldorf und dem zweifachen Finalisten TTC Rhönsprudel Fulda-Maberzell zieht seine Spannung alleine aus den Wanderbewegungen zwischen den Klubs in der Sommerpause. Gelingt Düsseldorf die erhoffte Neuausrichtung mit Fuldas bisherigem Jungstar Patrick Franziska oder schlagen die Hessen den Rheinländern mit den Ex-Düsseldorfern Patrick Baum und Christian Süß ein Schnippchen? Im Bewusstsein eigener Stärke spielen die Borussen um ihren Star Timo Boll die Favoritenrolle jedenfalls nicht herunter, zumal der Rekordchampion durch die Verpflichtung von Europas Top-Abwehrer Panagiotis Gionis mindestens an Variabilität weiter gewonnen haben dürfte.

 

Nur zwei Neuzugänge aus den Top 50 sind zu wenig

 

Der griechische Defensiv-Spezialist müsste aufgrund seiner attraktiven Spielweise auch zu einer Zugnummer für das gesamte Oberhaus avancieren. Viele weitere neue Attraktionen allerdings hat die Eliteklasse kaum zu bieten. Zwar gehören insgesamt 14 Spieler und damit immer noch knapp mehr als ein Drittel aller gemeldeten Akteure der zehn Klubs zu den 50 Besten der Welt, doch ist der kaum über Insider-Kreise hinaus bekannte Brasilianer Gustavo Tsuboi bei Neuling TTC Schwalbe Bergneustadt schon das zweite und letzte neue Gesicht aus den Top 50 der Weltrangliste. 

 

Die letztlich enttäuschende Quote an namhaften Neuzugängen mag zwar einerseits für die solide Finanzplanung bei den Erstligisten sprechen, sollte in der Liga insgesamt – auch eingedenk der Abschiede des amtierenden Doppel-Weltmeisters Chuang Chih-Yuan und Olympiasieger Ryu Seung-Min – nicht unreflektiert bleiben: Zweifelsohne hatte das deutsche Oberhaus in der Vergangenheit schon einmal größere Anziehungskraft auf die Stars der Szene. Sicherlich sind Tischtennis-Kreise beispielsweise gespannt darauf, ob ein Bastian Steger als neue Nummer eins von Ex-Meister Werder Bremen die Hanseaten wieder in die Play-offs führen kann oder ob Bergneustadt mit Nachwuchshoffnung Benedikt Duda hinter Mannschafts-Vizeweltmeister Steffen Mengel mehr als nur eine Fahrstuhl-Mannschaft sein kann. Doch was bietet die Liga dem umkämpften Laien, dem Fan in spe? Enthaltsamkeit bei der Verpflichtung neuer, unverbrauchter Top-Protagonisten jedenfalls kann sich Tischtennis im heutigen Konkurrenzkampf der Sportarten nicht leisten.

 

Champions-League-Verzichte sind Fehler

 

Ohne Frage dürften einige Klubs im vergangenen Frühjahr auch noch bei anderen Spielern aus der erweiterten Weltklasse angeklopft haben. Doch mittlerweile bieten Vereine im europäischen Ausland, allen voran Frankreich mit seinem stolzen Champions-League-Sieger AS Pontoise Cergy, mindestens vergleichbar professionelle Bedingungen bei insgesamt geringerer Belastung. Auch dürfte sich außerdem so manch ambitioniertes Ass gefragt haben, ob ein Engagement in der Bundesliga noch Sinn macht in Zeiten, in denen Klubs immer noch auf einen 50 Jahre alten Trainer als Nummer vier setzen – und besonders die deutsche Top-Klasse nicht einmal mehr ihr Teilnehmer-Kontingent für die Champions League von vier Klubs auch voll ausschöpfen mag.

 

Die Absagen von Fulda und des TTC matec Frickenhausen an die europäische Königsklasse sind nicht nur ein Indiz für den hierzulande immer noch geringen Stellenwert der kontinentalen Beletage, sondern leider auch ein Zeichen für eine durchaus als unprofessionell einzustufende Haltung: Zwar ist im Fußball anders als im Tischtennis auf internationaler Bühne auch erheblich Geld zu verdienen, doch wissen die Klubs nur allzu gut um den keinesfalls zu unterschätzenden Image-Wert einer Europacup-Teilnahme für sich selbst und auch die Liga als Ganzes – damit die deutsche Eliteklasse immer interessanter wird und in ihrer Gesamtheit auch besser zu vermarkten ist. 

 

Hoffnung auf Ovtcharov-Comeback in Deutschland

 

Auf anderer Ebene schließt sich dadurch der Kreis zum allseits prognostizierten Titel-Duell: So sehr Fulda Düsseldorf in Meisterschaft und Pokal schon das Wasser reichen möchte, so sehr fehlt dem TTC noch das Format der Borussia. Denn bei aller Konkurrenz hat Düsseldorf nun schon seit Jahrzehnten bei seinen meisten Entscheidungen immer auch eine positive Entwicklung der Bundesliga im Blick gehabt.

 

Es dürfte deswegen dereinst auch nur der Branchenführer als Adresse für den momentan sicherlich begehrtesten Europäer auf dem Markt in Betracht kommen: Dimitrij Ovtcharov. Nur wenig mehr dokumentiert die Probleme des Oberhauses besser als die Abstinenz des besten Nicht-Chinesen der Welt in seiner Heimat-Liga. Spätestens wenn Düsseldorfs Top-Mann Boll in nicht mehr allzu ferner Zukunft auf einige seiner Privilegien bei den Borussen wird verzichten müssen, dürfte „Dimas“ Comeback am Rhein ein Thema sein – und ohne Frage wäre vorerst alleine die Rückkehr des Europameisters nach Deutschland der Impuls, den die Liga für einen wichtigen Schritt in der öffentlichen Wahrnehmung gut brauchen kann.

 

(Dietmar Kramer)

 

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